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Corona-Demos

Neonazis an der Spitze

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Lesedauer: ca. 3 Minuten

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In Rostock demonstrieren am Montag zwischen 3.000 und 4.000 Personen gegen die Corona-Maßnahmen. In der ersten Reihe steht Sven Krüger, ein gewaltbereiter, vorbestrafter Rechtsextremer aus Jamel. Dicht bei ihm läuft Daniel Sebbin von der Identitären Bewegung. Sie stehen zusammen mit weiteren Maskierten des „schwarzen Blocks” in den ersten Reihen, die sich gegenüber der Polizei aufgebaut haben. An anderer Stelle ist auch Hannes Krünägel zu sehen. Er war Landeschef der Identitären in MV und wurde 2018 bereits wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verurteilt.

Die Corona-Demo in Rostock wird irgendwann von der Polizei gestoppt, weil der überwiegende Teil keine Mund-Nasen-Bedeckungen trägt. Krüger und Gefolgschaft stellen sich daraufhin in der Nähe der Polizei auf. „Es gibt keine Ansteckungsgefahr, das ist lange erwiesen!“, schreit jemand aus der ersten Reihe Richtung Polizei.

Nach einer kurzen Besprechung entscheiden sich die Rechtsextremen zusammen mit ein paar Dutzend Hooligans, die Absperrung der Polizei zu durchbrechen. Das Interessante: Die restlichen Demonstrierenden feiern diesen Durchbruch und folgen ihm. Sicher wissen nicht viele von ihnen, wer eigentlich genau dafür gesorgt hat, dass weitermarschiert werden kann. Die Neonaziszene hat sich in Rostock also an die Spitze einer Demonstration gestellt.

Die Polizei Rostock schreibt: „Durch das präsente Auftreten, teils an der Spitze des Demonstrationszuges mit Bannern, und das aggressive Verhalten gegenüber der Polizei lenkten sie über einen langen Zeitraum die Versammlung.“ Es werden zehn Strafanzeigen gestellt. Unter anderem wegen Widerstands gegen die Polizei und wegen Körperverletzung.

Die Stimmung beschreibt die Polizei als „angespannt“. Polizeiketten wurden immer wieder durchbrochen, es kam vereinzelnd zum Einsatz von Pyrotechnik. Die Beamten setzten mehrfach Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Es gab in Rostock auch zwei Gegendemonstrationen mit etwa 300 Teilnehmer:innen. Sie verliefen ohne Störungen, meldet die Polizei.

Auch in Wolgast deutet einiges darauf hin, dass die „Spaziergänge“ mittlerweile von der Neonaziszene organisiert und angeführt werden. Friedlich sind die Demos an vielen Orten nicht mehr. In Anklam wurden am 3. Januar zwei Polizisten verletzt. Etwa 100 Personen versuchten, gewalttätig eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen. Einige schreckten dabei nicht vor körperlicher Gewalt gegenüber den Einsatzkräften zurück. Es kam zu „Schlägen gegen Polizeibeamte“, schreibt die Polizei in ihrem Bericht.

Die derzeitigen Demos gegen die Corona-Maßnahmen sind also weder friedlich, noch werden sie von der Mitte der Gesellschaft durchgeführt. Die Neonaziszene MV hat mittlerweile großen Einfluss auf die Demonstrationen.

Demo gegen die Corona-Maßnahmen am 10. Januar 2022 in Rostock.
(Foto: Heiner L. Beisert)
Etwa 3.000 bis 4.000 Personen zogen durch die Rostocker Innenstadt.
(Foto: Heiner L. Beisert)
Die Polizei stellte insgesamt zehn Strafanzeigen. (Foto: Heiner L. Beisert)

Quellen:
Polizeipräsidium Neubrandenburg (Hg.): Pressemitteilung Nr. 5113495, auf: polizei.mvnet.de (4.1.2022).
Polizeipräsidium Rostock (Hg.): Pressemitteilung Nr. 5118043, auf: polizei.mvnet.de (10.1.2022).

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Autor:innen

Ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete 2021 KATAPULT MV.

Veröffentlichungen:
Die Redaktion (Roman)
Fredrich rastet aus

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