Eigentlich sollte es ein Erfolgsmodell werden: Kreuzfahrtschiffe, die mit Flüssiggas betrieben werden anstatt mit Diesel. So wird die CO₂-Bilanz verbessert und die Kreuzfahrtbranche wieder in ein positiveres Licht gerückt. Aida betreibt zwei der insgesamt zwölf Schiffe ihrer Flotte mit Gas. Als erstes Kreuzfahrtschiff mit einem geringeren CO₂-Ausstoß wurde die AIDAnova 2019 mit dem Umweltzertifikat der Bundesregierung Blauer Engel ausgezeichnet.Nun aber ist Gas teuer geworden. Und Aida schwenkt wieder um: Wegen der Gaskrise fahren nun auch die beiden Flüssiggasschiffe mit dieselähnlichem Kraftstoff – dem sogenannten Marinegasöl.
Am Umweltschutz gespart
Aus Sicht der Umweltschutzorganisation Nabu betreibt Aida „Umweltschutz nach Kassenlage“. Als Gas noch billig war, habe die Reederei mitgemacht, sogar dafür geworben, dass der Wechsel auf emissionsärmere Antriebe für Anwohnende in Hafenstädten gesünder sei. Jetzt, wo Gas teurer wird, scheine neben Umweltschutz auch dieser Aspekt nicht mehr so wichtig zu sein, sagt Nabu-Schifffahrtsexperte Sönke Diesener.
Aber nicht nur Aida, auch andere Reedereien stellen um. Zum Beispiel das norwegische Unternehmen Fjord Line, das ebenfalls zwei Schiffe mit LNG betreibt. Die „deutlich höhere Preisentwicklung als bei traditionellen und weniger nachhaltigen Energieträgern“ sei wirtschaftlich nicht mehr haltbar, heißt es in einer Pressemitteilung.
Zumindest fürs Klima ist das Umschwenken auf Dieselantriebe laut Diesener keine ausschließlich schlechte Nachricht. Denn während Diesel etwa 20 Prozent mehr CO₂ ausstößt als LNG-Gas, verursache dieses dafür erhebliche Mengen Methan. Vier Prozent davon gelangen in die Atmosphäre. Beides nicht wirklich gut, betont er. Aber im Vergleich ergebe sich eine leicht schlechtere Klimabilanz für die Nutzung von LNG.
Am besten ganz was anderes: Methanol
Am besten sei es nach wie vor, komplett auf fossile Brennstoffe zu verzichten, so Diesener. Und auch das sei möglich: die Tui-Reederei zum Beispiel hat im vergangenen Jahr ein neues Kreuzfahrtschiff bei der Meyer-Werft in Auftrag gegeben, das ausschließlich mit Methanol angetrieben werden soll. Voraussichtlich 2024 soll es in Dienst gestellt werden und wäre dann das erste große Schiff, das klimaneutral fährt.
Es geht also auch anders.
Transparenzhinweis vom 12.1.2023: Im Abschnitt „Am Umweltschutzgespart“ hieß es in der ersten Version des Artikels, dass bei der Nutzung von LNG-Antrieben auf Schiffen 80 Prozent Methan ausgestoßen wird. Das ist nicht korrekt und wurde verbessert. Tatsächlich ist Methan etwa 80 mal klimawirksamer als CO₂. Vom Schiff in die Atmosphäre gelangen etwa vier Prozent, was im Vergleich aber dennoch deutlich schädlicher für das Klima ist als der CO₂-Ausstoß bei Dieselantrieben.Zudem ist in der Grafik zu sehen, dass die meisten Schiffe mit Diesel fahren. Tatsächlich werden viele von ihnen aber auch mit dem noch viel umweltschädlicheren Schweröl betankt.
Quellen
- Umweltbundesamt: AIDAnova mit dem Blauen Engel für umweltfreundliches Schiffsdesign ausgezeichnet, auf: blauer-engel.de (12.8.2019).↩
- NDR (Hg.): Gaskrise: AIDA-Schiffe fahren nicht mehr mit Flüssigerdgas, auf: ndr.de (6.1.2023).↩
- Fjord Line AS (Hg.): Als Folge der Energiekrise baut Fjord Line seine beiden LNG-Schiffe um, auf: fjordline.com (27.12.2022).↩