Filmfest im Rostocker Stadthafen

Zwischen Rotlicht und Blaulicht

Augen auf, Ohren gespitzt. Es geht um Sexarbeit. Ein Thema, das in der Gesellschaft momentan noch negativ behaftet ist. Der Kurzfilm „Lilalicht“ möchte eine realitätsnähere Perspektive geben und gewährt Einblicke in die Welt der Sexarbeit.

Fast jede:r tut es, ob alleine oder zusammen: Sex. Eine allgemeine Akzeptanz für Sexarbeit sucht man jedoch vergeblich. Darunter leidet die Sexarbeit, die immer wieder mit Negativschlagzeilen zu kämpfen hat, sagt Anna Wagner. Die Regisseurin möchte mit ihrem Kurzfilm Lilalicht eine positivere Seite beleuchten und aufzeigen, dass Menschen aus diesem Berufsfeld allen Schichten der Gesellschaft angehören. Im Dokumentarstil filmt sie an Orten, an denen Sexarbeit praktiziert wird.

Dieser Kurzfilm lebt von den Erfahrungen der Sexarbeiter:innen. Dazu erhalten Sexarbeiterin Nadine Kopp und Sexualbegleiter Thomas Aeffner Raum, um ihre Erlebnisse zu teilen. Zusätzlich bindet Anna Wagner das Buch Mein Huren-Manifest. Inside Sex-Business der Sexarbeiterin Undine de Riviere ein, die für ein Umdenken hin zu einem akzeptierten Beruf plädiert: „Die meisten Kolleginnen, die ich kennengelernt habe, sind selbstbewusste Frauen, die sehr genau wissen, was sie wollen.​​“

Überzeugend ist die Verbindung der Bilder von Orten wie dem Pascha in Köln mit der textlichen Gestaltung. Die Bilder als solche sind klischeebeladen, aber Wagner erinnert mit der Einbettung von vertonten Aussagen wie „Wir haben unterschiedliche Geschichten“ und „Wir sind keine besseren oder schlechteren Menschen“ an die Normalität der Personen. Dadurch werden der Thematik die Klischeebilder genommen, da das Auftauchen von real existierenden Menschen eine Nähe schafft und den abstrakten Begriff „Sexarbeit​​“ aufweicht.

Der Titel des Films, Lilalicht, ist dabei clever gewählt. Sexarbeiter:innen wandeln zwischen dem Rotlicht und der Polizei, die mit Blaulicht assoziiert wird. Es ist stets ein schmaler Grat zwischen dem Beruf und der Legalität. Seit 2017 sind Sexarbeiter:innen verpflichtet, sich zu registrieren und eine halbjährliche Beratung zu erhalten. Da viele Menschen, die diesen Beruf ausüben, anonym bleiben wollen, ist die Gefahr stets hoch, entdeckt zu werden und Strafen zu riskieren. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gab es 2020 in Deutschland 24.940 Sexarbeiter:innen.

Lilalicht ist ein Kurzfilm, der eine andere Perspektive offenbart und die Bandbreite von Sexarbeiter:innen darstellt. Nicht jede:r ist gezwungen, diesen Beruf auszuüben. Wer eine andere Sichtweise erleben möchte, sollte sich diesen Kurzfilm anschauen.Diese Rezension entstand im Rahmen der unabhängigen filmab!-Redaktion zum FiSH-Filmfest im Stadthafen Rostock vom 28. April bis 1. Mai 2022 in Kooperation mit KATAPULT MV. Hier stellen sich die jungen Redakteur:innen vor: Das ist die filmab!-Redaktion 2022. 

Quellen

  1. Undine de Riviere (2017) Mein Huren-Manifest. Inside Sex-Business. Heyne Verlag, München.
  2. Statistisches Bundesamt (Hg.): Ende 2020 rund 24 900 Prostituierte bei Behörden angemeldet, auf: destatis.de (1.7.2021).

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