Geflüchtetenunterkünfte in Nordwestmecklenburg

Schnelle Unterbringung nur in Upahl

Während die Bauarbeiten einer Geflüchtetenunterkunft in Upahl in dieser Woche wieder aufgenommen wurden, hat die Gemeinde weitere Rechtsmittel eingelegt. Die Unterbringung von bis zu 250 Menschen, sei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht zumutbar. Der Landkreis plant in Upahl, die Geflüchteten aus zwei Wismarer Turnhallen unterzubringen, die dort seit Beginn des Jahres leben. Dass der Bau in Upahl weiter vorangetrieben wird, obwohl ebenfalls zwei Grundstücksangebote aus Grevesmühlen vorliegen, erklärt sich sowohl durch den dringenden Unterkunftsbedarf als auch einen anstehenden Bürgerentscheid.

Die Gegner:innen der Geflüchtetenunterkunft in Upahl (Nordwestmecklenburg) haben für diesen Samstag einen „Schildermarsch in Upahl“ angekündigt. Es solle gemeinsam „für Demokratie und Mitbestimmung“ demonstriert werden, heißt es auf dem zugehörigen Ankündigungsplakat. Auslöser dieses erneuten Protestzugs sind die fortgesetzten Bauarbeiten einer Containerunterkunft für Geflüchtete im Upahler Gewerbegebiet. Nachdem der Kreis Anfang vergangener Woche eine entsprechende Baugenehmigung erteilt hatte, begannen gestern bauvorbereitende Maßnahmen und heute erste Bautätigkeiten auf dem Gelände.

Upahl zieht erneut vor das Verwaltungsgericht

Für die Gemeinde Upahl geht damit der Kampf gegen die Unterkunft in eine neue Runde. „Rechtliche Schritte“ seien eingeleitet worden, heißt es dazu in einer entsprechenden Erklärung. Man gehe davon aus, „dass die erteilte Baugenehmigung rechtswidrig ist“. Diese fuße unter anderem auf den Antragsunterlagen aus dem Frühjahr – sprich: die Verkleinerung der Unterkunft von 400 auf höchstens 250 Menschen sei im Bauantrag nicht geändert worden. 

Die Gemeinde argumentierte in ihrer Stellungnahme außerdem erneut, dass die geplante Unterkunft im Gewerbegebiet des Ortes aus ihrer Sicht unzumutbar sei. Dazu trage neben fehlender Infrastruktur auch die unmittelbare Nähe des Gebiets zur Autobahn bei. Der Bau dort widerspreche „zudem dem Planungswillen der Gemeinde“. Noch in dieser Woche soll beim Verwaltungsgericht Schwerin eine Anordnung beantragt werden, die den Bau aufgrund der bereits eingelegten Widersprüche aufschieben soll. Einen solchen Aufschub hatte der Kreis bisher verneint.

Landkreis benötigt schnellstmöglich Unterkunftsplätze

Auf Anfrage wollte der Landkreis heute nicht zu den in der Mitteilung der Gemeinde erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen. Es handele sich dabei „um ein laufendes Verfahren“, so die Begründung. Der Kreis habe die Erklärung der Gemeinde Upahl und deren Ankündigung, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen, jedoch „zur Kenntnis genommen“. Nun müsse eben dieses entscheiden.

Obwohl die Stadt Grevesmühlen dem Landkreis auf Beschluss der Stadtvertreter:innen im April bereits zwei Grundstücke für die temporäre und dauerhafte Unterbringung Geflüchteter angeboten hat – auch um die Zahl der Menschen in Upahl reduzieren oder sogar auf eine dortige Unterbringung verzichten zu können –, hält der Kreis weiter an der Unterkunft in Upahl fest. Es würden schnellstmöglich Unterkunftsplätzen gebraucht, erklärt Pressesprecher Christoph Wohlleben dazu. Dabei gehe es vor allem um die 200 Menschen, die derzeit noch in zwei Wismarer Turnhallen untergebracht sind. Diese leben „teilweise seit über sieben Monaten in diesen“, betont Wohlleben. Ohne Verzögerungen könnte die Unterkunft in Upahl spätestens im Oktober fertiggestellt sein.

Bürgerentscheid in Grevesmühlen im August

Dennoch bewertet auch der Kreis die durch Grevesmühlen angebotenen Möglichkeiten als relevant. Es stelle „perspektivisch ein wichtiges Signal für die Upahlerinnen und Upahler“ dar. Denn mit Grevesmühlen bestehe die Chance, den Standort Upahl bald wieder zu verkleinern oder sogar aufzulösen. Bis eine Unterkunft in Grevesmühlen zur Verfügung stehe, brauche es aber noch Zeit. Jedenfalls mehr, als die Fertigstellung des Standortes Upahl jetzt in Anspruch nimmt. Darüber hinaus finde in Grevesmühlen noch ein Bürgerentscheid statt, „dessen Ergebnis die Situation noch einmal verändern könnte“.

Der Bürgerentscheid ist aktuell für den 27. August 2023 geplant. Ähnlich wie bereits in Greifswald im Juni, sollen die Bürger:innen darüber abstimmen, ob die Stadt dem Kreis städtische Grundstücke zur Errichtung von Containerunterkünften für Geflüchtete verpachten oder verkaufen darf. Die Initiator:innen des Entscheids betonen in der Begründung für die Abstimmung mehrfach, dass dieser sich nicht gegen eine Aufnahme Geflüchteter richte. Lediglich die Verpachtung beziehungsweise der Verkauf der Flächen solle zur Abstimmung gestellt werden. Der Gegenvorschlag der Initiator:innen: Lieber könnten die Grundstücke an Unternehmen verpachtet oder verkauft werden, die „die wirtschaftliche Zukunft Grevesmühlens sicherstellen bzw. verbessern“.

Da die Stadt, wie Bürgermeister Lars Prahler (parteilos) in seiner inhaltlichen Prüfung des Begehrens bereits feststellte, nur eine dem Kreis angebotenen Fläche – die in der Klützer Straße – für eine kurzzeitige Unterkunft vorgesehen hat, könnte das Begehren wohl auch höchstens auf das dortige Vorhaben Einfluss nehmen. Die langfristige Unterkunft, die für die Sandstraße vorgesehen ist, bliebe davon unberührt. Dort können etwaige Arbeiten aber aufgrund eines noch bestehenden Pachtvertrages frühestens 2024 beginnen.

Quellen

  1. @NWM WEHRT SICH MV bleibt aktiv: Beitrag vom 25.7.2023 um 17.18 Uhr, auf: facebook.com.
  2. Landkreis Nordwestmecklenburg (Hg.): Baugenehmigung für zeitweise Unterkunft Upahl erteilt, auf: nordwestmecklenburg.de (17.7.2023).
  3. Landkreis Nordwestmecklenburg (Hg.): Übersicht Bau-Wiederaufnahme für die zeitweise Gemeinschaftsunterkunft Upahl, auf: nordwestmecklenburg.de (24.7.2023).
  4. Mehr zum Streit um die Unterkunft in Upahl lest ihr in KATAPULT MV-Ausgabe 22.
  5. Gemeinde Upahl (Hg.): Erklärung der Gemeinde Upahl zur Baugenehmigung der geplanten Gemeinschaftsunterkunft, auf: grevesmuehlen-erleben.de (26.7.2023).
  6. NDR (Hg.): Flüchtlingsunterkunft: Bau in Upahl geht weiter, auf: ndr.de (25.7.2023).
  7. E-Mail von Christoph Wohlleben, Pressesprecher des Landkreises Nordwestmecklenburg, vom 26.7.2023.
  8. Beschluss der Stadtvertretung Grevesmühlen vom 17.4.2023. Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, Landkreis Nordwestmecklenburg – Anhandgabe von Grundstücken, auf: grevesmuehlen.sitzung-mv.de.
  9. Stadt Grevesmühlen (Hg.): Stadtvertretung beschließt Zulassung eines Bürgerentscheids, auf: grevesmuehlen-erleben.de (12.7.2023).
  10. Stadt Grevesmühlen (Hg.): Vorlage öffentlich – VO/12SV/2023-1894. Durchführung eines Bürgerentscheids (…) zur Verpachtung oder zum Verkauf städtischer Flächen für die Errichtung von Containerdörfern, auf: grevesmuehlen.sitzung-mv.de.
  11. Unterschriftenliste mit ursprünglicher Fragestellung und Begründung, auf: grevesmuehlen.sitzung-mv.de.

Autor:in

  • Redakteurin in Greifswald

    Geboren in Berlin, aufgewachsen in Berlin und Brandenburg. Tauschte zum Studieren freiwillig Metropole gegen Metropölchen.