Zum Inhalt springen

Eva-Maria Kröger

Was Rostocks neue Oberbürgermeisterin für MV bedeutet

Von

Lesedauer: ca. 4 Minuten

Artikel teilen

Der vakante Posten des Rostocker Stadtoberhaupts ist besetzt. Eva-Maria Kröger (Die Linke) wird neue Oberbürgermeisterin, sobald das vorläufige Endergebnis amtlich bestätigt ist.

Ihre Aufgaben in der Hansestadt sind klar umrissen: In der Bürgerschaft, deren knappe rot-rot-grüne Mehrheit ihr zur Stichwahl gewogen war, wird sie auch die unterlegenen Parteien CDU, FDP und UFR mitnehmen müssen, um tragfähige, starke Mehrheiten zu erreichen. Die zuletzt nicht immer optimale Kommunikation zwischen Bürgerschaft und Verwaltung gilt es neu zu gestalten. Und Kröger muss einen Berg von Projekten abarbeiten. Dazu gehören handfeste Bauvorhaben wie der Theaterneubau und die Warnowbrücke sowie große Aufgaben in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Dass es sowohl in der Bürgerschaft als auch in der öffentlichen Debatte Reibungspunkte geben wird, ließ Kröger schon im Wahlkampf erkennen. „Wir werden viel miteinander diskutieren müssen und es wird nicht nur angenehm“, sagte sie auf gleich mehreren Podien. Gleichzeitig appellierte sie stets an den Zusammenhalt und die gemeinsamen Ziele.

Deshalb wolle Kröger sich auch zunächst mit der Bürgerschaft und den Senatorinnen austauschen und „einen neuen Stil einpflegen, dass wir Dinge jetzt gemeinsam machen“.

Erweiterter Wirkungskreis

Dass Rostock allerdings nicht isoliert in den Stadtgrenzen betrachtet werden kann, weiß auch die neue Oberbürgermeisterin. Sie wolle eng mit den Umlandgemeinden zusammenarbeiten, erklärt sie.

Auch aus dem Umland blickt man gespannt auf die neue Chefin im rosa Rathaus. Der Landkreis Rostock sieht sich mit der Hansestadt in einer Regiopolregion und stehe allein schon deshalb in regem Austausch. Eine gute und intensive Zusammenarbeit der Kreis- sowie Stadtverwaltung mit der neuen Oberbürgermeisterin habe große Bedeutung.

Bereits jetzt gebe es viele Berührungspunkte, die einen Austausch und gute Zusammenarbeit erfordern, lässt der Landkreis in einer Erklärung verlautbaren. Besonderes Augenmerk legt er auf ein einheitliches Regionalmarketing, um „die Attraktivität der Region und den Wirtschaftsstandort Region Rostock zu bewahren und zu entwickeln“. Auch die Nahverkehrsplanung sei ein weiteres großes Projekt zwischen Landkreis und Hansestadt, das intensiver Kommunikation bedarf.

Auch für Jan Müller, Politikwissenschaftler an der Universität Rostock, ist das Verhältnis zu den Umlandgemeinden im Landkreis Rostock bedeutsam. Nahverkehr, Wohnraum und die Ansiedlung von Unternehmen wurden in der Vergangenheit nicht zufriedenstellend umgesetzt, stellt er fest. Exemplarisch nennt er die fehlende Straßenbahnverbindung zu Ikea und zum Ostseepark in Sievershagen.

In Rostock treffen verschiedene Ebenen aufeinander

Doch Rostock ist als MVs einzige Großstadt auch für das Land von großer Bedeutung: Schon aufgrund der Größe hat Rostock teils andere Bedürfnisse als andere Zentren im Land. Um diese zu befriedigen, müsse sich eine Oberbürgermeisterin demnach auch Gehör im Land verschaffen und mit der Landesregierung zusammenarbeiten, erklärt Müller. Nicht zuletzt, um Landesfördermittel zu erhalten.

Aber auch auf Bundes- und Europaebene spielt Rostock eine Rolle. Hier sitzt beispielsweise das Marinekommando der Bundeswehr, das auch die Nato bei Bedarf nutzt. Der Seehafen verbindet Rostock mit dem gesamten Ostseeraum. Internationale Schiffsverbindungen nach Dänemark und Schweden sorgen für bis zu 17 Überfahrten pro Tag. Die Stadt liegt zentral auf den Achsen Berlin-Kopenhagen/København und Hamburg-Stettin/Szczecin. „Rostock ist ein Player in einem Mehrebenensystem, das bis zur EU reicht“, fasst Müller zusammen. Die Stadtpolitik müsse alle Ebenen mitdenken.

Rostock hat eine überregionale Bedeutung. Die OB-Wahl ist außerdem die größte kommunale Wahl in MV, sagt Wolfgang Muno, ebenfalls Politikwissenschaftler an der Universität Rostock. Ihr Ausgang könne „so etwas wie ein kleines Stimmungsbild zur Lage im Land“ sein.

Die neue Oberbürgermeisterin repräsentiert die Hansestadt nach außen. Der Einfluss auf die Region hängt aber nicht allein von ihrer Person ab. Wenn Rostock auf das Umland wirkt, geschieht das stets in Abhängigkeit der stadtpolitischen Gegebenheiten. Arbeiten Bürgerschaft und Verwaltung einschließlich Oberbürgermeisterin gut zusammen und gelingt es ihnen, das Potenzial der Stadt und ihrer Bürgerinnen zu entwickeln, kann auch das Umland von dieser Entwicklung profitieren.

MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo!

Fußnoten

  1. NDR (Hg.): Eva-Maria Kröger: Wer ist Rostocks neue Oberbürgermeisterin?, Min. 2:20, auf: ndr.de (29.11.2022).
  2. E-Mail von Eva-Maria Kröger vom 28.11.2022.
  3. E-Mail der Pressestelle Landkreis Rostock vom 23.11.2022.
  4. Ebd.
  5. E-Mail von Jan Müller vom 23.11.2022.
  6. Hanse- und Universitätsstadt Rostock (Hg.): Ihre Fähre von Rostock-Warnemünde, auf: rostock.de.
  7. E-Mail von Jan Müller vom 23.11.2022.
  8. E-Mail von Wolfgang Muno vom 16.11.2022.

Autor:innen

ist KATAPULT MVs Inselprofi und nicht nur deshalb gern am Wasser. Nutzt in seinen Texten generisches Femininum.

Neueste Artikel

18.04.2024

Mission Dokumentation

Der Fotograf Martin Maleschka zieht seit zwanzig Jahren durch die ostdeutschen Bundesländer auf der Suche nach Baukunstwerken aus der DDR-Zeit. Er dokumentiert mit seiner Kamera, was noch erhalten wird, macht Fotos, wo einst Kunst war und heute nichts mehr geblieben ist. Auf einer gemeinsamen Spurensuche in Grimmen wird deutlich, was Maleschka antreibt – das kontinuierliche Verschwinden eines Teils seiner Heimat.

17.04.2024

Demokratie beschützen heißt Kultur beschützen

MVs Kulturlandschaft steht einer unmittelbaren Bedrohung gegenüber, wenn antidemokratische Positionen in der Kommunalwahl an Einfluss gewinnen. In Greifswald wurde erst kürzlich gegen mehrere Kultureinrichtungen von antidemokratischen Gruppierungen gehetzt. Diese seien „versiffte Buden“, „Brutstätten linker Subkulturen“ oder „kommunistische Kaderschmieden“. Warum schweigen so viele Kunst- und Kulturschaffende im Land?

17.04.2024

„Einen Blindflug können wir uns nicht leisten“

Elisabeth Mann Borgese und Maria S. Merian sind von Rostock aus auf den Weltmeeren unterwegs. Dabei sind nicht die Wissenschaftlerinnen persönlich auf hoher See, sondern zwei Forschungsschiffe, die nach ihnen benannt sind. Außerdem schippert die „Deneb“ von der Hansestadt aus über die Ostsee. Mecklenburg-Vorpommern ist mit Forschungsschiffen vielfältig aufgestellt. Forschende aus ganz Deutschland unternehmen auf ihnen Fahrten in die entlegensten Winkel der Ozeane. Die Planung der Missionen dauert oft mehrere Jahre.