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Gazprom ist großzügig. Der russische Staatskonzern ist nicht nur Hauptsponsor von Schalke 04. Die Tochterfirmen Nord Stream 1 und 2 haben sich auch in Mecklenburg-Vorpommern eingekauft. Bei Wirtschaftsverbänden, Politikern, Sport- und Kulturschaffenden.
Wenn sich ein Sportverein wie der SSC Schwerin von einem viel kritisierten Unternehmen sponsern lässt, ist das erst mal nicht ungewöhnlich. Sport ist oft unterfinanziert. Was aber überraschend ist: Die MV-SPD hat seit Jahren ein verstörend verherrlichendes Bild von Wladimir Putin. Das betrifft auch die Linkspartei im Land. Es bleibt aber derzeit nicht dabei, die Menschenrechtsverletzungen und Kriegshandlungen schönzureden – die SPD ist dazu übergegangen, ganz offen Recht zu brechen und für Putins Projekte zu lobbyieren.
Für Wladimir Putin ist das Gasgeschäft wichtig. Mit dem Geld, das er von Westeuropa bekommt, finanziert er auch den Krieg in der Ukraine. Das Traurige daran: MVs Politiker sind dermaßen unverantwortlich, dass sie immer wieder behaupten, ihre Entscheidungen hätten keine internationale Relevanz.
Die Pipeline Nord Stream 1 ist bereits fertiggestellt. Das Gas wird nach Westeuropa gepumpt. Die Firma sponsert heute wahrscheinlich keine größeren Organisationen mehr. Das Projekt ist rechtlich gesichert, die Pipeline ist in Betrieb. Ihr Vorsitzender ist Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Putin-Vertrauter und immer noch eng verwoben mit der SPD.
Nord Stream 2 ist ebenfalls fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb. Die Firma sponsert in MV einen Volleyballverein aus Schwerin, ein Orchester, fünf Wirtschaftsverbände sowie Jugendfeuerwehren und Schulen. Der Ex-Diplomat Dieter Haller wurde zum Aufsichtsratsvorsitzenden berufen, aber vom Außenministerium direkt wieder zurückgezogen. Die derzeitige Situation an der Spitze von Nord Stream 2 ist unklar.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat das Inbetriebnahmeverfahren der zweiten Pipeline heute ausgesetzt. Einigen kommt diese Entscheidung deutlich zu spät, weil Putin seine Truppen bereits in die Ostukraine geschickt hat.
Die zweite Pipeline ist international umstritten. Deshalb kauft sich Nord Stream 2 nicht nur die Meinungen einiger Wirtschaftsleute, Sportler und Musiker – sondern auch die von obersten Politikern. Der Konzern hat einen Deal mit dem Land MV geschlossen und eine Stiftung gegründet, die offiziell Klima- und Naturschutz betreiben soll. Das Land MV hat der „Stiftung“ 200.000 Euro bereitgestellt, während Nord Stream 2 dem Land 20 Millionen einbrachte. Also das Hundertfache.
Die Fake-Stiftung
Es ist einigermaßen überraschend, dass die Landesregierung in diesem Fall offen korrupt und rechtsverletzend handelt. Die gegründete „Stiftung“ soll offiziell Klimaprojekte fördern. Die Kritik an ihr ist enorm. Transparency International ist der Meinung, dass die Landesregierung mit der Stiftung gegen das Geldwäschegesetz verstößt. Die Deutsche Umwelthilfe bezeichnete die Stiftung als „Fake-Stiftung“ und klagte gegen die Anerkennung der Stiftung durch die Stiftungsaufsicht.
Der Nabu und die Deutsche Umwelthilfe sollten laut Satzung auch Mitglieder der Stiftung werden. Beide Umweltorganisationen haben die Bitte vehement abgelehnt und betont, dass es sich bei der neuen Stiftung um ein Täuschungsmanöver handelt, mit dem Umweltschutz verhöhnt wird.
Auch die Gründung lief einigermaßen hastig ab. Die Regierung und Nord Stream 2 haben die Stiftung so schnell gründen wollen, dass der Landesrechnungshof nicht informiert wurde. Der Rechnungshof hatte sich sogar von selbst beim SPD-geführten Energieministerium gemeldet, wurde dann aber ignoriert.
Was kritisieren die Finanzkontrolleure?
Erstens: MV bleibt einflusslos
Das Land hat 200.000 Euro in die Stiftung eingezahlt, bleibe aber mit einem Prozent der Anteile völlig ohne Einfluss. Einen Totalausfall würde der Steuerzahler zahlen müssen.
Zweitens: Gewaltenteilung ausgehebelt
Die Regierung (Exekutive) missachtete die Gewaltenteilung. Landtagsausschüsse (Legislative) wurden nicht beteiligt, die Gründung wurde hastig an das Justizministerium (Exekutive) weitergeleitet und von diesem sofort anerkannt.
Drittens: Die Stiftung gibt es schon
Es gibt bereits eine Stiftung mit dem gleichen Zweck. Sie heißt sogar fast genauso: „Stiftung Umwelt- und Naturschutz“. Doppelte Strukturen zu schaffen, sei ineffizient, meint der Rechnungshof.
Die Landes-SPD ist anscheinend zu Vielem bereit. Der heutige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Jochen Schulte (SPD), gab damals ein Interview, in dem er die Kritiker der Stiftung diskreditieren wollte. Wem gab er das Interview? Dem russischen Staatssender Russia Today.
Die „Klima“-Stiftung des ehemaligen MV-Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD) hat höchstwahrscheinlich ein eigenes Schiff, die Blue-Ship, direkt oder über Umwege gekauft und dann die Arbeiten an der Pipeline weitergeführt, als eigentlich US-Sanktionen bestanden haben. Mehrere Anfragen von Journalisten lassen Sellering und seine Stiftung unbeantwortet.
Die falsche Stiftung wird von Sellering geleitet und hat auf ihrer Internetseite zwei Projekte veröffentlicht. Das erste soll die Bevölkerung in der Breite erreichen und heißt „Buddeln für Bäume – Kinder pflanzen fürs Klima“. Die Stiftung verteilt dabei jeweils 500 Euro an Kitas, wenn diese ihre Kinder dazu bringen, irgendwo Bäume zu pflanzen. Das zweite Projekt soll herausfinden, wie man Seegraswiesen wiederaufbauen kann. Durch die Verlegung der Pipeline sind in der Ostsee enorme Flächen an Seegraswiesen zerstört worden. Eine künstliche Renaturierung wird von Wissenschaftlern als kosten- und zeitaufwendig angesehen.
Nicht nur unter Wasser hat die Natur gelitten. Im Greifswalder Bodden gab es im Jahr 2020 enorme Verschmutzungen an den Stränden. Große und kleine Fettklumpen wurden damals von einem defekten Verlegeschiff angespült. Der Fall ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt.
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Autor:innen
Ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete 2021 KATAPULT MV.
Veröffentlichungen:
Die Redaktion (Roman)
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