Zum Inhalt springen

Datenschutz

Ermittlungen gegen AfD-Abgeordnete Petra Federau

Von

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Artikel teilen

Petra Federau ist seit September Landtagsabgeordnete in Schwerin. In einem Ladengeschäft in der Friedrichstraße, unweit von Dom und Marktplatz, befindet sich das Wahlkreisbüro der AfD-Politikerin. Was Passant:innen nicht ahnen: Wer einen Blick durch das Schaufenster wirft, wird mit versteckter Kamera gefilmt.

„Anlasslose Videoüberwachung unzulässig“

Ob das Abfilmen aller Passant:innen, die am Büro vorbeilaufen, rechtmäßig ist, steht infrage. So betont etwa die Sprecherin des Landesdatenschutzbeauftragten, Antje Kaiser, gegenüber KATAPULT MV, dass die „anlasslose Videoüberwachung von öffentlichem Raum durch Private [...] grundsätzlich unzulässig“ sei. Zulässig wäre sie ausnahmsweise dann, wenn es zuvor dokumentierte Straftaten wie Sachbeschädigung, Schmierereien oder Graffiti gegeben habe. Aber auch dann dürfe nicht einfach großflächig der öffentliche Raum gefilmt werden, sondern nur ein schmaler Streifen. Erlaubt sei dann das Filmen eines einen Meter breiten Streifens, gemessen von der Hauswand.

Hinweis auf die Kamera fehlt

Werden Aufnahmen gemacht, müssen diese also zur Verhinderung oder Aufklärung künftiger Straftaten dienen. Sie dürften maximal für 72 Stunden gespeichert werden. Eine längere Aufbewahrung sei nur zulässig, wenn sich tatsächlich Straftaten ereignen würden. „Diese Aufnahmen können herausgezogen und gesondert gespeichert werden, bis der verfolgte Zweck erfüllt ist“, erläutert Kaiser. Tatsächlich wurde das AfD-Büro seit 2017 wiederholt zum Ziel von Angriffen. „Am häufigsten handelte es sich dabei um Sachbeschädigungen“, teilte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Rostock auf Nachfrage mit. Auf eine Videoüberwachung müsse allerdings trotzdem hingewiesen werden. Einen Hinweis auf die Anlage suchte man am Freitagnachmittag in Federaus Schaufenster jedoch vergebens.

Problematische Verwendung der Überwachungsaufnahmen

Offenbar möchte die Landtagsabgeordnete mit der verdeckten Videoüberwachung jedoch nicht bloß ihr Büro vor Vandalismus schützen. Ende Februar illustrierte die AfD-Landtagsfraktion eine Pressemitteilung Federaus mit einer Aufnahme aus ebendieser Kamera. Das Foto zeigt einen Nachwuchspolitiker der Linken. Dieser hatte zu fortgeschrittener Stunde mit vorgehaltenem Stinkefinger vor dem Schaufenster posiert. Das Büro war zu dem Zeitpunkt nicht besetzt. Durch die Veröffentlichung des Bildes in der Pressemitteilung wurde die Existenz der Videoanlage erst öffentlich bekannt.

Datenschützerin Antje Kaiser hält die Verwendung der Aufnahmen zum Zwecke des politischen Meinungskampfes für problematisch. Jedoch sei es zum „jetzigen Zeitpunkt [...] nicht möglich, eine datenschutzrechtliche Bewertung abzugeben“. Es lägen bisher „keine weiteren Informationen zur Videoüberwachung in dem beschriebenen Fall“ vor, so Kaiser.

Ermittlungen eingeleitet

Die Behörde des Landesdatenschutzbeauftragten Heinz Müller ermittelt jetzt von Amts wegen gegen Federau. Seit vergangenen Donnerstag liegt den Datenschützer:innen zusätzlich eine Beschwerde des betroffenen Linken-Politikers vor. „Es werden nun alle erforderlichen Unterlagen angefordert werden, um die Zulässigkeit der Videoüberwachung zu prüfen“, erklärt Kaiser. Welche Sanktionen oder Maßnahmen daraus folgen, sei aber noch nicht abzuschätzen. Petra Federau hat sich gegenüber KATAPULT MV bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.

MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo!

Autor:innen

Neueste Artikel

11.10.2024

Das Problem mit der Bezahlkarte

Die Bezahlkarte für Asylsuchende ist nicht erst seit dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz im November 2023 ein Streitpunkt in Politik und Gesellschaft. Damals beschloss die Landesregierung, einen Sonderweg zu gehen und sich nicht dem bundesweiten Verfahren anzuschließen. Seitdem wurde in Parlamenten und außerhalb davon gestritten. Gerichtsurteile wurden gefällt. Warum die Bezahlkarte diskriminierend ist, erfahrt ihr im Text.

10.10.2024

Stadtvertretung Neubrandenburg verbietet Regenbogenflagge

Ohne Debatte wurde der gestrige Antrag von Tim Großmüller von den Stadtvertreter:innen mit einer Mehrheit von AfD, BSW und Bürgern für Neubrandenburg angenommen. Inhalt des Beschlusses: Am Bahnhof darf ab sofort keine Regenbogenflagge mehr gehisst werden. Einen Tag nach dem Beschluss kündigte Oberbürgermeister Silvio Witt überraschend seinen Rücktritt an.
Die Karte zeigt anhand von Baumsymbolen den Zustand von MVs Wald. Unter 60 Bäumen (in rot) sind nur zehn grün eingefärbt, also gesund.

09.10.2024

Neuer Waldzustandsbericht

Die neue bundesweite Waldinventur mit alarmierenden Ergebnissen.