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Stralsund

Gütliche Einigung zwischen Bürgergarten und Verwaltung möglich?

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Die Zukunft des Bürgergartens am Stralsunder Knieperteich steht weiterhin auf der Kippe. Eine Einigung soll nun ein Termin vor einer Güterichterin bringen, um einen langen und damit kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden.

Was war passiert?

Im vergangenen Mai flatterte Bürgergarten-Gründer Bert Linke die fristlose Kündigung seines Bootsverleihs ins Haus. Eigentlich war ein zukunftsweisendes Gespräch zwischen dem Pächter und der Stadt anberaumt. Die Verwaltung sagte den Termin jedoch ab und versuchte stattdessen, durch die Kündigung Fakten zu schaffen – rechtswidrig, sind sich Linke und sein Anwalt Mirko Brunken sicher. Denn der Pachtvertrag wurde bis 2053 geschlossen.

Der Vorwurf der Stadt im Sommer lautete, der Pächter habe aufgrund der Einstellung des Bootsverleihs seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt. Linke betont, er könne die Boote aufgrund der sinkenden Wassertiefe im Teich sowie der Munitionsbelastung und dadurch latenten Gefahr für Leib und Leben nicht mehr vermieten. Überdies, so die Stadt, habe Linke daraufhin die Pacht eigenmächtig gekürzt. Die ausstehenden Pachtzahlungen hat der Pächter anschließend zwar innerhalb einer gesetzten Frist geleistet, die Stadtverwaltung blieb ihm gegenüber jedoch hart im Ton: „Wer wiederholt unzuverlässig handelt, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen.“

Danach folgte eine Räumungsaufforderung, der Linke nicht nachkam. Aufgrund von „ehrverletzendem Verhalten“ gegenüber CDU-Oberbürgermeister Alexander Badrow dann eine zweite fristlose Kündigung. Der OB habe in seiner Eröffnungsrede auf einer Veranstaltung im Bürgergarten den Pächter provoziert, so Linkes Anwalt. Daraufhin forderte Linke Badrows Rücktritt.

Die Veranstaltung selbst wurde erst nach Bekanntwerden der Zustände am Knieperteich und der Gefahr durch Munition aus dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen. 2022 und 2023 richtete der OB mit dem Stralsunder Lions Club ein Entenrennen auf dem verschlammten Teich aus. Dabei wurden Plastikenten von der Feuerwehr mit einem Druckschlauch in Bewegung gesetzt, was neben den Enten und dem Wasser auch den Schlammboden aufwirbelte. Angesichts der geringen Wassertiefe und bestätigten Munitionsbelastung im Sediment eine riskante Idee.

Kündigungsgrund nur vorgeschoben?

Die öffentlichen und im Netz von Linke vorgebrachten Rücktrittsforderungen gegenüber Badrow sollen einer der Gründe für den Rausschmiss sein – laut Brunken juristisch jedoch nicht haltbar. Auch gegenüber der Stadt machte der Rechtsanwalt dies in seinem Widerspruch deutlich. So seien politische Akteure immer wieder mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Diese könnten „erfahrungsgemäß auch gut damit leben“, ohne sich dadurch „in ihrer Ehre gekränkt“ zu fühlen oder „das allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen“ zu sehen. Es handele sich hierbei lediglich um einen „zusätzlichen vorsorglichen Grund“, um Bert Linke als Pächter loszuwerden.

Widersprüchliche Aussagen in der Bürgerschaft und der Verwaltung zur Wassertiefe des munitionsbelasteten Stadtteiches, an dem Linke seinen Bootsverleih zu betreiben versucht, lassen jedoch einige Fragen offen. Auch eine Anfrage der Transparenzplattform Frag den Staat nach dem Informationsfreiheitsgesetz Anfang Juli konnte kein weiteres Licht in die Sache bringen – weder zur gewerblichen Nutzung, beabsichtigten Verpachtungen und Betrieb des Bürgergartens noch zum Umzug, zur Änderung der betrieblichen Nutzung und der Verpachtung des anliegenden Kindergartens. Die Stadt ließ die Anfrage unbeantwortet und berief sich auf das laufende Gerichtsverfahren.

Derzeit sind durch die offene Sach- und Rechtslage keine Onlinebuchungen von Feiern sowie zur Anmietung von Bootsschuppen und Grillhütten im Bürgergarten möglich. Ob für dieses Jahr Buchungen entgegengenommen werden können, hängt laut Rechtsanwalt Brunken auch vom Ergebnis der Verhandlung vor der Güterichterin am 8. Januar ab. Notfalls müsse eine Entscheidung des Landgerichts abgewartet werden.

Ob eine Einigung in der komplexen Angelegenheit möglich ist, wird der Montag zeigen. Andernfalls würde ein Rechtsstreit um den Betrieb des Bürgergartens unweigerlich den Blick erneut auf die Missstände im Knieperteich lenken – vor der Bürgerschaftswahl im Sommer.

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Autor:innen

Redakteurin bei KATAPULT MV.

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