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Ansiedlung im Gewerbepark

Errichtung eines Chemiewerks nahe Schwerin geplant

Chemiehersteller Vink Chemicals möchte im Industriepark Göhrener Tannen einen Firmensitz eröffnen. Es wäre der erste sogenannte Störfallbetrieb der Stadt. Während die Landeshauptstadt für eine Ansiedlung des Unternehmens plädiert, lehnt der BUND Bau und Betrieb aus verschiedenen Gründen ab. Eine Genehmigung der Anlage sowie die Zulassung eines vorzeitigen Baubeginns hat Vink bereits beantragt. Die Bevölkerung kann bis zum 19. Mai Stellung dazu nehmen.

Die Göhrener Tannen im Süden Schwerins wurden von Ende des 19. Jahrhunderts bis ins Jahr 1993 militärisch als Schießplatz genutzt. Heute ist das Gebiet Truppenübungsplatz der Bundeswehr und Wald. Seit 2003 sind außerdem rund 351 Hektar als Gewerbegebiet ausgewiesen.

Neben Nestlé, die in Schwerin Kaffeekapseln herstellen, und Flammaerotec, die Bauteile für Airbus produzieren, haben sich bereits acht weitere Unternehmen dort niedergelassen. Nachdem Amazon und der Computerchiphersteller Intel abgesprungen sind, möchte nun die Chemiefirma Vink Chemicals nach Schwerin expandieren.

Bis zu 45 neue Arbeitsplätze geplant

Das mittelständische Familienunternehmen aus dem südlich von Hamburg gelegenen Kakenstorf will nach eigenen Angaben in Schwerin in industriellem Umfang Konservierungs- und Desinfektionsmittel herstellen. Auch die Produktion von Bioziden ist geplant. Die Einrichtung soll neben Produktionsanlagen auch ein Tanklager und weitere Lagerkapazitäten umfassen. Daneben sind Bereiche für Büro, Labor und Versand geplant. Laut Vink Chemicals sollen bis zu 45 neue Arbeitsplätze entstehen.

Die Lage sei für die Auswahl des Standortes Schwerin entscheidend gewesen, so das Unternehmen. Zum einen bestehe die Nähe zum Hamburger Hafen und zum Hauptstandort in Niedersachsen. Zum anderen gibt es auch eine gute Anbindung an die Autobahn. Eine Förderung durch das Land Mecklenburg-Vorpommern hat ihren Teil zur Ansiedlung beigetragen, das Wirtschaftsministerium unterstützt die etwa 33 Millionen Euro teure Investition mit rund 7 Millionen Euro.

Ab 2025 sollen nach Plänen des Unternehmens jährlich fast 50.000 Tonnen chemische Substanzen in Schwerin produziert werden. Es wäre der erste sogenannte Störfallbetrieb der Stadt.

BUND lehnt Bau und Betrieb ab

Schon vor zwei Jahren rief die Landeshauptstadt die Öffentlichkeit frühzeitig zu einer Beteiligung auf. Weniger als einen Monat später bekam der Dezernent für Wirtschaft, Bauen und Ordnung, Bernd Nottebaum (CDU), eine Stellungnahme des Landesverbandes des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Der BUND lehnt den Bau und Betrieb der geplanten Betriebsstätte der Firma Vink Chemicals in Schwerin ab“, heißt es darin.

Der Umweltverband begründet seine Position unter anderem mit einer Empfehlung, die aus einem Dialog zwischen dem Bundesumweltministerium, Wirtschaft, Wissenschaft und Umweltorganisationen hervorging. Demnach sollen sogenannte Mikroschadstoffe reduziert werden.

Diese können sich nicht nur in Kosmetikprodukten oder Haushaltschemikalien befinden, sondern auch in Bioziden und Pestiziden sowie Industriechemikalien. Aus diesem Grund fordert der BUND, die Ansiedlung des Chemieunternehmens zu verhindern. Denn Mikroschadstoffe, die erst gar nicht in die Umwelt gelangen, müssten nicht mühsam, teuer und ineffizient wieder herausgefiltert werden.

BUND sieht Gefährdung durch Biozide

Darüber hinaus soll auf dem potenziellen Betriebsgelände von Vink Chemicals in Schwerin auch mit Bioziden umgegangen werden. Diese finden ganz unterschiedliche Anwendung, etwa in Kosmetik, Fassaden- und Bootsanstrichen, bei Reinigungsfirmen und der Bauindustrie. Dass von ihnen auch eine Gefährdung für die Umwelt und die Gesundheit von Mensch und Tier ausgehen kann, darauf weist zum Beispiel das Umweltbundesamt hin. Die Befürchtung des BUNDs: Bei einem Störfall könnten giftige Stoffe – wie zum Beispiel Biozide – und andere wassergefährdende Substanzen austreten.

Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) sieht darin erst einmal kein Problem. Er vertraue auf die entsprechenden Kontrollen, so der Politiker Anfang März gegenüber TV:Schwerin. Er verstehe zwar die kritische Perspektive mancher auf die Chemieindustrie, es gebe jedoch Auflagen, die sicherstellten, dass für Natur und Mensch keine Gefahr bestehe.

Einwendungen bis zum 19. Mai möglich

Bereits im Juni 2020 stimmte der Hauptausschuss der Landeshauptstadt für eine Ansiedlung des Chemiewerkes. Um dieses errichten und betreiben zu können, benötigt Vink Chemicals allerdings noch eine Genehmigung des Staatlichen Amts für Landwirtschaft und Umwelt (Stalu) Westmecklenburg. Diese sei bereits beantragt. Außerdem möchte das Unternehmen eine Zulassung für einen vorzeitigen Baubeginn erwirken, denn laut Unternehmenssprecher sollen die Arbeiten bereits in Kürze beginnen und die Produktion 2025 anlaufen.

Das Stalu führt das Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz und der Verordnung über das Genehmigungsverfahren durch. Dabei werden insbesondere Stellungnahmen von Behörden sowie, wenn nötig, der Gemeinde eingeholt. Die Öffentlichkeit wird beteiligt und abhängig von den eingereichten Einwendungen ein Erörterungstermin oder alternativ eine Onlinekonsultation durchgeführt. Das Stalu als zuständige Genehmigungsbehörde prüft anschließend, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung erfüllt sind. Ist dies der Fall, wird die Anlage genehmigt und nach Abschluss des Verfahrens öffentlich bekannt gegeben.

Bis zum 19. April werden nun der Antrag, die beigefügten Unterlagen und die Stellungnahmen ausgelegt und sind online einsehbar. Einwände gegen das Vorhaben können Bürger:innen bis zum 19. Mai bei der Behörde oder online einreichen.

Quellen

  1. Landeshauptstadt Schwerin (Hg.): Begründung mit Umweltbericht zum Bebauungsplan Nr. 39 „Industriepark Göhrener Tannen“, auf: schwerin.de.
  2. Landeshauptstadt Schwerin (Hg.): Unternehmen vor Ort, auf: schwerin.de.
  3. NDR (Hg.): Schwerin: Vink Chemicals plant Werk für Konservierungsmittel, auf: ndr.de (13.3.2023).
  4. Vink Chemicals (Hg.): Vink Chemicals, S. 3, 7-8, auf: schwerin.de (März 2021).
  5. NDR (Hg.): Schwerin: Vink Chemicals plant Werk für Konservierungsmittel, auf: ndr.de (13.3.2023).
  6. Vink Chemicals (Hg.): Vink Chemicals, S. 5, auf: schwerin.de (März 2021).
  7. Um einen Störfallbetrieb handelt es sich laut Störfallverordnung MV, wenn in einem Unternehmen bestimmte gefährliche Stoffe vorhanden sind oder bei einem Störfall entstehen können, die dann „unmittelbar oder später innerhalb oder außerhalb des Betriebsbereichs zu einer ernsten Gefahr oder zu Sachschäden“ führen.
  8. NDR (Hg.): Schwerin: Vink Chemicals plant Werk für Konservierungsmittel, auf: ndr.de (13.3.2023).
  9. BUND Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zur geplanten Betriebsstätte der Firma Vink Chemicals GmbH und Co. KG zur Herstellung von Produkten für die technische Konservierung im Industriepark Schwerin, S. 2, auf: bund-mecklenburg-vorpommern.de (18.4.2021).
  10. Ebd.
  11. Umweltbundesamt (Hg.): Biozide in der Umwelt, auf: umweltbundesamt.de (1.6.2022).
  12. BUND Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zur geplanten Betriebsstätte der Firma Vink Chemicals GmbH und Co. KG zur Herstellung von Produkten für die technische Konservierung im Industriepark Schwerin, auf: bund-mecklenburg-vorpommern.de (18.4.2021).
  13. TV:Schwerin (Hg.): Vink Chemicals will im Industriepark Schwerin produzieren, auf: youtube.com (7.3.2023).
  14. Landeshauptstadt Schwerin (Hg.): Neue Ansiedlung im Industriepark Schwerin – Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung des Unternehmens Vink Chemicals, auf: schwerin.de (22.3.2021).
  15. Zeit (Hg.): Vink Chemicals plant Werk für Konservierungsstoffe, auf: zeit.de (24.3.2021).
  16. E-Mail vom Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg vom 23.3.2023.
  17. Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg (Hg.): Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Herstellung von Bioziden, Bekanntmachung Vorhaben, auf: stalu-mv.de (13.3.2023).

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