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Wahlcheck MV

Moore wiedervernässen?

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Meck-Vorp ist zu etwa zwölf Prozent von Mooren bedeckt, das sind rund 288.000 Hektar Landesfläche. Davon waren aber Anfang der Neunzigerjahre nur noch drei Prozent nass. Mit Moorschutzkonzepten wurde seitdem Schritt für Schritt die Wiedervernässung vorangetrieben. Flächen konnten umgewidmet werden, der Wasserstand wurde wieder angehoben. Mittlerweile sind landesweit knapp 26.000 Hektar wiedervernässt.

Nasse Moore speichern den Kohlenstoff aus Treibhausgasen wie CO2 und können enorme Mengen Wasser aufnehmen. So dienen sie bei immer weiter ansteigendem Meeresspiegel auch als Küsten- und Hochwasserschutz. Zudem gelten sie als Lebensraum vieler seltener und bedrohter Tierarten. Demgegenüber steht, dass wiedervernässte Flächen nicht mehr für eine konventionelle Landwirtschaft zur Verfügung stehen, für die sie insbesondere in den 1950er- und 1960er-Jahren trockengelegt wurden. Immerhin arbeitet die Forschung seit Jahren daran, wie man wiedervernässte Moore auch landwirtschaftlich nutzen kann. Solche Projekte werden bislang jedoch nur wenig gefördert. So ist die sogenannte Paludikultur für die meisten Landwirt:innen finanziell noch ziemlich unattraktiv.

Was halten die einzelnen Parteien in Meck-Vorp von der Wiedervernässung von Mooren? 

Hier die Aussagen aus den Landeswahlprogrammen:

SPD: ja

„Unser Ziel ist, dass Mecklenburg-Vorpommern bis 2040 vollständig klimaneutral wird. Dabei kommt dem Schutz unserer Wälder, unserer Moore und des Wassers eine besondere Bedeutung zu. [...] Die MoorFutures als ökologisches Wertpapier stellen inzwischen einen nationalen und internationalen Exportschlager Made in MV dar. [...] Wir können mit der Entwicklung einer Moor-Umnutzungsstrategie, hin zu mehr renaturierten Standorten, erheblich zur Senkung der Treibhausgasemissionen aus entwässerten Mooren beitragen. Da die trockengelegten Moorböden die größte Treibhausgasquelle Mecklenburg-Vorpommerns sind, trägt die Wiedervernässung zur Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 bei und hilft unserem Bundesland, noch vor diesem Zeitpunkt klimaneutral zu werden. Dazu sollen in einem Übergangszeitraum bis 2025 die Nutzung von Paludikulturen (Nutzpflanzen auf nassen Moorstandorten) wirtschaftlich gestaltet und Anreize für die stoffliche und energetische Verwertung geschaffen werden.“

Piratenpartei: ja

In ihrem Parteiprogramm für Meck-Vorp finden sich keine konkreten Aussagen dazu. Auf Nachfrage sagt der stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes, Jan-Peter Rühmann:

„Die Wiedervernässung der Moore stellt eine wirksame Maßnahme zur Bindung von CO2 dar und ist somit eine Maßnahme des Klimaschutzes.“

FDP: ja

Auch in ihrem Landeswahlprogramm gibt es keine konkrete Position dazu. Außer:

„Eine nachhaltig betriebene Land- und Forstwirtschaft ist ein wichtiger Partner für den Naturschutz und den Fremdenverkehr.“ Und: „Klimaschutz und der Erhalt unserer natürlichen Ressourcen erfordern eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft und Fischerei und breitere Absatzmärkte für gesunde Lebensmittel aus regionaler Produktion, die sich im Wettbewerb mit plastikverpackten Produkten der Lebensmittelindustrie behaupten können.“

Auf Nachfrage per Mail antwortete uns der Öffentlichkeitsbeauftragte der Landes-FDP, Yannik Meffert:

„Ja: Durch den Zertifikatehandel sollen negative Emissionen eingepreist werden. Somit kann eine ökonomische Grundlage für die Wiedervernässung von Mooren geschaffen werden.“

Die PARTEI: ja

Konkret steht zum Moorschutz nichts in ihrem Parteiprogramm, nur:

„Unser Land wird zu einem Paradies für die Superreichen und Kriminellen dieser Welt werden. Wir legen zahlreiche Steuersümpfe im Land an, in denen das überflüssige Geld verschwindet.“

Auf unsere Nachfrage, ob Moore in Meck-Vorp wiedervernässt werden sollten, heißt es:

„Ja. Solange bis daraus Stauseen zur Energiegewinnung entstehen.“

Die Linke: ja

„Die Linke MV will die soziale Ausgestaltung der Energiewende. Wir wollen eine deutliche Ausweitung von Moor-Renaturierungsprojekten zur raschen und substantiellen Reduktion von Treibhausgasen aus entwässerten Moorstandorten. [...] Die Linke MV setzt sich dafür ein, dass in MV Renaturierungen von Moorflächen zeitnah in größerem Maßstab umgesetzt werden. Da es sich bei den zu renaturierenden Flächen vielfach um landwirtschaftliche Nutzflächen handelt, sollen Renaturierungsprojekte im Zusammenwirken mit den vor Ort wirtschaftenden Landwirt*innen umgesetzt werden. Diese sollen zudem keine finanziellen Nachteile aus den Renaturierungsmaßnahmen erfahren.“

Tierschutzpartei: ja

„Ja, wir möchten die Wiedervernässung voranbringen und Paludikultur stärken. Hier gibt es enorme Potenziale für eine gelingende Klimapolitik im Sinne des 1,5-Grad-Klimaziels. Wir streben dabei eine Vereinbarkeit von Wirtschaft, Sozialem, Tier- und Artenschutz mit Klimaschutz an“, heißt es auf Nachfrage.

Bündnis90/Die Grünen: ja

„Für eine bessere Nutzung der natürlichen CO2-Speicher in MV werden wir:

• das Landes-Moorschutzkonzept unter Einbeziehung landwirtschaftlich genutzter Flächen konsequent weiterentwickeln, fortschreiben und umsetzen.

• unsere Moore schnellstmöglich (im Mittel 8.500 Hektar/Jahr) und flächendeckend wiedervernässen und Land- und Forstwirte unterstützen, geeignete Flächen, basierend auf den Forschungsergebnissen der Universitäten Greifswald und Rostock zu Paludikulturen, wirtschaftlich nutzbar machen.

• wiedervernässbare Moorflächen grundsätzlich bei der Flächenausweisung für erneuerbare Energien nicht ausschließen, die positive Klimawirkung der Erneuerbaren jedoch gegen deren Einfluss auf die Wiedervernässung abwägen.“

FPA: ja

„Um die Flora und Fauna zu erhalten und zu schützen, müssen auch alte Ökosysteme wieder aufgebaut werden. Beispielsweise ist eine Wiedervernässung der Moore wichtig. Moore sind ein wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen und vor allem binden Moore CO2. Deshalb muss die Vernässung weiter vorangebracht und gefördert werden, da dies zusätzlich die landwirtschaftliche Produktion nicht einschränkt. Dieses Vorhaben steht beispielhaft für die Rückkehr zu naturnäherem Landbau.“

CDU: ja, aber ...

Die wohl uneinigste Partei zum Thema Moore wiedervernässen? ist die CDU. Während parteiintern im aktuellen Wahlkampf schon das eine oder andere Mal anklingt, dass die Wiedervernässung von Mooren zum Klimaschutz beitrage, geht der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor zusammen mit Parteikolleg:innen des Kreisverbandes Vorpommern einen entgegengesetzten Weg – und warnt Gemeinden vor den Gefahren neuer Naturschutzgebiete und einer Moorwiedervernässung. Allerdings auf falschen Grundlagen.

Spitzenkandidat Michael Sack sagte im Interview mit Tilo Jung:

„Wir reden über Moorflächen, die in der Vergangenheit durchaus auch landwirtschaftlich genutzt waren, zum Teil intensiv. Eines ist klar: Dass wir diese Moorflächen wieder so in Schuss bringen müssen, dass der Verfall der Moore, das heißt dieses Vermullen, dieser Rückgang des Torfkörpers, auch aufgehalten wird. Das ist ein wichtiger Punkt. Wofür ich mich aber einsetze, ist, dass wir ein Management auf diesen Flächen fahren, dass sie auch wieder genutzt werden können, und das ist glaube ich ein ganz spannendes Thema für die Zukunft. […] Dieses ‚Vernässung über alles‘ – das ist ein Mittel, das haben wir in der Vergangenheit gemacht. Ich glaube, diesen Flächenverbrauch, den wir dadurch hatten, damit sollten wir vorsichtiger umgehen, vielmehr versuchen, diese Flächen wieder in eine Art Nutzung reinzubringen. Denn durch die Nutzung haben wir auch eine unglaubliche Artenvielfalt da drin, Während bei der Vernässung durchaus auch Monokulturen, insbesondere Schilfmonokulturen entstehen. Und da muss man sich ganz genau anschauen, was für welche Fläche das Richtige ist. […] Es sind auch Nutzflächen, die wir vielleicht nicht ganz aufgeben sollten.“

Auf Nachfrage antwortet der Landesverband zusammenfassend:

„Wenn es nicht zu Beeinträchtigungen für die in der Region lebenden Menschen führt: Ja.“

AfD: ja, aber ...

Auch die AfD schreibt nichts zur Wiedervernässung in ihrem Landeswahlprogramm, ähnelt in ihrer Auffassung aber der CDU. So sagt der Landesvorsitzende Leif-Erik Holm:

„Ja. Aber: Eine Wiedervernässung in zu großem Umfang birgt große Gefahren für Infrastruktur und Bebauung und benachteiligt anliegende Flächeneigentümer. Sie sollte nur dort erfolgen, wo die Flächennutzung nachrangig ist.“

Die Wahlprogramme der Freien Wähler und der ÖDP sehen ebenfalls keine konkreten Maßnahmen zur Wiedervernässung von Mooren vor. Auf Nachfrage antworten beide Parteien aber mit „ja“. Die NPD hat sich auf Nachfrage bisher nicht geäußert.

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