Notruf

Rechte in MV nötigen KATAPULT

Rechte, Rechtsextreme und Querdenker aus MV versuchen, KATAPULT einzuschüchtern. Mit erstem Erfolg. Die Lage ist kritisch. Wir wollen das nicht hinnehmen.

Telefon klingelt. Unser Bauunternehmer Nikolaj ruft an: „Benni, hier sind zwei Männer auf der Baustelle, die meinen, wir müssen aufhören zu arbeiten.“ Ich frage, ob diese Leute Polizeiuniform tragen. „Nein, das ist keine Polizei.“

Einen Tag später das gleiche Spiel. Diesmal kommen sie mit Verstärkung. Eine Gruppe Männer nötigt unsere Bauarbeiter, die Arbeit einzustellen. Sie maßen sich an, auf einem fremden Grundstück Befehle zu erteilen.

Warum? Die Männer vermuten, dass wir ein Geflüchtetenheim bauen. Was bauen wir in Wirklichkeit? Eine Lagerhalle.

Das bedrohliche Schauspiel geht noch tagelang so weiter. Rechte und Rechtsextreme betreten immer wieder unser Grundstück und nötigen unsere Bauarbeiter. Diese sind irgendwann derart eingeschüchtert, dass sie nicht mehr wissen, wie sie reagieren sollen.

Foto von der Baustelle der Katapult-Lagerhalle
Baustelle: Katapult-Lagerhalle

Einen Tag später steht Ex-AfD-Mann, Querdenker und Corona-Demo-Sprecher Thomas Kerl unangemeldet bei uns im Haus und versucht, die ersten KATAPULT-Mitarbeitenden, die er trifft, zu überreden, dass wir kein Geflüchtetenheim bauen sollen, obwohl wir derzeit gar keins bauen. Kerl arbeitet mit Rechtsextremen zusammen.Etwa zur gleichen Zeit wird fast jede zweite Nacht ein Ei auf die Windschutzscheibe meines Autos geworfen. An meiner Privatadresse.

Dass wir bei der Demo-Berichterstattung verfolgt und bedroht werden, ist mittlerweile Normalität. Dass wir unsere Autos dabei weiter weg parken, ist Normalität. Dass unsere Mitarbeitenden ihre Identität verschleiern müssen, ist Normalität, und wenn man das alles so zusammengefasst liest, dann merkt man, das alles darf KEINE NORMALITÄT sein. Das alles ist demokratiefeindlich – es ist der Versuch, Journalismus zu verhindern.Die AfD ist in Umfragen derzeit stärkste Partei in MV, mit großem Abstand zu allen anderen Parteien. Rechtsextreme Netzwerke blühen auf. Zu manchen Kundgebungen wie etwa in Lubmin kommen Rechtsextreme auch aus Österreich angereist. MV wird immer mehr zur Zentrale der Rechtsextremen.

Deutschlandkarte Stärkste Parteien nach Umfragen für Landtagswahlen: In den ostdeutschen Bundesländern die AfD, in Hamburg, Bremen und dem Saarland die SPD, in westdeutschen Bundesländersn und Berlin CDU.

Dieser Text ist ein NotrufBesonders betroffen von den Einschüchterungsversuchen ist unsere Lokalzeitung KATAPULT MV. Dieses Team ist mit den Leuten vor Ort in direktem Kontakt – nicht nur über das Internet. Es recherchiert über vieles und besonders über die rechten Netzwerke in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Artikelliste findet ihr hier.Wie nie zuvor merken wir derzeit, dass die Rechten stärker und selbstbewusster werden, dass sie uns einschüchtern wollen – und es tatsächlich auch klappt. Deshalb schreibe ich diesen Text. Ich will das nicht hinnehmen. Ich wünsche mir, dass ihr uns stärkt. Lasst uns nicht allein damit!Ich könnte euch nun sagen, dass ein Abo bei KATAPULT MV bereits hilft oder eine Spende. Das ist auch hilfreich, aber es ist nicht das, wonach ich im Kern suche. Was ich wirklich suche, ist etwas anderes. Um der Einschüchterung von rechts entgegenzuwirken, brauchen wir eine Gemeinschaft von Menschen, die bereit ist, sich gegen den deutlich spürbaren Rechtsruck zu stellen. Eine Gemeinschaft, die Mut macht, die Ideen beisteuert, die uns hilft, wenn es mal besonders hart ist.Ich suche Menschen, die gegen Korruption, Rassismus, Antisemitismus, Kriminalität und Extremismus (kurz KRAKE) einstehen. Ich suche Menschen, an die wir uns wenden können, wenn die Nazis bei uns vor der Tür stehen, wenn sie unsere Bauarbeiter bedrohen und wenn unsere Mitarbeitenden Hilfe brauchen. Ob ihr uns mit Ideen, Hinweisen oder Geld unterstützt, ist mir egal. Mir ist nur wichtig, dass ihr viele seid, dass wir im Fall der Fälle eine Community haben, die sich gegen die demokratiefeindlichen Kräfte wehrt und darüber aufklärt.Deshalb bitte ich euch darum: Meldet euch in unserem Recherche-Netzwerk Anti-KRAKE an.Lasst uns bitte nicht allein. Wir sind keine Redaktion, die mal für ein Wochenende von der Großstadt in den Osten fährt und dann wieder abzieht. Wir leben hier. MV ist unsere Heimat.Wie prekär die Lage in MV istIn MV gibt es wichtige Projekte, wie Endstation Rechts, Exit, die Amadeu-Antonio-Stiftung oder die Opferberatung Lobbi. Wir kooperieren bereits mit ihnen. Ohne sie wäre dieses Bundesland komplett verloren.KATAPULT MV recherchiert derzeit zu einem Fall, in dem es einem bekannten Neonazi gelungen ist, seine ebenfalls mutmaßlich rechte Tochter bei der Polizei unterzubringen. Diese Frau wird aller Voraussicht nach bald einen Dienstgrad erlangen, der sie dazu befähigt, eine Abteilung zu leiten. Heißt: Sie könnte dann auch die kriminellen Machenschaften ihres Vaters vor der Strafverfolgung schützen.Uns wurden zudem Daten zugespielt, die das umfangreiche Netzwerk zwischen AfD, NPD und Nazikadern in MV offenlegt. Wir arbeiten seit Wochen an der Auswertung. Solche Hinweise und Leaks braucht eine Demokratie, solche Daten müssen aufgearbeitet und veröffentlicht werden. Deshalb die Anti-KRAKE. Deshalb KATAPULT MV.Wie könnt ihr helfen?– bei Anti-KRAKE anmelden und der Gemeinschaft beitreten- bei KATAPULT MV als Grafiker/Journalistin bewerben (wir brauchen mehr Recherchekraft!)- uns Hinweise auf rechte und rechtsextreme Strukturen geben.- uns dabei helfen, stabil und selbstbewusst zu bleibenIch will euch hier nichts versprechen, was ich nicht halten kann. Wir machen unseren Job sowieso. Mit euch zusammen können wir stabiler werden, unseren Mut behalten und unsere Recherchen ausbauen. Ich wünsche mir, dass ihr bei der Verteidigung der löchrigen Demokratie Mecklenburg-Vorpommerns (wir leisten uns seit Jahren Nazidörfer) mitmacht.Das hier ist ein ernster Notruf. Uns geht’s nicht gut. Die Rechten, die Gewaltbereiten, die Demokratiefeinde sind viele, sie werden mehr – und ich will am Ende nicht von ihnen regiert werden. MV ist noch nicht komplett im Arsch, aber weit weg ist es davon auch nicht mehr.Teilt diesen Text. Zeigt ihn euren Freunden, Verwandten und Bekannten. Danke.PS.Wir haben das gesamte Thema noch ausführlicher im Podcast Tim der Podcast (ab Minute 38:27) besprochen.

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