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Fahrradstraße in Rostock

„Jeder gegen jeden und keiner gibt nach“

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Lesedauer: ca. 3 Minuten

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„Ich wurde (...) dort genötigt, abgedrängt und überholt. Dann an der Ampel, als ich den Fahrer nett drauf hinweisen wollte, dass es eine Fahrradstraße sei, auch noch beleidigt“, kommentiert eine Instagramnutzerin die Situation auf der Rostocker Fahrradstraße. 

Seit Mai 2022 läuft das Projekt. Zunächst in einer einjährigen Testphase, die nun verlängert wurde. Das Amt für Mobilität ist überzeugt, dass die Fahrradstraße mehr Klarheit in den Verkehr gebracht habe. Auch „konnten Gefahrensituationen zwischen ein- und ausparkenden sowie abbiegenden PKW und Radfahrenden reduziert werden“, heißt es.

2022 mehr Unfälle erfasst

Für das Jahr 2022 erfasste die Polizeiinspektion Rostock für die Lange Straße acht Verkehrsunfälle, an denen Radfahrerinnen beteiligt waren. 2020 waren es sechs Unfälle. 2021 nur einer. Dabei handele es sich um natürliche Schwankungen, so die Einordnung der Polizei. Die gestiegene Unfallzahl lasse keinen Zusammenhang mit der Einführung der Fahrradstraße erkennen. Bis zum 31. März wurden 2023 keine Verkehrsunfälle mit Radfahrerinnen verzeichnet.

Die Hauptunfallursachen waren in den zurückliegenden Jahren die verbotswidrige Benutzung der Fahrbahn oder anderer Straßenteile wie Gehwege und Radwege sowie Fehler beim Abbiegen, teilt die Polizeiinspektion mit.

Gefühlt wurde ist es jetzt noch schlechter als vorher. Ich sage das aus der Sicht eines Radfahrers und Autofahrers.
Timo Roth via Instagram

Anwohnerinnen sind frustriert. „Alle verhalten sich doof, Autofahrer rücksichtslos und Radfahrer entweder so ängstlich und defensiv (...) oder so gegen alle Regeln, dass es die Autofahrer nur noch mehr aufbringt. Ein anderer Nutzer schreibt, dass „einige Fahrradfahrende (Autofahrer auch) der Meinung [sind], dass dort ein rechtsfreier Raum entsteht“. So würden Vorfahrtsregeln von beiden Parteien missachtet und Autofahrerinnen verhielten sich genervt, wenn vor ihnen Radfahrerinnen auf der Straße unterwegs seien.

Neben aller Kritik werden auch konstruktive Vorschläge zur Verbesserung der Situation genannt. So schreibt ein Nutzer bei Facebook, dass die Höchstgeschwindigkeit in der Fahrradstraße auf 20 km/h beschränkt werden sollte und zusätzlich Bremsschwellen installiert werden könnten.

Keine Bremsschwellen in der Fahrradstraße

Die Stadt Rostock zieht diese Möglichkeit zur Regulierung der Geschwindigkeit jedoch nicht in Betracht, weil der „bauliche Eingriff sehr umfangreich wäre“. In beide Verkehrsrichtungen müssten mehrere Aufpflasterungen eingebracht werden, um eine Wirkung zu entfalten, heißt es aus dem Rathaus. Stattdessen sind zusätzliche Piktogramme auf der Fahrbahn geplant. Sie sollen nach jeder einmündenden Nebenstraße deutlich auf die Fahrradstraße hinweisen.

Außerdem sollen die Fahrbahnen in der Langen Straße durch eine linksseitige Fahrbahnbegrenzungslinie verengt werden, um ein Überholen unmöglich zu machen. Die Pläne zur Umsetzung liegen aktuell bei der Verkehrsbehörde zur Anordnung. „Wir gehen davon aus, dass die derzeit breit wirkende Fahrbahn durch die Markierung optisch verschmälert und unzulässige Überholvorgänge reduziert werden. Ob eine solche Linie als ausreichendes Hindernis wahrgenommen wird, bleibt allerdings fraglich. Auch die Stadt selbst verweist darauf, dass eine Wirkung erst nach erfolgter Umsetzung feststellbar ist.


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Fußnoten

  1. Direktnachricht via Instagram vom 6.4.2023.
  2. Hanse- und Universitätsstadt Rostock (Hg.): Lange Straße bleibt Fahrradstraße, auf: rathaus.rostock.de (3.4.2023).
  3. Autor verwendet generisches Femininum.
  4. E-Mail der Polizeiinspektion Rostock vom 25.4.2023.
  5. Telefonat mit Martin Ahrens, Polizeiinspektion Rostock, am 26.4.2023.
  6. Die Erhebung ist vorläufig.
  7. Direktnachricht via Instagram vom 6.4.2023.
  8. Direktnachricht via Instagram vom 7.4.2023.
  9. Facebookkommentar vom 7.4.2023.
  10. E-Mail der Pressestelle der Hanse- und Universitätsstadt Rostock vom 18.4.2023.
  11. Ebd.
  12. E-Mail der Pressestelle der Hanse- und Universitätsstadt Rostock vom 26.4.2023.

Autor:innen

ist KATAPULT MVs Inselprofi und nicht nur deshalb gern am Wasser. Nutzt in seinen Texten generisches Femininum.

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