Matthias Crone, Jahrgang 1958, ist gelernter Jurist und vertritt mit seinem Team die Rechte der Bürger:innen gegenüber der Landesregierung. Er und elf weitere Expert:innen beraten und unterstützen in sozialen Angelegenheiten. Sie sorgen zum Beispiel dafür, dass die Belange von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden, und prüfen Eingaben von Beschäftigten der Landespolizei aus dem innerdienstlichen Bereich. Als neutrale Instanz befasst sich der Bürgerbeauftragte mit Vorschlägen, Bitten und Beschwerden und vermittelt zwischen den Beteiligten. Das Büro befindet sich in Schwerin, Schloßstraße 8. Der Bürgerbeauftragte wird vom Landtag für die Dauer von sechs Jahren gewählt. Crones Amtszeit endet in zwei Jahren.
KATAPULT MV: Herr Crone, Sie hatten sicherlich bestimmte Vorstellungen von dem Amt, das Sie vor zehn Jahren übernahmen. Sind die so eingetreten?Matthias Crone: Eine Rückschau ist schwierig, aber ich hatte schon ein Gefühl, wie so ein Amt geführt werden muss, denn auf diese Aufgabe wurde ich durch meine beruflichen Stationen ganz gut vorbereitet. Damals war für mich die Frage: Vieles ist kleinteilig, aber für den Einzelnen doch wichtig; kann man das über Jahre hinweg gut und mit Hingabe machen? Heute kann ich sagen: Man kann es. Die Frage war für mich aber auch, ob die Politik eine gute Aufnahmebereitschaft hat. Am Tag, an dem ich gewählt wurde, gab es kurz zuvor eine wichtige Landtagsdebatte zum Thema „Akzeptanz des Bürgerbeauftragten“. Heute, nach zehn Jahren, brauchen wir solche Debatten hoffentlich nicht mehr zu führen. Die Akzeptanz des Amtes, sowohl bei den Behörden wie auch bei Bürgerinnen und Bürgern, ist in der Breite vorhanden und die Kompetenzen des Bürgerbeauftragten sind weithin angenommen.
Beschreiben Sie uns in einigen Sätzen Ihren Arbeitsalltag?Es ist erst mal viel Schreibtischarbeit, denn da sind ja ganz viele Sachen, die gelesen werden müssen. Es muss entschieden werden, wie wir an den jeweiligen Fall herangehen. Ferner gehören dazu Telefonate mit Bürgern und mit Entscheidern in einer Behörde. Und natürlich muss ich auch rausfahren, um mit Menschen zu sprechen. In der Regel spreche ich einmal die Woche direkt mit Betroffenen, um konkrete Probleme zu behandeln und Sachverhalte zu klären und zu erklären.
Welche Bandbreite an Problemen begegnet Ihnen?Da ist zunächst der große Bereich der sozialen Fragen. Das war bis 2020 die Hälfte der Eingaben und Nachfragen. Weil wir hier eine besondere Beratungsfunktion durch den Gesetzgeber übertragen bekommen haben. So sind wir beispielsweise in engem Kontakt mit den Arbeitsagenturen und den gesetzlichen Krankenversicherungen. Eine besondere Rolle spielen bei uns die Anliegen von Menschen mit Behinderungen. Aber es kann eben auch mal um eine Baugenehmigung oder eine Nutzungsänderung bei Ferienwohnungen gehen. Letztlich bearbeiten wir alle Probleme, die Menschen mit Behörden haben können. Das geht durch fast alle Rechtsgebiete.
Hat sich in den vergangenen zehn Jahren Ihre Arbeit verändert?Ja, ich würde sagen, einiges ist anders geworden. Wir haben eine andere Generation und die Kommunikation durch die neuen Medien hat möglicherweise dazu geführt, dass man schneller mal einen Satz per E-Mail hinschreibt, als man es früher in einem förmlichen Brief getan hätte. Und manchmal fällt auch die Wortwahl härter aus, die Fragestellung ist schneller und die Menschen möchten der Sache oder einem Bescheid stärker auf den Grund gehen. Es wird schneller hinterfragt und eine Aussage nicht sofort akzeptiert, wenn sie nicht belegt ist.
Die Sozialen Medien haben also Ihre Arbeit verändert. Häufig wird gesagt, der Ton sei rauer geworden. Können Sie das bestätigen?Ja, das kann ich bestätigen. Wir haben das Thema in unserem Jahresbericht 2014 zum ersten Mal angesprochen. Im Jahr 2015 kam das durch die Flüchtlingsthematik noch mal mit mehr Wucht. Und jetzt wieder in der Corona-Pandemie. Solch eine Zeit mit starken Beschränkungen haben wir ja so seit 1990 nicht mehr gehabt und das führt natürlich zu verzweifelten und wütenden Äußerungen.
Haben Sie heute mehr Arbeit, wenden sich mehr Bürger:innen an Sie?Über die ganzen Jahre hinweg hatten wir eine stetige Steigerung. In den letzten beiden Jahren, bedingt durch die Corona-Pandemie, haben wir Rekordzahlen erreicht. Vor zehn Jahren hatten wir circa 1.500 Eingaben und viele kleine Anfragen, die wir nicht mitzählen. Heute haben wir etwa 2.000 Eingaben.
Kann man sagen, dass Ihre Arbeit politischer beziehungsweise dass die Fälle politischer geworden sind?Das würde ich nicht als Trend ausmachen. Eine Eingabe hat zumeist und zuerst mit dem eigenen Fall zu tun, wenn man beispielsweise die Kinder noch in die Kita bringen will, auch wenn man nicht als systemrelevant eingestuft worden ist. Es geht um eigene Teilhabemöglichkeiten, auch bei Impfkritikern. Wenn sich aber die derzeit aufgeladene Lage entspannt, dann wird sich auch das teilweise aufgeregte, kritische Handeln vieler legen. Dann wird es wieder um die gewohnten Dinge wie Leistungsbescheide oder Krankenkassenzuschüsse für einen Rollstuhl gehen.
Wenn Sie sich etwas von der Politik wünschen könnten, was wäre das?Das ist nicht ganz leicht zu beantworten. Ich glaube, das Amt des Bürgerbeauftragten verfügt über genügend Instrumente und wir haben genügend Arbeitsmöglichkeiten und eine gute Personalausstattung. So weit habe ich keine Änderungswünsche. Ein Wunsch an die Politik und an Behördenleitungen wäre aber eine systematische Qualitätsverbesserung und regelmäßige Fortbildung zu bürgernaher Dienstleistung.
Ihr Wahlamt endet in zwei Jahren. Was haben Sie sich für die verbleibende Zeit noch vorgenommen?In die Zusammenarbeit mit jungen Leuten möchte ich gern noch weitere Energie stecken. Hier will ich besonders die langjährige Kooperation mit dem Landesschülerrat hervorheben. Der zweite Punkt, der mich in den nächsten zwei Jahren antreibt, sind die Anliegen der Menschen mit Behinderungen. Sie brauchen noch viel mehr Aufmerksamkeit, wie etwa Barrierefreiheit. Der dritte Punkt: Das Gesetz hat mich vor knapp einem Jahr auch zum Beauftragten für die Landespolizei gemacht. Diese Arbeit möchte ich vertiefen. In den letzten zwei Jahren war die Polizei durch die Pandemie enorm gefordert. Die zahlreichen Demonstrationen, die Umsetzung von Hygienevorschriften, Reisebeschränkungen, immer wieder mussten Polizeikräfte mit verärgerten und frustrierten Bürgern umgehen.
Das Interview mit Matthias Crone gibt es in voller Länge unter youtu.be/VbqAyw2W1BQ.