Am vergangenen Samstag nahmen rund 80 Personen am sogenannten Tollensemarsch teil. Darunter Vertreter der extrem rechten Kleinstpartei Der III. Weg aus Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg sowie Mitglieder anderer neonazistischer Organisationen und Parteien wie der Heimat und deren Jugendorganisation Junge Nationalisten. Initiator und Heimatpolitiker David Petereit nahm in diesem Jahr nicht am Marsch teil. Petereit, der nachweislich Kontakt zum NSU-Kerntrio hatte,1 organisiert die neonazistische Wanderung seit 2004. In diesem Jahr wurde auch Mehmet Turgut in Rostock Toitenwinkel vom NSU erschossen.
Der Marsch
Der Tollensemarsch ist eine etwa 35 Kilometer lange Wanderung um den Tollensesee. Solche Leistungswanderungen sind Ausdruck einer völkischen Körper und Geist-Ideologie der extremen Rechten, bei der körperliche Fitness und geistige Disziplin eng miteinander in Verbindung stehen sollen.2
Der Tollensemarsch gilt als wichtige Netzwerkveranstaltung für die extrem rechte Szene in MV, aber auch für Neonazis aus ganz Deutschland. Lokale Neonazistrukturen aus Neubrandenburg, Burg Stargard und Umgebung stellten auch in diesem Jahr wieder die Versorgungsinfrastruktur für die Teilnehmer:innen, standen mit Fahrzeugen an der Strecke, versorgten mit Snacks und Getränken. Sie erhielten zum Abschluss ein Leistungsabzeichen für die Kleidung.
Polizei erschwert Berichterstattung
Obwohl das Event jedes Jahr am letzten Februarwochenende stattfindet, gibt es nur selten Gegenprotest. Weiterhin lag bei der zuständigen Versammlungsbehörde keine Anmeldung für den Marsch als politische Veranstaltung vor.3 Trotzdem begleitet die Polizei diese unangemeldete, geplante Veranstaltung jedes Jahr intensiv. Deshalb ist davon auszugehen, dass den Behörden bereits im Vorfeld Erkenntnisse dazu vorliegen. Dennoch konnte der Tollensemarsch auch in diesem Jahr problemlos stattfinden und wurde nicht untersagt. Vielmehr wird die Berichterstattung vor Ort durch die Polizei seit Jahren erschwert.
Im Jahr 2023 wurde dennoch eine Bundeswehrsoldatin aus dem Dienst entlassen, nachdem bekannt wurde, dass sie im Jahr zuvor am Tollensemarsch teilgenommen hatte.4 2024 beteiligte sich der Sohn des Pasewalker Bürgermeisters an der Wanderung.5
- Ramm, Wiebke: Die Gedächtnislücken des Herrn Petereit, auf: spiegel.de (13.7.20216). ↩︎
- KATAPULT MV (Hg.): Kampfsport und Naziideologie: Wie „Der III. Weg“ in MV Nachwuchs rekrutiert, auf: katapult-mv.de (22.7.2024). ↩︎
- Renner, Martina: Rechtsextreme Vorfälle in der Bundeswehr 2023, auf: martinarenner.de (11.10.2024). ↩︎
- KATAPULT MV (Hg.): Volksverhetzung ist kein Jugendstreich, auf: katapult-mv.de (5.3.2024). ↩︎