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Luftqualität in MV

Bitte atmen Sie weiter: Die Luft ist rein

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Lesedauer: ca. 5 Minuten

Gemessen wird in Meck-Vorp an ganz unterschiedlichen Stellen – das schlägt sich auch in den Ergebnissen nieder.

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Gute Luft im Norden! Der Vorabbericht zur Luftqualität in MV für das Jahr 2020 vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG MV) bestätigt: Die Belastung durch Stickstoffdioxid ist in den Städten sogar weiter zurückgegangen.

Im Jahr 2020 traten laut LUNG MV keine Grenzwertüberschreitungen für Feinstaub und Stickstoffdioxid in Mecklenburg-Vorpommern auf. Die Werte waren an allen Messstationen ausgesprochen niedrig, was einerseits an den günstigen Wetterbedingungen, andererseits auch an den Maßnahmen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie lag. Weniger Verkehr bedeutet eben auch weniger Emissionen.

Luftverschmutzung: die Ursachen

Doch nicht nur der Verkehr, ob zu Land, Wasser oder in der Luft, stößt Partikel aus. Feinstaub kann auch aus natürlichen Quellen stammen oder durch den Menschen verursacht werden. 

Zu den natürlichen Quellen für Partikel und Gase (im Speziellen Stickstoffdioxid, NO2) zählen: 

  • Bodenpartikel
  • Mineralstaub
  • Seesalze
  • Pollen
  • Vulkane
  • Waldbrände
  • Mikrobiologische Prozesse in Böden und bei Vulkanausbrüchen

Zu den anthropogenen, also von Menschen geschaffenen, Quellen zählen:

An der Straße vs. auf dem Land: Standort der Messstationen entscheidend für Ergebnis

In Städten ist vor allem der Straßenverkehr für Partikelemissionen bedeutsam. Dabei gelangt Feinstaub erstens aus Motoren in die Luft, zweitens als Bremsen- und Reifenabrieb und drittens als aufgewirbelter Staub von Straßenoberflächen. Je heißer und trockener es ist, desto dicker also die Luft. Und bekanntermaßen steht die Luft in den Städten aufgrund höherer Gebäude und asphaltierter Straßen mehr als auf dem Land. Der sogenannte Wärmeinseleffekt sorgt also dafür, dass der Feinstaubwert in Neubrandenburg höher ist als in Göhlen. In Neubrandenburg lag der Wert für Feinstaub PM10 innerhalb von 24 Stunden im Schnitt bei 18 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft und lag noch einige Mikrogramm vom Tagesgrenzwert 50 Mikrogramm entfernt. Der niedrigste Wert, mit 5,8 Mikrogramm pro Kubikmeter, wurde in Göhlen gemessen. In Neubrandenburg wird an der vielbefahrenen Woldegker Straße gemessen, in Göhlen hingegen ist es eine ländlich gelegene Station, am Rande der Wohnbebauung, neun Kilometer westlich von Ludwigslust, mit entsprechend geringem Verkehrsaufkommen.

Eine weitere wichtige Quelle für die Feinstaubbelastung ist die Landwirtschaft. Primärer Staub wird bei der Feldarbeit erzeugt, die besonders im Sommer für schlechte Sicht auf Landstraßen und Autobahnen sorgt. Aber auch Emissionen aus der Tierhaltung tragen zur Belastung bei. Das sorgt dann auch im ländlichen Bereich für messbare Feinstaubkonzentrationen, die mal mehr, mal weniger stark ausfallen.

Messstationen in Meck-Vorp

In Meck-Vorp ist das LUNG MV die zuständige Behörde für die Überwachung und den Betrieb der Messstationen. Grundlage hier für ist die EU-Luftqualitätsrichtlinie. Neben Neubrandenburg und Göhlen gibt es noch 14 weitere Messstationen in Meck-Vorp, fünf alleine in und um Rostock. Die Anzahl ergibt sich aus der Kombination von Einwohnerzahl und Belastungssituation. Das schnelle Wachstum der Stadt nach der Wende und das dadurch größere Verkehrsaufkommen hat in Rostock dafür gesorgt, dass 2008 der Luftreinhalteplan in Kraft treten musste. Seit 2015 werden die geltenden Grenzwerte eingehalten. Die anderen neun Stationen liegen in Schwerin, Stralsund (Landkreis Vorpommern-Rügen), Wismar (Landkreis Nordwestmecklenburg), Güstrow (Landkreis Rostock), Garz (Vorpommern-Rügen), Gülzow (Mecklenburgische Seenplatte), Leizen (Mecklenburgische Seenplatte) und Löcknitz (Vorpommern-Greifswald). Eine flächendeckende Überwachung oder eine Messverpflichtung in einzelnen Städten und Gemeinden ist in der europäischen Richtlinie nicht vorgesehen.

Kritik an den Messungen in Rostock: Hafenstädte leiden unter Hintergrundbelastung

Auch wenn die Ergebnisse der vom LUNG MV betriebenen Stationen grünes Licht in Sachen Luftqualität geben, gibt es auch Kritik. 2019 erschien die ARD-Dokumentation „Dreckige Brise: Traumschiffe als Umweltverschmutzer?“ in der thematisiert wurde, wie gefährlich Stickoxide, Schwefel und vor allem der Ultrafeinstaub sind. Axel Friedrich, Experte für Luftverschmutzung und ehemaliger Abteilungsleiter im Umweltbundesamt, kritisiert darin das Messverfahren. „Es wäre besser, die Anzahl der Partikel zu messen und nicht das Gewicht“, erklärt er. Denn ultrafeine Staubpartikel würden fast nichts wiegen und die Messmethode des LUNG MV bestehe nun einmal im Wiegen der Partikel.

Der Naturschutzbund (Nabu) hat ebenfalls in verschiedenen Hafenstädten gemessen und überall gaben die Werte Anlass zur Sorge. Sie liegen in den Abgasfahnen der Schiffe teilweise mehr als hundertfach über der ortsüblichen Partikelkonzentration, der sogenannten Hintergrundbelastung. Während also rund 1.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft als unbedenklich gelten können, fanden sich an den Hafenterminals stellenweise über 400.000 Partikel. Das entspricht einer Schadstoffbelastung, die selbst die Luftverschmutzung an stark befahrenen Straßen und großen Verkehrsachsen um das Fünfzig- bis Achtzigfache übersteigt.

Gesundheitliche Auswirkungen: Restrisiko bleibt

Das Problem mit Feinstaub ist, dass die Partikel, je nach Größe, über die Lunge bis in die Blutgefäße vordringen können. Nase, Mund und Rachen halten Teilchen, die größer als 10 Mikrometer sind, zurück. Partikel zwischen 10 und 2,5 Mikrometern (PM10 – 2,5) erreichen zu einem geringen Prozentsatz die kleineren Bronchien und Lungenbläschen. Für Partikel unter 2,5 Mikrometern Durchmesser (PM2,5) ist die Wahrscheinlichkeit, in die Lungenbläschen zu gelangen und dort eingelagert zu werden, höher. Die Partikel haben aber noch einen anderen gesundheitsgefährdenden Effekt: An ihrer Oberfläche können sich Schwermetalle oder krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) anlagern. Je kleiner die Partikel sind, an denen solche Stoffe haften, desto tiefer gelangen auch die anhaftenden Komponenten in die Atemwege. Aktuell gibt es jedoch keine Anzeichen für ein erhöhtes Aufkommen von Lungenkrankheiten in Meck-Vorp.

Dank der Pandemie und den immer besser werdenden Filtertechniken hat Meck-Vorp in puncto Luftqualität auf jeden Fall einen weiteren großen Schritt nach vorne gemacht. Bleibt zu hoffen, dass die Entwicklung in diese Richtung weitergeht. Dann kommen sicher auch weiterhin die Touristen ins Land – aber hoffentlich nicht mit dem Flugzeug.


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Fußnoten

  1. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG MV): Jahresbericht zur Luftgüte 2020, auf: lung.mv-regierung.de (19.01.2021)
  2. Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern: Luftgüte MV 2020 – Erneut keine Grenzwertüberschreitungen, auf: regierung-mv.de (26.01.2021)
  3. Deutscher Wetterdienst (DWD): Luftqualität, auf: dwd.de (01.07.2021)
  4. Als Feinstaub ⁠PM10⁠ bezeichnet man Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer (µm). Von diesen Partikeln besitzt ein Teil einen Durchmesser, der kleiner ist als 2,5 µm.
  5. Umweltbundesamt: Feinstaubbelastung in Deutschland, auf: remscheid.de (Mai 2009)
  6. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG MV): Luftreinhalte- und Aktionsplan für die Hansestadt Rostock, auf: regierung-mv.de (Oktober 2008, Neuauflage 2015)
  7. Umweltbundesamt: Luftmessnetz: Wo und wie wird gemessen?, auf: umweltbundesamt.de (11.07.2019)
  8. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG MV): Messverfahren zur Ermittlung der Konzentrationen in der Luft, auf: lung.mv-regierung.de (01.07.2021)
  9. Naturschutzbund (NABU): Nabu misst Luftverschmutzung in Häfen und auf Schiffen, auf: nabu.de (01.07.2021)

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