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Karniner Brücke

Usedomer Eisenbahnfreunde fordern Schwesig zu Vermittlung auf

Ende März sollen die Vorplanungen für die Südanbindung Usedoms per Bahn beendet sein. Aber bereits jetzt ist klar, dass es für den Streckenabschnitt zwischen Heringsdorf und Swinemünde auf polnischer Seite andere Planungen gibt und er nicht mehr zur Verfügung steht. Ausgerechnet ein Schießplatz an der Grenze, geplant vom polnischen Verteidigungsministerium, könnte das Verkehrsprojekt nun verzögern – oder sogar verhindern.

Im Sommer hatte er noch große Hoffnungen: Beim alljährlichen Brückenfest im August war Günther Jikeli, Vorsitzender der Usedomer Eisenbahnfreunde, optimistisch, dass schon in fünf Jahren der erste Zug über die neue Südanbindung und eine neu gebaute Karniner Brücke rollen könnte. Doch: „Zurzeit sind wir in großer Sorge, dass das so schnell nichts wird“, sagt er heute. Denn nun haben die Eisenbahnfreunde Kenntnis davon bekommen, dass für den Streckenteil auf polnischer Seite teilweise andere Pläne vorgesehen sind. „Wir stehen vor großen Problemen: Wenn die Trasse nach Swinemünde nicht gebaut werden kann, müsste eine ganz neue Trasse auf deutscher Seite gefunden und geplant werden“, sagt er. „Das würde das Projekt stark verzögern.“

Aber auch aus politischer Sicht macht es überhaupt keinen Sinn, so ein großes Verkehrsprojekt nicht binational zu planen, sondern an einer innereuropäischen Grenze vorbeigehen zu lassen.

Günther Jikeli, Vorsitzender der Usedomer Eisenbahnfreunde

Aber auch aus wirtschaftlichen Gründen könnte eine Lösung ohne Polen problematisch sein: Swinemünde (Świnoujście), auf der polnischen Seite Usedoms, ist mit 40.000 Einwohnern die einzige größere Stadt auf der Insel. Wäre sie nicht an die Trasse angeschlossen, würde sich das massiv auf die Wirtschaftlichkeit der Eisenbahnlinie auswirken. Die Wahrscheinlichkeit, dass das mindestens 150 Millionen Euro teure Projekt umgesetzt wird, sinke ohne polnische Beteiligung drastisch, so Jikeli. „Aber auch aus politischer Sicht macht es überhaupt keinen Sinn, so ein großes Verkehrsprojekt nicht binational zu planen, sondern an einer innereuropäischen Grenze vorbeigehen zu lassen.“

Nach Informationen von KATAPULT MV schrieb Swinemündes Stadtpräsident Janusz Żmurkiwicz dem Schweriner Wirtschaftsministerium bereits im Dezember, dass der Bau der Verbindung nach Swinemünde aufgrund des derzeitigen Investitionsstandes auf polnischer Seite nicht möglich sei. Das Verteidigungsministerium habe in einen etwa 600 Meter von der Staatsgrenze entfernten Schießstand und die Einrichtung von Sicherheitszonen in dessen Umkreis investiert. Das Areal sei zudem Sperrgebiet. Ein Ministeriumssprecher bat um Verständnis dafür, dass man interne Briefwechsel nicht kommentiere. Man stehe aber mit der polnischen Seite im Austausch.

Nach bisherigen Planungen sollte die Trasse direkt südlich der B 110 die Grenze überqueren und dann im Grenzgebiet zu einem binationalen deutsch-polnischen Bahnhof außerhalb des Swinemünder Stadtgebiets führen. Die ursprüngliche, historische Trasse, die in das Zentrum von Swinemünde führte, kam von vornherein nicht in Frage, da sie seit Langem bebaut ist.

Um ein Ausscheiden Polens aus dem Projekt abzuwenden, haben die Usedomer Eisenbahnfreunde Ministerpräsidentin Manuela Schwesig zu Jahresbeginn einen Brief geschickt und die Landesregierung aufgefordert, in Verhandlungen mit dem polnischen Staat zu treten. Jikeli hofft, dass das letzte Wort in der Sache noch nicht gesprochen ist und eine alternative Strecke auf polnischer Seite gefunden werden kann.

Schwesig wollte sich dazu bislang nicht äußern, das Schreiben der Eisenbahnfreunde befinde sich noch in der Prüfung, hieß es. Außerdem wies ihr Sprecher darauf hin, dass die Landesregierung mit den polnischen Partnern im Gespräch sei. Zuletzt habe Patrick Dahlemann, noch in seiner Funktion als Parlamentarischer Staatssekretär für Vorpommern, dies bei einem Besuch in Swinemünde thematisiert. Dieser Besuch war allerdings bereits im Juni 2021.

Die Landesregierung hat 2,8 Millionen Euro für die Vorplanungen zur Verfügung gestellt, Verkehrsminister Pegel hat sich immer wieder öffentlich für das Projekt eingesetzt.

Mit einer neuen Brücke über den Peenestrom könnte Usedom von Süden her angeschlossen und die Reisezeit mit dem Zug von Berlin nach Heringsdorf auf 2:09 Stunden statt wie bisher 3:39 Stunden verkürzt werden. Dadurch könnten viele Urlauber auf die Bahn umsteigen und die chronisch verstopften Straßen entlasten. Zusammen mit dem geplanten Neubau der Darßbahn ist der Neubau der Karniner Brücke und der dazugehörigen Eisenbahntrasse zurzeit das größte geplante Schienenverkehrsprojekt des Landes und hätte Vorzeigecharakter – auch im Hinblick auf eingesparte Emissionen im Straßenverkehr.

Marcel Drews, Sprecher der Initiative Pro Bahn Mecklenburg-Vorpommern, sagte, aus seiner Sicht sei eine Reaktivierung der Bahnstrecke auch mit dem Wegfall des polnischen Grenzgebiets nicht zwingend beerdigt. Schon zu DDR-Zeiten seien Planungen angestellt worden, um unter einer Umfahrung Polens eine Anbindung Heringsdorfs an die Bahnstrecke von Ducherow über die Karniner Brücke zu realisieren. Eine mögliche Variante wäre eine neue Teilstrecke an Ulrichshorst und Korswandt vorbei auf die vorhandene Bahnstrecke der UBB bis zum Bahnhof Heringsdorf. Direkte Züge von Berlin könnten dann nach kurzem Stop mit Fahrtrichtungswechsel zum Endbahnhof Swinemünde-Zentrum weiterfahren.

Eine Gruppe von Ingenieuren untersucht seit Dezember 2020 im Auftrag der Landesregierung, wie viel eine Südanbindung Usedoms mit einem Neubau der Karniner Brücke kosten würde. Der Abschluss der Untersuchungen ist für Ende März angekündigt. Die Karniner Hubbrücke wurde 1933 gebaut und in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs von der Wehrmacht gesprengt. Heute gilt sie als technisches Denkmal. Die Eisenbahnfreunde Usedom setzen sich seit den 1990er-Jahren für einen Neubau der Verbindung ein; alle bisherigen Versuche, die Strecke zu reaktivieren, scheiterten.

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