Filmfest im Rostocker Stadthafen

Zusammen alleine durch die Pandemie

Gleichgültigkeit, Verzweiflung, Sehnsucht. Lea ist gefangen in Onlinemeetings, ohne einen Weg in die Freiheit und ohne einen Lichtblick auf Besserung zu finden. Sie leidet unter der stetigen Eintönigkeit und verliert sich im Internet. Der Kurzfilm „Invisible“ berührt und spiegelt die Lebensrealität vieler Menschen in der Corona-Pandemie wider.

In den letzten zwei Jahren wurde ein Großteil des Lebens ins Digitale verbannt. Homeoffice, Homeschooling und Onlinelehre sind mittlerweile so normal wie das tägliche Zähneputzen. Wo es manche Tätigkeiten des Alltags erleichtert und lange Arbeits- oder Schulwege erspart, erschwert diese Veränderung soziale Kontakte. Eine ungewollte Isolation tritt ein, die den Menschen und dessen Psyche angreift.

Ella Knorz zeigt in ihrem Kurzfilm Invisible die Welt von Lea im Onlineraum. Stundenlang muss diese sich ewig lange Besprechungen anhören, die für sie selbst völlig bedeutungslos sind. Zeit, die sie gebrauchen könnte, um sich ihrem eigenen Wohlbefinden zuzuwenden. Jedes Meeting raubt gleichzeitig ihre mentale Kraft und schnell verkommt der gesunde Mensch zu einem Schatten seiner selbst. Auf beeindruckend Weise zeigt Ella Knorz die Evolution der Pandemie in etwa fünf Minuten Film. Anfangs ist das Digitale noch ein Weg, mit dem alle zurechtkommen, doch mit der Zeit verändert sich die Stimmung. Die Protagonistin wird des Formats überdrüssig und nimmt die Welt immer weniger wahr. Ein Rückzug mit Folgen. Ihr Bedürfnis nach sozialen Interaktionen kann sie nicht stillen, sie sich nur vorstellen. Ihr Kommilitone Caspar ist lediglich ein Bild auf ihrem Bildschirm, das sie für den Bruchteil des Tages in ihren Onlinekursen erleben kann. Ansonsten verbleibt sie in der Dunkelheit ihres Zimmers.

Zu Beginn erzeugt das Setting beim Zuschauer ein Gefühl des Wiedererkennens und der Vertrautheit. Im Laufe des fünfminütigen Kurzfilms greift die Dunkelheit immer mehr auf den Zuschauer selbst über. Schnell ist man gefangen im Netz des Alleinseins. Das einzige Tageslicht, das sich seinen Weg durch ein verhältnismäßig kleines Fenster bahnt, wirkt verloren und scheint Leas einziger Kontakt zur Außenwelt zu sein. Auch die Zuschauer können Leas Welt nicht durchdringen, denn ihre Welt ist gebannt hinter die Wand der typischen kleinen Kacheln von Onlinekonferenzen. Dies erzeugt Knorz durch das leicht verpixelte und vertraute Design von Onlinemeetings und das typische Überlappen der Stimmen.

Selbst innerhalb ihrer Welt ist Lea unsichtbar. Ihre Kamera ist ausgeschaltet und versetzt sie in die Rolle der Beobachterin. Ein Zustand, in dem sie die Fähigkeit hat, zu tun, was sie will – essen, herumgehen, verzweifeln und vor allem Caspar beobachten. Unsichtbarkeit ist dabei vielmehr ein Schutz. Ein Schutz vor den Blicken der anderen. Ein Schutz, der es möglich werden lässt, die Maske fallen zu lassen und den inneren Schmerz nach außen zu tragen. Ein Schutz des eigenen Selbst.

Invisible ist ein Film, in dem sich jede:r wiederfinden wird. Er ist ein Sinnbild für die Tortur, die die Menschen in den letzten Jahren auf sich nehmen mussten. Gleichzeitig fördert das dargestellte Alleinsein ein Wirgefühl. Wir sind nicht allein und tragen diese Last gemeinsam.

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