Der Zaun ist verbogen von der Last des Holzes. Berge von Ästen liegen herum, Teile von Baumstämmen, sogar ein ganzer Baum selbst. So sieht es derzeit auf dem Gelände des alten Pfarrgartens im Zentrum von Neuenkirchen aus, einer kleinen Gemeinde nördlich von Greifswald. Die Erklärung von Bürgermeister Frank Weichbrodt (Wählergemeinschaft AWN) zu den Geschehnissen vor Ort beschreibt diesen Zustand nur unzureichend: Eine „kleine Gruppe von Pappeln“ sei gefällt worden, beantwortet er die Frage nach der Abholzung auf dem Grundstück.
Gemeinde: Bäume waren stark geschädigt
Verwundert über die Aktivitäten der Gemeinde im Pfarrgarten, fragen sich nun einige Neuenkirchener Einwohner:innen, was es mit dieser Aktion auf sich hat. Nicht nur bei KATAPULT MV ging eine Nachricht dazu ein, auch das Greifswalder Büro des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) bestätigt auf Nachfrage, eine Bewohnerin der Gemeinde habe sich mit Informationen an sie gewandt.
Laut der Gemeinde sollen auf dem Grundstück acht Pappeln gefällt worden sein, „die stark geschädigt, teilweise abgestorben und ausgefault waren“. Durchgeführt wurden die Arbeiten von Mitarbeiter:innen des Bauhofs „nach Abstimmung mit dem Ordnungsamt und der Kirchengemeinde“, da das betreffende Grundstück der Kirche gehöre. Nach Angaben des Bürgermeisters sei ein Hilfegesuch des Pfarrers der Gemeinde Auslöser der Aktion gewesen, da außerdem auch auf dem Waldfriedhof Bäume umgestürzt waren.
Auf Nachfrage von KATAPULT MV bestätigt Weichbrodt zudem, dass wohl auch Forderungen von Anwohner:innen die Fällungen ausgelöst haben. So habe es in den vergangenen Jahren gerade im Zusammenhang mit Stürmen und abgebrochenen dicken Ästen „eine Reihe von Beschwerden“ gegeben. Um wie viele Beschwerdeparteien es sich gehandelt habe, wollte der Bürgermeister nicht sagen. Das betreffende Grundstück und der Bereich der Bäume grenzt nur an wenige andere Grundstücke – es steht der Vorwurf im Raum, die Bäume seien auf den Wunsch einiger weniger Personen entfernt worden.
Wurde ein geschützter Baum gefällt?
Während der Arbeiten in der vergangenen Woche habe man den Artenschutz berücksichtigt, erklärt Weichbrodt. So seien die Fällarbeiten zum einen noch im Februar durchgeführt worden, zum anderen habe er auch das Ordnungsamt gebeten, die Bäume während der Arbeiten „zu begutachten“. Zudem habe auch das Amt für Bau, Natur- und Denkmalschutz bestätigt, dass es sich bei den betroffenen Pappeln nicht um geschützte Bäume gehandelt habe. Damit sei keine Fällgenehmigung vonnöten gewesen.
Mittlerweile ist das Thema auch in der Gemeinde angekommen und wurde am Dienstagabend bei einer Sitzung des Bauausschusses öffentlich diskutiert. Dabei stand auch die Frage im Raum, ob neben den besagten Pappeln nicht auch ein Walnussbaum gefällt wurde. Laut dem Naturschutzausführungsgesetz des Landes sind Walnussbäume mit einem Stammumfang von einem Meter gesetzlich geschützt. Die Beseitigung eines solchen geschützten Baumes ist grundsätzlich verboten.
Es sei „nicht abschließend geklärt“, ob tatsächlich eine Walnuss gefällt wurde und „ob sie geschützt war“, so der Bürgermeister.
Wunsch nach Ersatzpflanzungen
Zunächst sollen Bauhofmitarbeiter:innen nun die Baumreste von dem Grundstück entfernen. Ihm sei zugesichert worden, dass alles abgeholt werde, so Weichbrodt. Heute Morgen sah der alte Pfarrgarten jedoch noch aus wie oben beschrieben und auf dem Foto zu sehen. Vielleicht sei die Witterung für die Verzögerung verantwortlich, mutmaßt der Bürgermeister auf Nachfrage.
Was mögliche Ersatzpflanzungen für die verlorenen Bäume betrifft, so ist bisher noch keine Entscheidung getroffen. Man werde „in den nächsten Wochen mit dem Gemeindekirchenrat darüber reden“, so Weichbrodt. Für die Pappeln seien seines Wissens allerdings kein Ersatz erforderlich. Dennoch habe es in der Bauausschusssitzung am Dienstag positive Äußerungen dazu gegeben, dass sich auch die „Gemeinde an Ersatzpflanzungen beteiligt“.
Quellen
- E-Mail von Frank Weichbrodt vom 14.2.2023.↩
- E-Mail vom Nabu Greifswald vom 14.2.2023.↩
- E-Mail von Frank Weichbrodt vom 17.2.2023.↩
- § 18 Absatz I Satz 2, Absatz II Naturschutzausführungsgesetz.↩