Seit einem halben Jahr ist Breest (Vorpommern-Greifswald) offiziell keine eigenständige Gemeinde mehr. Der kleine Ort mit knapp 120 Einwohner:innen wurde im vergangenen November mit dem benachbarten Bartow zusammengelegt. Lokalpolitik hänge immer auch an Geldern, nennt der letzte Breester Bürgermeister Sylvio Stange (CDU) den entscheidenden Grund. Der Ort allein hätte sie nie bekommen, zusammen mit Bartow sei mehr möglich. Bis zur anstehenden Wahl bleiben beide Gemeinden noch eigenständig. Danach gilt die Fusion. Deshalb wird auch nur ein neuer Bürgermeister für Bartow gesucht, nicht mehr für Breest.Diese Entscheidung war verwaltungstechnischer Art. In anderen Orten dagegen will einfach niemand mehr als Bürgermeister:in kandidieren. Zum Beispiel in Pölchow (Landkreis Rostock). Die bisherige Bürgermeisterin Irmgard Rautenberg (parteilos) möchte altersbedingt nicht mehr antreten. Dass keiner ihrer beiden Stellvertreter nachrücken will, finde sie enttäuschend.
Falk Wiskow (CDU), Bürgermeister von Neuenkirchen (Mecklenburgische Seenplatte), erzählt, dass sich in seinem Ort „aufgrund des hohen Zeitaufwands“ letztendlich keiner der bestehenden Gemeindevertreter bereit erklärt habe, für das Ehrenamt zu kandidieren. Für die Gemeindevertretung allerdings gebe es mit 20 Kandidierenden so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr. Das Gleiche berichtet auch Jan Kessel, parteiloser Bürgermeister von Hohen Pritz (Ludwigslust-Parchim). Derzeit wolle „noch niemand die Verantwortung der Position“ übernehmen.Die letzte Chance gibt es nun bei der konstituierenden Sitzung der Gemeindevertretung nach der Wahl. Sollte sich aus dem Kreis der neu Gewählten niemand finden, ernennt der Landkreis jemanden. Großer Nachteil dieser Variante ist laut Wiskow, dass bestellte Bürgermeister:innen lediglich die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen übernehmen, also vier Sitzungen im Jahr einberufen sowie den Haushalt der Gemeinde aufstellen. „Jedoch ist der Bürgermeister in der Regel derjenige, der Projekte anschiebt, am Laufen hält und für die tausend Kleinigkeiten in der Gemeinde da ist, Ansprechpartner für Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger“ – all das fehle dann.
Der Städte- und Gemeindetag gibt sich optimistisch: Am Ende habe sich noch immer jemand gefunden, sagt Vorstandsmitglied Klaus-Michael Glaser. In diesem Jahr könnte es aber erstmals in MV nicht überall gelingen. Dann stehe die kommunale Selbstverwaltung auf dem Spiel – es könnte zu Zusammenschlüssen kommen. „Wer eine unabhängige Gemeinde bleiben will, sollte jemanden finden, der oder die das Amt übernimmt“, betont Glaser. Neuenkirchen und Hohen Pritz sind davon nach Aussagen ihrer Bürgermeister noch weit entfernt. Sie wollen vorerst die konstituierenden Sitzungen abwarten. Die Hoffnung, dass sich doch noch jemand bereit erklärt, bleibe bis zuletzt.
Die Grafik erschien zuerst in unserer gedruckten Sonderausgabe zu den Kommunalwahlen 2024.