Krieg in der Ukraine

Hilfsorganisationen in MV bitten um Geduld

Alle wollen helfen. Doch die Hilfsorganisationen in MV brauchen nach ersten Sammelaktionen zunächst einmal eines: Zeit.

„Die Rückmeldungen sind überwältigend und wir kommen kaum mit dem Beantworten der Nachrichten hinterher“, heißt es von der Hilfsorganisation „Rostock hilft“. Viele wollen helfen – Sachen spenden, Unterkünfte anbieten, Menschen von der Grenze abholen. Doch aktuell herrscht bei Hilfsorganisationen, Initiativen und Vereinen daran kaum Bedarf.

Denn bisher weiß niemand, wann und wo in MV wie viele Menschen eintreffen werden. Am Sonntag warteten beispielsweise etwa 50 Personen mit Sachspenden am Rostocker Busbahnhof, um einen Reisebus mit Geflüchteten aus der Ukraine zu empfangen. Doch die Helfenden mussten unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen, der Bus kam nicht an.

Warten auf den Bus: Noch weiß niemand, wann, wo und wie viele Geflüchtete nach MV kommen. (Foto: Patrick Hinz)

Aktuell arbeitet Rostock hilft an einer strukturierten Koordination der freiwilligen Hilfe: Welchen Bedarf gibt es überhaupt und wie können die Sachspenden angenommen, gelagert und verteilt werden? So appelliert Rostock hilft: „Wir raten dazu, etwas Ruhe zu bewahren und uns die Zeit zum Organisieren zu geben.“

Die Lagerkapazitäten für Sachspenden sind vielerorts derzeit am Limit, wie hier im Greifswalder Rathaus. (Foto: Florian Rust)

Der Verein Ukraine-Hilfe Vorpommern weist darauf hin, dass insbesondere medizinische Hilfsmittel gebraucht werden: Medikamente, Verbandsmaterial, Handschuhe, Spritzen, chirurgische Instrumente. „Wir stehen gerade vor allem in einem engen Kontakt mit den Krankenhäusern und dort würden unsere Spenden einfach Leben retten“, teilt eine Sprecherin mit.

Flüchtende an der Grenze abholen

Selbst an die Grenze zu fahren, um vor Ort zu unterstützen, sei nur bedingt hilfreich, so Ulrike Seemann-Katz vom Flüchtlingsrat MV. Die polnischen Organisationen hätten sich bereits ein gutes Netzwerk aufgebaut, sie brauchen aber dringend weitere Hilfsmittel und Hygieneartikel.

Auch werde in Polen derzeit die Abgabe von Diesel rationiert – auf 50 Liter pro Tag. Daher sind Leute, die an die Grenze fahren wollen, dringend angehalten, Treibstoff mitzunehmen. Für Benzin gelte das jedoch nicht.

Hilfe für Geflüchtete aus anderen Ländern

Nach Angaben des Flüchtlingsrats MV bieten derzeit viele Menschen auch Wohnungen oder Räume für Geflüchtete an. Dabei verweist Seemann-Katz aber auch darauf, dass diese erst von den Sozialämtern auf kommunale Richtlinien geprüft werden müssen, bevor sie zur Verfügung gestellt werden können. Für eine bessere Koordination hilft die Plattform elinor.network. Darüber können Interessierte Zimmer, Betten oder Wohnungen anbieten.

Das gelte nicht nur für Geflüchtete aus der Ukraine, sondern auch für die derzeit noch in den Asylbewerberheimen untergebrachten Menschen aus Syrien und Afghanistan. Auch sie suchen Wohnungen, dann gäbe es in den Heimen auch wieder mehr kurzfristige Unterbringungsmöglichkeiten, so Seemann-Katz. Darauf verweist auch die Initiative „Rostock hilft“, die seit 2015 Geflüchtetenarbeit in der Hansestadt organisiert und koordiniert. Es dürfe keine Einteilung von Geflüchteten nach „erster, zweiter oder dritter Klasse“ entstehen.

So sehr wir uns über das derzeitige Engagement freuen, würden wir uns diesen Enthusiasmus gern auch in anderen antirassistischen Fragen und Zusammenhängen wünschen.

Initiative „Rostock hilft“

Was passiert mit den in die Ukraine Geflüchteten?

Derzeit ist noch völlig unklar, was mit den mehreren Hunderttausend Menschen geschieht, die in die Ukraine geflüchtet sind. Diese sogenannten Drittstaatler:innen hätten derzeit noch keine Berechtigung, von dort auszureisen, erklärt Seemann-Katz. Da auch die deutsche Botschaft in Kyjiw geschlossen ist, bestehe derzeit keine Möglichkeit, nötige Auslandsvisa zu beantragen. Menschen aus Bangladesch, Syrien und Afghanistan stecken dort fest. Der Flüchtlingsrat fordert eine schnelle Hilfe auch für sie. Wenn das auf den Weg gebracht sei, brauche es dann aber noch mehr koordinierte Hilfe hier vor Ort in MV.

Doch was – anders als Sachspenden – immer gebraucht wird, sind Geldspenden. Diese können zielgerichtet eingesetzt werden, für Lebensmittel und Kleidung oder Ausgaben für Dolmetscher:innen. Eine Liste verschiedener Organisationen, Initiativen und Vereinen, die Hilfe gebrauchen können, gibt es unter katapult-magazin.de.

Wir werden die Karte mit Anlaufstellen für Sachspenden und weitere Hilfen in MV laufend aktualisieren. Hinweise und Aktionen gerne an redaktion@katapult-mv.de.

Nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks sind aufgrund des Krieges in der Ukraine mittlerweile über 500.000 Menschen auf der Flucht.

Autor:innen

  • Bild von KATAPULT MV Redakeurin Victoria Flägel

    Redakteurin in Rostock

    Geboren in Rostock. Aufgewachsen in Rostock. Studierte in Rostock. Und Kiel.

  • Bild von KATAPULT MV Redaktionsleiterin Martje Rust

    Redaktionsleitung

    Ist in Greifswald geboren, hat in Augsburg studiert und zog für den Lokaljournalismus wieder zurück nach MV.