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Zeichen für Humanität

Grünes Licht für Geflüchtete

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Der polnische Grenzübergang Linken soll am Abend grün erleuchten. Dafür hat Initiator Michael Steiger aus Greifswald gut zwei Dutzend LED-Lampen besorgt. Gleichzeitig soll auch die Fassade der Staatskanzlei in Schwerin angestrahlt werden. „Die einen machen die Grenze grün, über die die Menschen rüberkommen sollten, die anderen das Gebäude, wo das entschieden wird!“, sagt Steiger.

Es geht um die Situation Tausender Menschen, die derzeit an der polnisch-belarusischen Grenze festsitzen. Zusammen mit Helfer:innen aus Stralsund, Rostock, Neubrandenburg und Parchim sammelt die Greifswalder Gruppe schon seit Wochen Geld- und Sachspenden. 4.000 Euro sowie Handys, Kleidung und andere Dinge des täglichen Bedarfs sind bereits zusammengekommen. Die Spenden geben sie an Kontaktpersonen aus Polen weiter, die sie dann an die polnisch-belarusische Grenze bringen und verteilen.

Situation vor Ort

Seit Monaten versuchen Tausende Migrant:innen von Belarus aus in die EU zu kommen. Laut polnischer Regierung befinden sich derzeit rund 7.000 Menschen aus Afghanistan, dem Irak, Iran, Jemen und Syrien im Grenzgebiet. Viele von ihnen sind vorerst in einer Lagerhalle untergebracht, andere halten sich nach wie vor in den Wäldern auf. Mehrere Menschen sollen auf der Flucht im polnisch-belarusischen Grenzgebiet durch Unterkühlung und Erschöpfung bereits ihr Leben verloren haben.

Die Europäische Union beschuldigt den belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko, Flüchtlinge aus Krisenregionen systematisch an die EU-Außengrenze zu bringen, um politischen Druck auszuüben – als Reaktion auf verschärfte Sanktionen gegen sein Regime.

Entlang der Grenze gibt es einen etwa drei Kilometer breiten abgeschirmten Korridor. Polen erschwert sowohl Presse als auch Hilfsorganisationen den Zutritt. Auch die Unterstützung der EU-Grenzschutzagentur Frontex nimmt Warschau trotz Drängens der EU-Kommission nur sehr begrenzt an. Migrant:innen, die es trotz Tausender polnischer Soldaten ins Land schaffen, werden Berichten zufolge nach Belarus zurückgedrängt. Hilfsorganisationen sehen das internationale Recht auf ein Asylverfahren ausgesetzt.

So müssen die freiwilligen Helfer:innen vor Ort zum Teil im Untergrund agieren. Zu einigen von ihnen hat der Greifswalder Michael Steiger Kontakt, übergibt ihnen in regelmäßigen Abständen die gesammelten Gelder und Sachspenden.

Hilfe vor Ort kommt auch von einigen Anwohner:innen in der polnischen Grenzregion. Dort, wo ein Licht leuchtet, können Geflüchtete auf Unterstützung hoffen – etwa in Form von Kleidung, Essen oder Strom, um Handys aufzuladen. 

Dieses Zeichen soll mit der Aktion #GrünesLichtFürAufnahme aufgegriffen werden.

Aktionsaufruf geht an alle

„Wir sehen eine katastrophale Situation, in der Menschen für einen politischen Machtkampf instrumentalisiert werden“, sagt Anita Völlm von der Partnerschaft für Demokratie, einem städtischen Projekt aus Greifswald. „Auch hier gibt es Initiativen, die für Solidarität und Unterstützung ein Zeichen setzen wollen.“ Es sollen so viele grüne Lichter leuchten wie möglich. Greifswald zum Beispiel habe sich zu einem sicheren Hafen erklärt, führt sie noch an. Mit der Aktion der grünen Lichter könne noch einmal deutlich gezeigt werden, dass Greifswald dazu stehe.

Landes- und bundesweit machen zahlreiche Initiativen und private Zusammenschlüsse mit. Denn: Der Appell ist auch an die Bundesregierung gerichtet. Von den Hauptorganisatoren des Aktionsbündnisses Seebrücke heißt es: „Statt Fliehende aufzunehmen und humanitäre Korridore zu schaffen, hält die EU an ihrer mörderischen Abschottung fest und baut mehr Zäune und Mauern um Europa. Insbesondere der Ampel wollen wir sagen: Übernehmt Verantwortung und nehmt die Menschen endlich auf!“

Neue Staatsministerin für Migration war schon vor Ort

Reem Alabali-Radovan, die neue Staatsministerium für Migration, Flüchtlinge und Integration, war in der vergangenen Woche (da noch als Mitglied des Bundestages) mit drei weiteren Abgeordneten an die polnisch-belarusische Grenze gereist, um sich vor Ort ein Bild über die aktuelle Lage zu machen: „Wir haben heute auf polnischer Seite viele beunruhigende Eindrücke sammeln können. Eins ist klar: Mit jedem Tag steigt die Gefahr, dass Menschen - u.a. Kinder - an unseren europäischen Grenzen erfrieren. Das dürfen wir nicht zulassen!“, schrieb sie daraufhin auf Twitter. Es müssten jetzt schnell Lösungen gefunden werden, um den Menschen zu helfen.

Bis dahin sollen laut dem Seebrücke-Aktionsbündnis so viele grüne Lichter an so vielen Stellen leuchten wie möglich. Als Mahnung und damit die aktuelle Situation an den Außengrenzen der EU nicht vergessen wird.

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Autor:innen

Redaktionsleitung bei KATAPULT MV.

Ist in Greifswald geboren, hat in Augsburg studiert und zog für den Lokaljournalismus wieder zurück nach Meck-Vorp.

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