Fußball-EM der Männer

Ordentlich Geld gespart

Durchschnittlich 25,6 Millionen Euro kalkulieren die Städte, in denen die Europameisterschaft ausgetragen wird, für das Großereignis ein. Das haben Recherchen von „CORRECTIV.Lokal“ und „FragDenStaat“ ergeben. MV spart sich das Geld, indem es kein einziges Spiel ausrichtet. Wir haben uns überlegt, was man mit den gesparten Millionen alternativ so alles machen könnte.

Seenotrettung im Mittelmeer
Etwa 40.000 Euro haben die Seenotretter:innen der Sea Punks für ihren ersten Einsatz kalkuliert. Würde man die gesamten 25,6 Millionen Euro spenden, könnte die Gruppe noch 640-mal Leben im Mittelmeer retten. Das ist dringend notwendig, denn mindestens 2.526 Menschen ertranken dort im Jahr 2023 auf der Flucht.

Netzwerk gegen häusliche Gewalt unterstützen
Im Beratungs- und Hilfenetz finden Betroffene häuslicher und sexualisierter Gewalt Unterstützung. Teil des Netzwerks sind etwa MVs Frauenhäuser sowie Beratungs- und Interventionsstellen. Dass die Finanzierung der Angebote und der dafür notwendigen Stellen, auch vor dem Hintergrund der immer weiter steigenden Fallzahlen, nicht ausreicht, mahnen die Verantwortlichen seit Jahren an. Die von der Landesregierung jährlich zur Verfügung gestellten 2,72 Millionen Euro reichen demnach nicht aus. Mit den gesparten Millionen könnte MV die Unterstützung für das Hilfenetz für neuneinhalb Jahre verdoppeln.

Dreizehntes Gehalt für Kita-Erzieher:innen
Wir haben darüber nachgedacht, ob man mit den 25,6 Millionen Euro beim Ministerium für Kindertagesförderung eine Anzahlung für mehr Kitapersonal leisten könnte. So forderte etwa die Volksinitiative Betreuungsschlüssel für Kindertageseinrichtungen in MV senken, das Verhältnis zwischen Personal und Zahl der betreuten Kinder deutlich zu verbessern. Daraus wird erst mal nichts, denn rein rechnerisch werden für die Forderungen der Initiative 5.000 neue Vollzeitkräfte gebraucht, was Mehrkosten von circa 280 Millionen Euro verursachen würde. Da sind 25,6 Millionen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Stattdessen schlagen wir vor, allen bereits jetzt pädagogisch in Kindertageseinrichtungen Tätigen ein dreizehntes Gehalt auszuzahlen. Bei 13.144 Menschen bekäme jede:r 1.947 Euro. Wenn schon nicht mehr Personal, dann zumindest eine monetäre Entschädigung für ungenügende Arbeitsbedingungen und Überlastung.

Teile des Rostocker Stadttheaters finanzieren
Im Februar begann der Bau des neuen Volkstheaters in Rostock. Bereits 2018 hatte die Bürgerschaft den Beschluss zum Neubau gefasst. In der Vergangenheit gab es Kritik am Bauwerk, weil es zu teuer sei. Ein Teil der geplanten Kosten in Höhe von 210 Millionen Euro könnten von nicht ausgegebenem EM-Geld bezahlt werden.

Tranzparenzhinweis: Diese Recherche ist Teil einer Kooperation von KATAPULT MV mit FragDenStaat und  CORRECTIV.Lokal, einem Netzwerk für Lokaljournalismus, das datengetriebene und investigative Recherchen gemeinsam mit Lokalredaktionen umsetzt. CORRECTIV.Lokal ist Teil des gemeinnützigen Medienhaus CORRECTIV. Für mehr Recherchen und Kontext: correctiv.org/newsletter

Quellen

  1. Statista Research Department (Hg.): Geschätzte Anzahl der im Mittelmeer ertrunkenen Migranten nach Fluchtrouten im Zeitraum 2014 bis 2024, auf: de.statista.com (19.6.2024).
  2. Primke, Paul Lukas: Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt in MV droht Schließung, auf: svz.de (6.2.2024).
  3. Landtag MV (Hg.): Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung und Kindertagesförderung (7. Ausschuss) zum Antrag der Volksinitiative (…) „Betreuungsschlüssel für Kindertageseinrichtungen in MV senken“, auf: landtag-mv.de (4.3.2024).
  4. Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung MV (Hg.): Datenblatt Kindertagesförderung 2023_2024, S. 2, auf: service.mvnet.de – Stichtag: 1. März 2023.
  5. NDR (Hg.): Nach Jahren des Streits: Baustart für Volkstheater Rostock, auf: ndr.de (7.2.2024).

Autor:innen

  • Porträt von Lilly Biedermann Redakteurin Katapult MV in Greifswald

    Redakteurin in Greifswald

    Geboren und aufgewachsen in Sachsen. Ist zum Studieren vom tiefen Osten in den kalten Osten nach Greifswald gezogen.

  • Redakteurin in Greifswald

    Geboren in Berlin, aufgewachsen in Berlin und Brandenburg. Tauschte zum Studieren freiwillig Metropole gegen Metropölchen.