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Interview

Drei Fragen – drei Antworten … mit Benedikt Spangardt

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Lesedauer: ca. 3 Minuten

Porträt von Benedikt Spangardt, Sprecher des Havariekommandos. Zitat: “Ölverschmutzungen in deutschen Gewässern finden wir etwa bei jedem zwölften Flug.”

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KATAPULT MV: Seit der Reportage unseres freien Autors ist einige Zeit vergangen. Derzeit wird an den Flugzeugen die Technik umgestellt. Was genau wird da erneuert und wozu?

Benedikt Spangardt: Wir haben zwei Flugzeuge, das eine ist schon modernisiert, das andere ist jetzt an der Reihe. Sie werden auf den neuesten Stand der Technik gebracht: Es gibt Softwareupdates, der Hauptsensor – das sogenannte Seitensichtradar – wird verbessert und neue Kameras in höherer Auflösung werden eingebaut. Für den Operator, also das dritte Besatzungsmitglied neben den beiden Piloten, der diese Technik beim Flug bedient, ist dann alles einfach benutzerfreundlicher. Neu ist auch die Möglichkeit, Videos von den Kameras live in das Maritime Lagezentrum zu streamen. Das ist besonders bei Havarien hilfreich.

Wie oft gibt es Einsätze bei Havarien im Vergleich zu Ölüberwachungsflügen?

Seltener. Die Piloten fliegen planmäßig an die 700-mal im Jahr zur Kontrolle von Nord- und Ostsee auf Umweltverschmutzungen. Aber die Flugzeuge sind für uns auch bei Havarien ganz wichtig, weil sie zum Beispiel Unfallstellen überfliegen und sie uns darüber Bildmaterial zukommen lassen und wir dann schneller reagieren können.

Statistisch betrachtet passieren Havarien, in denen das Havariekommando zum Einsatz kommt, so vier- bis zehnmal im Jahr. In diesem hatten wir bisher zwei – beide in der Nordsee: Anfang Februar lief das Containerschiff „Mumbai Maersk“ vor Wangerooge auf Grund. Und im Januar trieb die „MS Vienna“ quasi antriebslos bei Sturm in der Nordsee und drohte, auf Helgoland zu stranden. In beiden Fällen kam auch die DO 228 zum Einsatz.

Ölverschmutzungen in deutschen Gewässern dagegen finden wir etwa bei jedem zwölften Kontrollflug. Es gibt noch mehr, weil wir auch dänische, schwedische und niederländische Gewässer überfliegen und wenn da was ist, informieren wir natürlich dort die Behörden. Das passiert andersrum auch. So wird das Überwachungsnetz noch engmaschiger.

Fliegen Sie immer die gleichen Routen zu diesen Ölkontrollen oder wird aus taktischen Gründen öfter mal ein anderer Kurs geflogen?

Es gibt verschiedene Routen – so, dass die Gebiete, in denen Schiffsverkehr herrscht, gut abgedeckt sind. Der Primärsensor, das schon erwähnte Seitensichtradar, kann aber generell auf beiden Seiten bis zu 40 Kilometer weit schauen und Ölflächen erfassen. Normalerweise ist das Wasser immer ein bisschen bewegt. Öl glättet es und das Radar erfasst diese Stellen. Die Flugzeuge fliegen übrigens auch nachts. Wir wollen so mehr Präsenz erreichen. Denn wir merken, dass das schon zur Abschreckung reicht. Die Besatzung auf den Schiffen sollte eben nicht auf See anfangen, ihre Tanks zu spülen oder ihren Müll zu entsorgen. Und schon allein, dass man weiß, dass es Kontrollflüge gibt, hält viele offenbar davon ab.

Foto von dem Ölüberwachungsflugzeug DO228 im Einsatz.
Das Ölüberwachungsflugzeug DO228 im Einsatz.

- das Havariekommando gibt es seit 2003, es ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes (gehört zum Bundesverkehrsministerium) und der fünf Küstenländer und hat seinen Sitz in Cuxhaven

- es verfügt über zwei Flugzeuge vom Typ Dornier DO 228

- beide sind stationiert in Nordholz, weil die Maschinen von Piloten der Bundesmarine geflogen werden

- die Rechtsgrundlage für die Ölüberwachung ist das sogenannte Marpol-Abkommen von 1973, ein internationales Übereinkommen zur Verhütung von Meeresverschmutzung

- Überwachungsflüge pro Jahr: planmäßig circa 700


(Fotos: Havariekommando)

Dieser Artikel erschien in der November-Ausgabe von KATAPULT MV.

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Autor:innen

Redaktionsleitung bei KATAPULT MV.

Ist in Greifswald geboren, hat in Augsburg studiert und zog für den Lokaljournalismus wieder zurück nach Meck-Vorp.

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