Zum Inhalt springen

Stralsunder Energiedemo

Ostsee-Zeitung überträgt unkommentiert

Von und

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Artikel teilen

Schon nach der ersten Demonstration in Stralsund, die am 21. September von der Fraktion Bürger für Stralsund (BfS) organisiert wurde, waren sich Polizei und verschiedene Medien im Land über die Zahl der Teilnehmer:innen uneinig. Nachdem Fraktionsgeschäftsführer Thomas Haack Ende September von 4.000 Personen gesprochen hatte, zählte KATAPULT MV auf Fotos weniger als 2.500 Personen.

Die zweite BfS-Demo begann am 5. Oktober um 18.30 Uhr. Die Organisator:innen hatten aufgrund der hohen Erwartungen zur Teilnehmer:innenzahl in eine größere Lautsprecheranlage investiert – finanziert aus privaten Spenden. Die im Anschluss verbreiteten Teilnehmer:innenzahlen gingen erneut auseinander. Nach Angaben von Mathias Müller, Pressesprecher der Stralsunder Polizei, nahmen rund 3.500 Personen teil. Diese Zahl wurde unter anderem vom NDR wiedergegeben. Die Ostsee-Zeitung berichtete in ihrem Artikel von 4.000 Personen. KATAPULT MV hat ein Foto von der Demo ausgewertet, dass um 18.40 Uhr aufgenommen wurde. Das Ergebnis: 2.079 Personen auf dem Marktplatz.

Bis zum Ende der Kundgebung gegen 19.40 Uhr waren nach KATAPULT-Beobachtungen regelmäßig Personen gegangen, aber auch dazugekommen. Fraglich bleibt dennoch, ob sich daraus die fehlenden 1.900 Demoteilnehmer:innen ergeben.

Dieses Bild entstand am 5. Oktober 2022 um 18.40 Uhr - es zeigt 2.079 Teilnehmer:innen

Aktuelle Forderungen

Neben Kritik an der aktuellen Energiepolitik forderten die Redner:innen erneut den Rücktritt der Bundesregierung. Ein zentrales Thema bei allen Redebeiträgen war der Frieden. So sprach unter anderem Jan Brinkmann von der Stralsunder Friedenswerkstatt von seinen Sorgen als Vater vor den Folgen des Krieges, Olga Fot (Fraktion Die Linke/SPD) und Gerd Scharmberg vom Bündnis Bürger für Born über ihren Verdruss mit der aktuellen Bundespolitik.

Olga Fot (Fraktion Die Linke/SPD) hielt einen längeren Redebeitrag über Russland und eine mögliche Verschuldung künftiger Generationen in Deutschland

OB meldet sich krank

Der für seinen Aufruf zur Demonstration Mitte September in die Kritik geratene Stralsunder Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) nahm an der zweiten Kundgebung – aus gesundheitlichen Gründen – nicht teil. Er ließ von der Bühne aus Grüße an das Publikum ausrichten. Auch rief er diesmal nicht über seine privaten oder offiziellen Social-Media-Profile zur Teilnahme auf. Erst vor Kurzem prüfte deswegen das Innenministerium seine politische Neutralität.

Das fragwürdige Online-Geschäftsmodell der OZ

Moderator Maik Hofmann (BfS) bedankte sich während der Demo bei der Ostsee-Zeitung: „Auch heute haben wir das Glück, dass die Ostsee-Zeitung uns netterweise einen Livestream bereitstellt.“ Die OZ bot die Liveübertragung in ihrem kostenpflichtigen Onlineangebot OZ+ an. Um den Livestream ansehen zu können, musste ein Abo abgeschlossen werden. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 9,99 Euro pro Monat. Dafür bekamen Nutzer:innen den ungefilterten und unkommentierten Videobeitrag mit einer Länge von etwa 77 Minuten – live. Mittlerweile ist das Video auch kostenfrei auf der Website der OZ zu finden. Derartige Livestreams – ganz ohne kritische Einordnung – sind sonst nur in Telegram-Gruppen oder Youtube-Formaten zu finden.

Die nächste Demo soll am 19. Oktober stattfinden. Ob die OZ erneut einen Livestream dazu anbieten wird ist noch nicht bekannt.

v.l.n.r.: Maik Hofmann und Jörg Schulz (beide BfS) moderierten die Demonstration

MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo!

Fußnoten

  1. Stralsund: 3.500 Teilnehmer bei Demo gegen Energiepolitik, auf: ndr.de (6.10.2022).
  2. Büssow-Kramer, Wenke: Unzufrieden mit der Politik: Tausende demonstrieren am Mittwoch in Stralsund, auf: ostsee-zeitung.de (5.10.2022).
  3. OZ live von der Demo in Stralsund, auf: ostsee-zeitung.de (5.10.2022).

Autor:innen

Redakteurin bei KATAPULT MV.

Geboren in Vorpommern, aufgewachsen in Mecklenburg. Einziger KATAPULT-Redakteur mit Traktorführerschein UND Fischereierlaubnis. Layouter und Chefredakteur.

Neueste Artikel

Angriffe auf Unterkünfte von Asylsuchenden und Ausländer:innen 1992: MV-Karte und Verlaufsdiagramm der Anzahl.

19.09.2024

Das versuchte Pogrom von Wismar

Das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen im August 1992 war nicht der plötzliche Ausbruch rassistischer Gewalt, für den es immer gehalten wird. Es war Teil alltäglicher Aggressionen unter anderem gegen Asylsuchende und Obdachlose, die stetig eskalierten. Es war nicht ihr Höhepunkt, sondern wirkte wie das Startsignal zu weiteren Angriffen auf Asylunterkünfte in ganz MV. Ein Beispiel dafür sind die siebentägigen Attacken auf eine Unterkunft in Wismar-Friedenshof keinen Monat später.

17.09.2024

Polizist attackiert KATAPULT-MV-Journalisten

Auf dem CSD in Wismar wurde unser Chefredakteur von einem Polizisten mit einem Schlagstock attackiert. Das ist ein gewaltsamer Angriff auf die Pressefreiheit und auch einer auf eine friedliche Person. Was bedeutet das für den Journalismus? Wie sollen Pressevertreter:innen für alle erkennbar ihre Arbeit machen, wenn gleichzeitig Hunderte Rechtsextreme durch die Stadt ziehen?

15.09.2024

Rechtsextreme stören ersten CSD in Wismar

Am 14. September fand zum ersten Mal ein CSD in Wismar statt. Etwa 2.100 Menschen haben für queere Rechte friedlich demonstriert – wurden aber von rund 200 Rechtsextremen dabei gestört.