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Forschung

Mecklenburg-Vorpommern hat ein Nierenproblem

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Rund 270.000 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern haben ein Nierenleiden oder ein hohes Risiko, an einem zu erkranken. Das ist das Ergebnis der Ship-Studie, einer Langzeit-Gesundheitsstudie der Universitätsmedizin Greifswald. Damit liegt der Wert deutlich über dem deutschlandweiten Durchschnitt von 10 Prozent.

Die Ursachen dafür sind vielfältig: vor allem Bluthochdruck, Diabetes (Typ 1 und 2) und genetische Faktoren, aber auch starkes Übergewicht und die Einnahme von Medikamenten spielten eine entscheidende Rolle, sagt Prof. Dr. Nicole Endlich, Medizinerin an der Universitätsmedizin Greifswald, spezialisiert auf Nierenforschung. Aktuell kommt noch eine weitere Ursache hinzu: Sars-CoV-2. Das Coronavirus kann Forschungen zufolge die Nieren beeinträchtigen, unter Umständen auch zum Organversagen führen, sagt die Forscherin. Woran das liegt, ist bislang noch unbekannt. Ebenso, welche Patient:innen besonders gefährdet sind.

Das große Problem sei laut Professorin Endlich, dass Nierenerkrankungen in der Regel lange schmerzfrei ablaufen und dadurch oftmals lange unerkannt bleiben. Dadurch könne sich bis zur Diagnose bereits ein nicht rückgängig zu machender Schaden entwickelt haben. Heilende Medikamente oder Therapiemöglichkeiten gibt es für die meisten Nierenerkrankungen noch nicht. Um stärker an Erkrankungen der Niere zu arbeiten, hat die Medizinerin 2017 einen Förderverein mit dem Namen „Save the Kidney“ gegründet. Damit soll standortübergreifend die Nierenforschung vorangetrieben werden. Bisher sind Wissenschaftler:innen und Nierenärzt:innen aus Greifswald, Hamburg, Hannover, Kiel und Rostock dabei. Weitere Interessent:innen seien wünschenswert, so Endlich.

Pilotstudie für eine schnelle personalisierte Diagnostik

Ein neues Projekt des Fördervereins ist eine Pilotstudie mit dem Namen „Personalisierte Nephrologie in Zeiten von Sars-CoV-2“, abgekürzt „PeNe_C19“. Sie soll helfen, modernste Analyseverfahren einzusetzen und eine Datenbank aufzubauen. Die Universitätskliniken Greifswald und Rostock arbeiten dabei eng zusammen. Ziel ist es, erstmals eine maßgeschneiderte, personalisierte Diagnostik zu erreichen. Dabei werden Patientendaten direkt ausgewertet und in einer Biodatenbank zusammengefasst. Damit falle auch der Umweg über Tierexperimente weg, erläutert Endlich. Mit der Studie bestehe die Chance, in den kommenden Jahren passende Medikamente zu finden und langfristig nachhaltige Therapien zu erstellen.

Die Studie ist zunächst auf zwei Jahre angelegt und wird vom Wirtschaftsministerium des Landes mit 500.000 Euro gefördert. Laut Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) sei es notwendig, „mit exakten Diagnosen mit modernsten Analysetechniken mehr Wissen zu generieren, um zukünftigen Organschäden vorzubeugen oder sie heilen zu können“.

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Autor:innen

Redaktionsleitung bei KATAPULT MV.

Ist in Greifswald geboren, hat in Augsburg studiert und zog für den Lokaljournalismus wieder zurück nach Meck-Vorp.

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