Krieg in der Ukraine

Das Problem war die fehlende Garantie

Die 65 Mädchen und Jungen, die aus einem Kinderheim im ukrainischen Kropywnyzky nach Mecklenburg-Vorpommern evakuiert werden sollten, kommen nun endgültig nicht nach Schwerin. Nach wochenlangen Verhandlungen zwischen der Landeshauptstadt, der Heimleitung und ukrainischen Ministerien gilt die Kommunikation als gescheitert. Nach Angaben des ukrainischen Kinderschutzdienstes seien die Kinder aber vorerst in ein anderes europäischen Land gebracht worden.

Zusammen mit ihren Betreuer:innen sollten sie eigentlich schon längst in Mecklenburg-Vorpommern angekommen und in einer Herberge bei Schwerin untergebracht worden sein: 65 Waisenkinder aus Kropywnyzky, einer Stadt mitten in der Ukraine, etwa 300 Kilometer südlich von Kyjiw. Dafür hatte sich eine private Initiative aus Schwerin zusammen mit der Landeshauptstadt kurz nach Beginn des Angriffskrieges eingesetzt. 

Kommunikation mit ukrainischen Behörden wurde beendet

Nach zwei Anläufen, die Kinder Mitte März aus dem Kriegsgebiet abzuholen, und mehreren Verhandlungen – zuletzt mit der ukrainischen Botschaft und zuständigen Ministerien – wurden die Bemühungen von Seiten Schwerins und den privaten Helfer:innen Anfang April beendet. Nach Angaben von Stadtsprecherin Michaela Christen heißt es: „Wir konnten die Plätze einschließlich 24-Stunden-Betreuung nicht für weitere Wochen freihalten und gleichzeitig Familien auf Feldbetten schlafen lassen.“ In die freigehaltene Herberge seien Familien aus der Notunterkunft umgezogen.

Bürokratie überwiegt trotz Angriffskrieg

Zuerst hatte der Bürgermeister von Kropywnyzky Bedenken am Vorhaben geäußert und so den Transport verhindert. Er forderte eine schriftliche Erklärung von Schwerin, dass die Kinder nach Kriegsende wieder zurückgebracht werden. Das lehnte die Stadt ab. 

Daraufhin kam vom Nationalen Sozialdienst der Ukraine (NSSU), der für die Koordination von Ausreisen verantwortlich ist, auch offiziell eine Absage für die Ausreise. Als Begründung nannte sie fehlerhafte Dokumente, die eingereicht worden sind. 

Lesya Vasilchenko, Leiterin der Freiwilligenorganisation „Star Life“, die den Antragsprozess in der Ukraine koordinierte, versicherte gegenüber Katapult Ukraine, dass man alles nötige nach geltenden Gesetzen eingereicht habe: „Wir bekamen von der Leitung des Waisenhauses einen Evakuierungsbefehl. Auch haben wir die Genehmigung der Stadtverwaltung eingeholt. Dann haben wir uns beim Nationalen Sozialdienst der Ukraine in Kyjiw beworben, in der Hoffnung, das dritte und letzte Dokument zu erhalten – ihre Erlaubnis.“

Nach wochenlanger Wartezeit kam dann die Ablehnung ohne eine konkrete Begründung: „Wir können nicht sagen, was falsch ist. Die Evakuierung von Kindern ist somit nicht möglich“, hieß es in einem Antwortschreiben. 

Garantie auf Rückführung fehlte

Daraufhin wandte sich Katapult Ukraine an die NSSU und bat um eine offizielle Stellungnahme zur Situation. Laut des stellvertretenden Leiters, Volodymyr Vovk, gebe die NSSU gar keine Genehmigung. Diese könne nur von der Militärverwaltung vor Ort gegeben werden. Der Sozialdienst prüfe lediglich, ob alle Dokumente korrekt seien. Liegen nicht alle relevanten Unterlagen vor, müsse immer wieder nachgebessert werden, so Vovk weiter. Im Falle der Evakuierung der 65 Mädchen und Jungen aus Kropywnyzky hatte es zunächst die Bestätigung der zuständigen Militärverwaltung gegeben. Diese wurde sogar schon vom Leiter des Nationalen Sozialdienstes der Ukraine unterzeichnet, jedoch zur Korrektur einiger Mängel zurückgegeben. Ein neuer Antrag kam nicht an. Möglicherweise habe sich die Verwaltung zwischenzeitlich umentschieden, so Vovk. Was genau die Mängel waren, gab er nicht an.

Darüber konnte nun die Leiterin des Kinderschutzdienstes der Militärverwaltung des Gebiets Kirowograd, Natalia Chernyavska, Aufschluss geben. Das Hauptproblem war „der Mangel an Garantien für die Rückkehr von Kindern in die Ukraine nach dem Krieg. Dementsprechend genehmigte der Sozialdienst das von ihnen vorgelegte Dokumentenpaket nicht“. Ausdrücklich betonen möchte Chernyavska, dass „niemand persönliche Konflikte mit der Stiftung und ihrem Vorschlag hatte“.

Kinder in ein anderes europäisches Land gebracht

Dass es mit für die zuständigen Behörden korrekt eingereichten Unterlagen (und Garantien) funktionieren kann, weiß Chernyavska. Denn die Kinder konnten nach ihren Angaben mittlerweile evakuiert werden. Sie seien bereits in ein anderes europäisches Land gebracht worden: „Ich werde nicht sagen, wohin. Aber ich versichere Ihnen, dass sie sicher sind.“

Autor:innen