Nach den Berichten zur fortwährenden Umweltverschmutzung auf dem Bug gibt es dahingehend neue Entwicklungen. Wie KATAPULT MV aus dem Kreis der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen erfuhr, wird es mit den Bundestagsabgeordneten Anna Kassautzki (SPD) und Claudia Müller (GRÜNE) sowie dem Staatssekretär für Vorpommern, Heiko Miraß, (SPD) einen neuen Vor-Ort-Termin geben. Gemeinsam mit zuständigen Vertreter:innen von Land und Bund ist eine Begehung im Januar geplant.
Außerdem wird sich noch in diesem Monat eine Ämterkonferenz des Themas annehmen. Daran werden neben dem Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten auch die Nationalparkverwaltung sowie Vertreter:innen vom Landkreis Vorpommern-Rügen und der Gemeinde Dranske teilnehmen. Im Mittelpunkt sollen verschiedene Möglichkeiten der Dekontamination und deren Machbarkeit stehen. Der bisher einzige Vorschlag der Bundesanstalt, eine Abdeckung vorzunehmen und eine Spundwand in den Bodden zu bauen, um damit dem Einsickern in den Bodden Einhalt zu gebieten, erteilten Nationalpark und das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern (Stalu) eine Absage. So werde die Ursache des Problems nicht beseitigt, hieß es als Begründung.
Doch die Beseitigung des Teers vor Ort birgt ebenfalls Schwierigkeiten. So müssen etwa Schadstoffe aus Teer bei mindestens 900 Grad Celsius verbrannt werden, um die durch Verbrennung entstehenden hoch toxischen Dioxine und Furane wirksam zu eliminieren. Da die Menge der Schadstoffe und des kontaminierten Erdreichs hochgerechnet circa 25.000 Tonnen umfasst, wäre der Transport mit Schadstoff-Sonderfahrzeugen über die Insel und quer durch MV extrem teuer und unökologisch, findet Sebastian van Schie von der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen. Schließlich müssten um die 1.500 LKW-Ladungen bewegt werden. Ihm scheint die Idee einer temporären, mobilen Schadstoffverbrennungsanlage vor Ort am sinnvollsten. Damit könnte sogar eine zeitweilige Fernwärmeanbindung der Gemeinde Dranske verbunden sein. Ein effektives Filtersystem lasse weder Schadstoffe noch Feinstäube in die Umwelt. Das Schlacken-Endprodukt müsse auf einer Sondermülldeponie entsorgt werden.
Sanierungsplanung bisher gescheitert
Solange auf dem Bug nichts geschieht, wird wohl der Teer weiter Bodden, Boden und Grundwasser verschmutzen. Dabei ist das Teer-Problem im Norden Rügens, wie KATAPULT MV berichtete, bereits seit Jahrzehnten bekannt. Eine Stellungnahme des Stalu, die eine Woche nach Veröffentlichung eintraf, gibt nun Aufschluss darüber, was dort im Laufe der Jahre diesbezüglich unternommen wurde.
So sei das Stalu seit 1996 „in die Planungen zur Sanierung und Sicherung des Standortes involviert“ und habe „bis ins Jahr 2000 die Erkundung des Umweltschadens und eine erste Sanierungsplanung vorangetrieben“. 2000 habe jedoch die Wehrgeologische Stelle des Bundes in Glücksburg (Schleswig-Holstein) interveniert. Es habe geheißen, dass „keine unmittelbare Gefahr erkennbar und somit eine finanzielle Beteiligung des Bundes fraglich bzw. nicht mehr möglich“ sei. Daraufhin habe die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten keine weiteren beobachtbaren Schritte mehr unternommen, obwohl das die damals noch Staun Stralsund benannte Behörde zwischen 2000 und 2009 regelmäßig nachgefragt habe. Auch die Zuständigkeit für die Schäden auf dem Bug und im Bodden habe keine Stelle übernehmen wollen. Diese sei des Öfteren von einer Bundesbehörde zur nächsten „weitergereicht“ worden, so das Stalu.
Erst 2015/16 wurde durch das Stalu Vorpommern und die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten – unter Einbeziehung des Landkreises Vorpommern-Rügen – eine erneute Gefahrenbeurteilung in Angriff genommen. Auch ein Sanierungsplan sei aufgestellt worden, woran auch das Nationalparkamt Vorpommersche Boddenlandschaft beteiligt war, schreibt das Stalu. Im Juni 2022 sei der im Auftrag der Bundesanstalt erstellte Sanierungsplan den Ämtern in MV zur Stellungnahme übergeben worden. „Seitens der unteren Wasserbehörde des Landkreises Vorpommern-Rügen und dem Nationalparkamt Vorpommern sind die abgegebenen schriftlichen Stellungnahmen negativ.“ Den geplanten Sicherungsvorhaben – Abdeckung und küstenseitiger Verbau – sei nur unter Auflagen oder gar nicht zugestimmt worden.