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Interview

„Das Sterben von Clubs und Festivals aufhalten“

Von und

Lesedauer: ca. 5 Minuten

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KATAPULT MV: 14 Jahre Meeresrausch in Peenemünde. Wie fing das eigentlich an?

Maik Eichler: Das Meeresrausch ist eigentlich eine Beach Party, die damals in Ückeritz entstanden ist. Dort haben wir es zwei Jahre gemacht. Eigentlich eine Party für Kumpels. Mit Kumpels. Und das hat so viel Spaß gemacht, da haben wir gesagt, das müssen wir noch mal wiederholen. Aber dort haben wir festgestellt, dass wir zu laut werden. Und deswegen habe ich mich umgeguckt und bin nach Peenemünde gefahren, habe mich mit dem Bürgermeister unterhalten. Der hat mich mit dem Grundstückseigentümer zusammengebracht und wir waren uns relativ schnell einig.

Und nun doch zum letzten Mal. Leider. Das ist traurig, aber andererseits fällt uns auch eine Last von der Schulter. Denn wir sind nicht hauptberuflich Festivalveranstalter, sondern machen das nebenbei. Zum Beispiel bei einem Meeting abends um 21.30 Uhr, wenn die Kinder schlafen.

Viele Leute, die bei euch ehrenamtlich mitmachen, sind schon seit Jahren dabei. Wie haben sich das Team und die Arbeit über die Jahre entwickelt?

Das Ehrenamt ist extrem gewachsen und alle Beteiligten machen das total gerne. Sie nehmen teilweise ihren kompletten Jahresurlaub, bezahlen Eintritt, Camping, Gebühren, bezahlen ihr Essen. Das ist wirklich fantastisch. Aber übers Jahr gesehen, in den Wintermonaten, ist es schwer, dieses Ehrenamt aufrechtzuerhalten. Für einige ist es sehr weit weg und dann weiß man immer nicht genau: Findet das Festival überhaupt statt oder nicht? Weil wir jedes Jahr immer die Genehmigungen neu beantragen müssen. Dieses Hin und Her zermürbt ganz schön und das hat auch in der Crew ein bisschen zu Erschöpfung geführt. Auch die Arbeit wird immer mehr, weil wir unsere Ansprüche von Jahr zu Jahr immer weiter anheben. Das ist so viel Arbeit, dass man wirklich an die Grenzen gekommen ist.

Außerdem müssen wir jetzt wirtschaftlich denken und das ist irgendwie gar nicht das, was wir wollen. Wir wollen eine gute Party machen. Aber wirtschaftliche Aspekte nehmen zu und es ist anstrengend. Der Ticketpreis ist angestiegen bis auf 180 Euro und wir haben schon vor zwei Jahren gesagt: „So können wir das nicht machen, das ist zu viel.“ Aber die laufenden Kosten steigen trotzdem. Jedes Jahr 10 bis 20 Prozent.

Wie sieht’s mit den Besucherzahlen aus?

Da kommen wir zum nächsten Problem. Denn wenn ich bei 200 Euro ankomme – wer kann sich das noch leisten, zu einem Festival wie hier in Peenemünde zu fahren? Für Anreise, Essen, Trinken und Spaßhaben braucht man ja auch noch Geld. Dann sind 600 Euro weg und das ist zu viel für den Nachwuchs. Damit hat die ganze Branche stark zu kämpfen.

Und nach Corona, als wir wieder veranstalten konnten, hat man außerdem gemerkt, dass sich das Verhalten der Leute verändert hat. Vor Corona hatte sich das schon ein bisschen angekündigt. Aber es war halt noch so ein „Running System“. Mit der Pandemie sind die Besucherzahlen stark eingebrochen. Und auch wenn man denkt, Corona ist schon zwei Jahre her – jetzt spüren wir, dass wir keinen Nachwuchs bespielen durften. Die das sehen, erleben, um zu sagen, „Wow, das brauche ich auch“. Das gleiche Problem haben die Clubs. Auch ihnen fehlt der Nachwuchs. Die Leute haben sich neu orientiert mit ihren Akkuboxen und mit ihren Freunden, was auch schön ist. Aber sie haben kein Gespür mehr zu der Club- und Festivalszene.

Zusammen mit anderen Festivals war das Meeresrausch im Festivalbündnis MV. Über diese Plattform habt ihr euch regelmäßig ausgetauscht. Wie geht’s den anderen?

Die Initiatoren haben es geschafft, dass sich alle Festivals an einen Tisch setzen und über ihre Probleme reden können. Man tauscht sich viel besser aus, kann sich Materialien zuschieben oder Tickets tauschen. Denn es sind ja alle Festivalgänger, die das gerne machen.

Und mit dem Austausch sieht man ein weiteres Problem: dass Kultur Geld kostet. Es geht nicht, dass wir auf Fördermittel angewiesen sind, um bestehen zu können. Aber es geht eben auch nicht, dass die Preise unendlich steigen. Also haben wir eine große Herausforderung vor uns, die wir unbedingt beleuchten müssen und die nächsten Jahre analysieren, um das Club- und Festivalsterben aufzuhalten.

Was bedeutet es für das Land, wenn solche Festivals wie ihr und alle, die zuvor aufgeben mussten, jetzt quasi wegsterben?

Es wird ein Loch entstehen. Für die Region auf jeden Fall. Hier in Peenemünde haben wir angefangen mit 180 Einwohnern. Die Gemeinde wird anwachsen auf 800 Einwohner und deswegen wird so ein Konzept, wie wir es fahren – mit Programm und Musik in der Nacht – nicht mehr möglich sein.

Ich kann noch gar nicht abschätzen, was das genau für Folgen hat, wie sich die Region dadurch verändert. Und viele andere um uns herum auch nicht. Das werden wir erst noch merken. Aber ich denke, dieses Loch, das jetzt entsteht, wird gefüllt werden – hoffentlich mit Nachwuchs. Also ich glaube schon, dass es irgendwann auch wieder andere Festivals geben wird. Die werden aber wieder von vorne anfangen müssen, diese Erfahrungen zu sammeln, die wir gesammelt haben. Wann kann ich laut sein? Wie muss ich das steuern?

Wie geht es jetzt weiter?

Wir können uns vorstellen, vielleicht etwas Kleineres zu machen, aber wir sind noch nicht so weit.

Für alle anderen, die es noch gibt: Unbedingt durchhalten! Das ist ganz wichtig.

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Autor:innen

Redaktionsleitung bei KATAPULT MV.

Ist in Greifswald geboren, hat in Augsburg studiert und zog für den Lokaljournalismus wieder zurück nach Meck-Vorp.

Geboren in Vorpommern, aufgewachsen in Mecklenburg. Einziger KATAPULT-Redakteur mit Traktorführerschein UND Fischereierlaubnis. Layouter und Chefredakteur.

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