Zur Zugzeit der Vögel grassiert sie besonders stark: die Vogelgrippe. Das ist nicht neu. Ihre Intensität jedoch schon. In der vergangenen Vogelzugsaison von Oktober 2020 bis April 2021 gab es laut dem Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit (FLI) die schwerste Ausbreitung der Geflügelpest mit 1.350 Fällen bei Wildvögeln und 257 Ausbrüchen bei Geflügelhaltungen allein in Deutschland – so viele Fälle wie noch nie. Expert:innen rechnen auch in diesem Winter mit weiter stark ansteigenden Zahlen.
In MV hatte es die ersten Fälle vor zwei Wochen in und um Greifswald gegeben – ein Seeadler wurde tot auf der Insel Koos gefunden. Aber auch der Storchen- und Wildgänsebestand des Greifswalder Tierparks war betroffen. Bei elf Tieren wurde das H5N1-Virus nachgewiesen. 60 Vögel der Einrichtung mussten daraufhin gekeult werden. Weitere Fälle bei tot aufgefundenen Wildvögeln gab es zudem in Wolgast und Zinnowitz. Zuletzt wurde das Virus in zwei privaten Beständen in Hohenkirchen bei Wismar und einem im Landkreis Vorpommern-Greifswald nachgewiesen.
Auch wenn das Virus nicht im gesamten Bestand ausgebrochen ist, müssen alle Tiere gekeult werden, die engen Kontakt hatten. Damit soll die Gefahr einer weiteren Ausbreitung eingedämmt werden. Denn das H5N1-Virus gilt laut den Expert:innen als hoch ansteckend. Infizierte Tiere weisen Fieber, Schwäche und Atemnot auf. Eine Infektion endet in der Regel tödlich.
Bis zu 600 Proben pro Woche
Amtlich nachgewiesen wird das H5N1-Virus am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Forschungsinsel Riems, nördlich von Greifswald. Als nationales Referenzlabor überprüft es auch Fälle aus ganz Deutschland. Sobald ein Bundesland in seinem Veterinärlabor eine positive Probe feststellt, sendet es diese weiter an das FLI.
Nach Angaben von Pressesprecherin Elke Reinking können das pro Woche schon mal 400 bis 600 Proben sein. Die Zahl schwanke aber stark – im Sommer zum Beispiel sind es auch mal nur fünf. Das Ergebnis liege in der Regel innerhalb eines Tages vor.
Das Institut verifiziert die Proben und ermittelt, um welchen Subtypen des Virus es sich handelt. Laut Reinking werden etwa 98 Prozent aller positiv getesteten Proben bestätigt. Jetzt im November sind mehr als 95 Prozent davon positiv für hoch pathogenes aviäres Influenzavirus des Subtyps H5N1 – Geflügelpest.
Virus vermehrt in Küstenregionen
Laut dem FLI sind besonders Gebiete betroffen, in denen sich zu dieser Jahreszeit viele Zugvögel aufhalten. Neben den Küstenregionen von Nord- und Ostsee sind dies auch Gebiete im Binnenland, insbesondere mit bekannten Rast- und Überwinterungsgebieten von wilden Wasservogelarten. Das sei nicht nur in Deutschland so, sondern europaweit zu beobachten, berichtet Reinking.
In Mecklenburg-Vorpommern seien entsprechend die Küstenregionen, bestimmte Wasserläufe und auch Seen als gefährdet anzusehen. MV gilt neben Schleswig-Holstein und Niedersachsen mit ähnlichen Gebieten daher als Bereich mit hohem Risiko.
Die Informationskette
Nachdem eine Probe vom FLI bestätigt wurde, wird dies dem zuständigen Veterinäruntersuchungslabor des Bundeslandes, dem dortigen Landwirtschaftsministerium und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mitgeteilt. Maßnahmen wie Hygieneverordnungen oder Aufstallungspflichten sowie entsprechende Kontrollen sind dann die Aufgabe der Veterinärbehörden in den betroffenen Regionen. Leitlinien sind in einer Geflügelpestschutzverordnung aufgeführt.
Stallpflicht in Nordwestmecklenburg und Vorpommern-Greifswald
Nach den Fällen in und um Greifswald ist zwei Wochen nach den Ausbrüchen eine Stallpflicht in küsten- und seenahen Gebieten verhängt worden. Sie gilt unter anderem für Geflügelbestände an der Dänischen und der Gristower Wiek, entlang der Peene und an mehreren Seen. Eine genaue Übersicht hat der Landkreis auf einer Karte in seiner Bekanntmachung vom 11. November dargestellt. Laut Landkreissprecher Achim Froitzheim sei das die sogenannte Winterkulisse, in der präventiv die Aufstallungspflicht verhängt werde. Dort gebe es nicht so viele Hausbestände. Je nach Infektionsgeschehen können aber zügig mehr Sperrzonen verhängt werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Um die beiden Höfe bei Wismar ist bereits eine solche Schutzzone im Umkreis von drei Kilometern eingerichtet worden. Hausgeflügel muss auch dort vorerst im Stall bleiben.
Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums sind Tierhalter:innen grundsätzlich angehalten, bei einem Verdacht auf eine Infektion mit dem Virus in ihren Beständen das Veterinäramt zu informieren.