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Insgesamt erfasste Lobbi 89 Angriffe im ersten Halbjahr. Sollte das Jahr so weitergehen, befürchtet die Beratungsstelle „einen traurigen Allzeit-Rekord rechter Angriffe seit der Gründung des Vereins im Jahr 2001“. Regionale Schwerpunkte sind Rostock, Stralsund und Schwerin. Die meisten Angriffe gemessen an der Bevölkerungszahl gab es neben den kreisfreien Städten in den Landkreisen Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald.
In ihrer Chronologie rechter Angriffe führt Lobbi Gewalttaten auf, die angezeigt wurden. Bekannt sind der Beratungsstelle weit mehr Fälle, die jedoch nicht einzeln veröffentlicht werden – denn das könnte ein Ermittlungsverfahren nach sich ziehen, was von den Betroffenen nicht gewünscht sei. Außerdem ist von einer weit höheren Dunkelziffer auszugehen.
Lobbi sieht einen Zusammenhang zwischen den rassistischen Forderungen der AfD und der damit einhergehenden Diskursverschiebung und der Zunahme der Gewalttaten. Die Hälfte der Angriffe in den ersten sechs Monaten dieses Jahres fanden im Mai und Juni statt, um den Termin der Kommunal- und Europawahlen am 9. Juni. In dem Zusammenhang verweist die Beratungsstelle auf Untersuchungen, die zeigen, dass mindestens jede:r fünfte AfD-Anhänger:in Gewalt gegen Politiker:innen und Geflüchtete befürworte.
„Existenzielle Bedrohung in einem neuen Ausmaß“
Laut Lobbi zeige die „Konjunktur rechter Gewalt“, dass das die Wahlerfolge der AfD und rassistische öffentliche Diskurse rechtsextremen Gewalttäter:innen Selbstsicherheit und vermeintliche Legitimation verleihen. Der Bundesverband der Beratungsstellen warnte vor einer „Wechselwirkung zwischen der zutiefst menschenverachtenden, gewaltverherrlichenden Propaganda der AfD und der Normalisierung von rechten Ideologien, Rassismus, Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit in medialen und gesellschaftlichen Diskursen.“
Das gesellschaftliche Klima bedeute laut Lobbi eine „existenzielle Bedrohung in einem neuen Ausmaß“ für potenziell Betroffene rechter Gewalt, wie migrantisch (gelesene), queere, obdachlose, arme Menschen sowie vermeintliche politische Gegner:innen: „Ihre Schutzräume werden in Zukunft vermehrt in Frage gestellt werden, es besteht die Gefahr, dass sich vulnerable Communities aus der Öffentlichkeit zurückziehen. In vielen Orten ist dies bereits der Fall.“
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Autor:innen
Geboren in Rostock.
Aufgewachsen in Rostock.
Studierte in Rostock. Und Kiel.