Gemeinsam mit rund 450 Impfgegnerinnen und Impfgegnern protestierte Juraprofessor Ralph Weber am vergangenen Mittwoch in Wolgast gegen Corona-Regeln. Ob die Demonstration „Demo gegen die Impfpflicht“ den Vorgaben des Versammlungsrechtes entsprach, prüfen die zuständigen Behörden momentan. Dass an der Demo zahlreiche Menschen aus dem rechten Spektrum teilnahmen, bestätigt die Polizei.
Zu ihnen zählt auch Ralph Weber. Der kehrte im November an die Universität Greifswald zurück, wo er den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte bekleidet. In dieser Funktion fungierte er beispielsweise von 2014 bis 2016 als Doktorvater des Neonazis Maik Bunzel. Bis September 2021 pausierte Weber seine Professur, um das nationalkonservative Lager der rechtsradikalen AfD im mecklenburg-vorpommerschen Landtag zu repräsentieren. In der Vergangenheit äußerte sich Weber menschenverachtend, beleidigend und unter Bezugnahme auf das Dritte Reich. „Großer Führer“ nannte er beispielsweise den AfD-Landeschef Leif-Erik Holm. Als „Gurkentruppe“ und „kriminelle Gurken“ titulierte er Parteikolleg:innen und ebnete damit den Weg für seinen Rausschmiss aus der AfD.
Als er bei der „Demo gegen die Impfpflicht“ das Wort ergriff, bediente er sich eines ähnlichen Vokabulars. Laut Ostsee-Zeitung bezeichnete er die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns als „Oberlandesdiktatorin“. Die von der Landesregierung erlassenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen bewertete er als „Zwang“ und als „Tyrannei“. Außerdem rief Weber laut Ostsee-Zeitung zum Widerstand auf. Die Landesregierung empfiehlt, Weihnachtsfeiern nicht oder nur mit maximal 40 Leuten abzuhalten – Weber will sich widersetzen. Er kündigt an, mit über 40 Gästen zu feiern, unter ihnen auch mehr als fünf Ungeimpfte. Damit will er der Regierung zeigen, dass „es so nicht weitergeht“. Weber hofft auf Nachahmerinnen und Nachahmer, die der Regierung ihren Unmut zeigen. Immerhin solle man sich nicht von „solchen Diktatoren an der Nase herumführen lassen“.
Mit Befremden und Unverständnis
Auf den Artikel der Ostsee-Zeitung und Ralph Webers Aussagen reagierte das Rektorat der Universität Greifswald mit einer Pressemitteilung. Es äußerte „Unverständnis und Befremden“ darüber, dass Juraprofessor Weber „die demokratisch legitimierte Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, verunglimpft haben soll“. Sein Aufruf, die gesetzlichen Hygiene- und Schutzregeln zu missachten, sei „unverantwortlich“ und der Jurist breche damit geltendes Recht. Daher distanzierten sich Rektorat und Fakultätsleitung der Rechts- und Staatswissenschaften „ausdrücklich von derartigen Inhalten“. Webers Äußerungen seien „ein schwerwiegender Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung und absolut inakzeptabel“.
In einer E-Mail bezog der Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, Boris Schinkels, Stellung zu Webers Aussagen. Das Schreiben liegt Katapult MV vor und ist an Weber und Angehörige der Fakultät gerichtet. Darin wertet Schinkels die Aussagen als Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Ein Juraprofessor, der öffentlich zum Rechtsbruch aufrufe, habe seinen Beruf verfehlt. „Die pauschale, öffentliche Verunglimpfung gewählter Volksvertreter ist letztlich nichts anderes als eine Abwertung der Volkssouveränität.“
Ohne Schuld
„In keiner Weise habe ich die freiheitlich-demokratische Grundordnung angegriffen“, bezog Ralph Weber gegenüber der Deutschen Presse-Agentur am Montag Stellung. Dass er Ministerpräsidentin Schwesig „Oberlandesdiktatorin“ genannt habe, sei möglich. Denn das „liegt auf der Linie, auf der ich sie einordnen würde“, so Weber. Weiter urteilte er, dass Schwesig ihr Amt zwar völlig zu Recht innehabe. Aber sie habe nicht das Recht, derart in Freiheitsrechte einzugreifen. Er habe jedoch niemanden aufgefordert, gegen die Begrenzung von Teilnehmendenzahlen zu verstoßen.
Da Weber sich in der Vergangenheit offen menschenverachtend und nationalistisch gezeigt hatte, protestierten im November mehr als 500 Studierende und Bürger:innen gegen seine Rückkehr. Wenig Rückhalt fand der ehemaligen AfD-Landtagsabgeordneten deswegen auch im Rektorat. Wegen Webers jüngster Äußerungen ergreift die Rektorin der Universität, Katharina Riedel, nun Konsequenzen: Sie will den Sachverhalt prüfen lassen, um zu klären, „ob eine dienstrechtliche Relevanz vorliegt und entsprechende Maßnahmen erforderlich sind“. Wenn dem so ist, wird Ralph Weber 2022 Lehrstuhlinhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte gewesen sein.
Entschlossen gegen Hass und Hetze
183 Professorinnen und Professoren der Universität Greifswald stellen sich entschlossen gegen Hass und Hetze. In einem offenen Brief vom 8. Dezember positionieren sie sich entschieden gegen die Haltung und Äußerungen Webers und begrüßen die Reaktion des Rektorats. Die unterzeichnenden Professor:innen „treten jedem Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland entschieden, klar und deutlich entgegen“. Ausdrücklich distanzierten sie sich davon, dass jemand aus ihrer Mitte gegen die freiheitlich-demokratische Ordnung agitiere. „Unsere Universität ist eine weltoffene Universität. Sie spricht sich gegen Fremdenfeindlichkeit und diskriminierendes sowie extremistisches Gedankengut aus“, beschließen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner den Brief.
Wir haben den Artikel am 8.12.2021 um den Absatz „Entschlossen gegen Hass und Hetze“ ergänzt.
Quellen
- Ostsee-Zeitung (Hg.): Protest gegen Corona-Maßnahmen in Wolgast: 450 Teilnehmer gingen auf die Straße, auf: ostsee-zeitung.de (03.12.2021)↩
- KATAPULT MV (Hg.): 76 Prozent rechtsextrem, auf katapult-mv.de (24.07.2021)↩
- Ostsee-Zeitung (Hg.): Protest gegen Corona-Maßnahmen in Wolgast: 450 Teilnehmer gingen auf die Straße, auf: ostsee-zeitung.de (03.12.2021)↩
- Universität Greifswald (Hg.): Pressemitteilung „Befremden über Äußerungen eines Mitglieds der Universität Greifswald“, auf uni-greifswald.de/universitaet/information (04.12.2021)↩
- Universität Greifswald (Hg.): Pressemitteilung „Offener Brief: Wir treten jedem Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung entschieden entgegen“, auf uni-greifswald.de (08.12.2021).↩