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Massentierhaltung

Zwei Jahre Alt Tellin: Landwirtschaftsminister Backhaus drückt sich vor Kundgebung

Genau zwei Jahre nachdem über 60.000 Schweine bei einem Brand in einem Großbetrieb umkamen, fand eine Demonstration am Ort der Katastrophe statt. Ein Bündnis verschiedener Parteien und Tierschutzorganisationen verlieh damit seinen Forderungen Nachdruck: Die Schweinemastanlage darf nicht wiederaufgebaut werden, Massentierhaltung muss verboten werden.

Am zweiten Jahrestag des Großbrandes einer Anlage zur Schweinezucht in Alt Tellin (Landkreis Vorpommern-Greifswald) hat ein Bündnis verschiedener Parteien und Tierschutzinitiativen zu einer Demonstration vor Ort geladen. Dem Bündnis schlossen sich Mitglieder der Tierschutzpartei, SPD, Linken und Grünen an. Daneben wurde die Demonstration durch die Organisation Provieh, den BUND, den Deutschen Tierschutzbund, die Initiativen Tierbefreiung und Rosa Kreuze sowie das Bürger:innenbündnis Landleben Tollensetal unterstützt.

Trotz Regen und Gewitter nahmen etwa 100 Personen an der Veranstaltung teil, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen: Die Schweinemastanlage in Alt Tellin darf nicht wiederaufgebaut werden.

Land und Bund in der Kritik

Alle Redebeiträge kritisierten nicht nur die Lebensbedingungen für Tiere in Großanlagen, sondern auch die betreffende Gesetzeslage in Bund und Ländern. Margret Kuhlmann vom Deutschen Tierschutzbund berichtete beispielsweise, dass im Jahr 2021 etwa 5.000 Brände in der Tierhaltung gemeldet wurden – 14 Brände pro Tag. Dennoch würden Brandschutzkonzepte in der Massentierhaltung oftmals nur schlecht umgesetzt oder gar ignoriert, so Kuhlmann. Katharina Horn von den Grünen schloss sich dem an: „Es gibt entsprechende Vorschriften in der Landesbauordnung, aber Minister Backhaus hält sich nicht daran.“

Robert Gabel (Tierschutzpartei) eröffnete die Veranstaltung mit einer Schweigeminute

Der – seit 1998 amtierende – Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) wurde gleich von mehreren Parteien und Organisationen kritisiert. Nachdem Backhaus anfänglich beteuert hatte, einen Wiederaufbau der Alt Telliner Anlage für ausgeschlossen zu halten, erklärte das verantwortliche Unternehmen LFD-Holding kürzlich auf Nachfrage von KATAPULT MV, bereits darüber mit Behörden und Gemeinde im Austausch zu stehen. Gesetzliche Rahmenbedingungen sollen nun die Art des Wiederaufbaus bestimmen.

Anna-Konstanze Schröder (SPD) sieht in dieser Kehrtwende des Ministers ein Einknicken vor der Konkurrenzsituation in der Landwirtschaft: Mecklenburg-Vorpommern könnte ohne vergleichbare Nutztierproduktion gegenüber anderen Bundesländern ins Hintertreffen geraten. Damit keine neue Großanlage in Alt Tellin entsteht, empfahl sie den Teilnehmenden, bei der nächsten Kommunalwahl Vertreter:innen zu wählen, die sich klar gegen die Massentierhaltung positionieren.

Die Redner:innen waren sich außerdem darüber einig, dass es auch auf Bundesebene Nachholbedarf gibt: Deutschland brauche endlich das im Entwurf vorliegende Tierwohlgesetz, damit Großanlagen wie in Alt Tellin nicht mehr möglich sind und die Bedingungen in der industriellen Tierhaltung verbessert werden.

Trotz regelmäßiger Vorfälle und anhaltender Kritik aus Politik und Zivilgesellschaft reagiert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unter Minister Cem Özdemir (Grüne) kaum. Denn, davon ist das Demonstrationsbündnis überzeugt, nur wenn die Rechtslage auf Bundesebene angepasst wird, kann auch eine Besserung der Haltungsbedingungen auf Landesebene eintreten und Katastrophen wie die in Alt Tellin am 30. März 2021 verhindert werden.

Der Einladung, die Demonstration zu besuchen, folgten Minister Backhaus und Landrat Michael Sack (CDU) laut Mitorganisator Robert Gabel (Tierschutzpartei) übrigens nicht.

Auf der rechten Seite: die übrig gebliebenen Güllebehältnisse der abgebrannten Anlage

Autor:in

  • Bild von Patrick Hinz, Chefredakteuer Katapult MV

    Chefredakteur

    Geboren in Vorpommern, aufgewachsen in Mecklenburg. Einziger KATAPULT-Redakteur mit Traktorführerschein UND Fischereierlaubnis.

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