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Abfallwirtschaft

Wer holt in Zukunft MVs Müll ab?

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Lesedauer: ca. 3 Minuten

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Das Thema „Abfall“ ist offenbar unter Jugendlichen und Berufsanfängern nach wie vor eher negativ besetzt. Das bilanziert jedenfalls der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) nach der Auswertung seiner Betriebsdaten in dieser Branche.

In der Abfallwirtschaft unterscheidet man zwischen kaufmännischen und gewerblich-technischen Berufen. Im ersten Berufszweig gibt es laut Verband keine Nachwuchsprobleme. Wohl aber im zweiten. Und das ist genau der Teil der Arbeit, der die eigentliche Kernleistung in der Abfallwirtschaft erbringt: den Müll abzuholen und zu verwerten.

„Bei diesen Kollegen ‚in Orange‘ unterscheiden wir wiederum zwischen sogenannten Anlerntätigkeiten und Tätigkeiten, die eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen“, so der Verband. Zur ersten Kategorie zählen die „in der Tat dringend und in großer Zahl benötigten Müllwerker“. Wie viele genau, könne der Verband aber nicht benennen.

In zehn Jahren gehen 50 Prozent der Müllwerker in Rente

Das Problem zeigt sich dennoch bereits sehr deutlich, betrachtet man die Altersstruktur: Deutschlandweit ist ein Müllwerker nach aktuellem VKU-Bericht durchschnittlich 45,9 Jahre alt. Der Anteil der Beschäftigten über 50 Jahre beträgt rund 43 Prozent. So könne es künftig personelle Engpässe geben, wenn in etwa zehn bis 15 Jahren altersbedingt etwa 50 Prozent der Mitarbeitenden in kommunalen Entsorgungsunternehmen in Rente gehen, so der Verband.

Müllwerker in MV besonders alt

Noch zugespitzter ist das Problem in MV. Denn der Altersdurchschnitt liegt hier noch höher als der Bundesdurchschnitt. So sind Müllwerker in MV laut VKU derzeit im Schnitt zwischen 50 und 55 und somit älter als der Landesdurchschnitt (und Ministerpräsidentin Schwesig). Dies liege vor allem an der Umstrukturierung von Betrieben und dem Neubau von Anlagen nach der Wende: Damals hätten viele Leute als Quereinsteiger neu in der Abfallwirtschaft angefangen, die jetzt um die 50 bis 60 Jahre alt sind. Das sei eine regionalspezifische, ostdeutsche Entwicklung.

Fakt ist: Der Beruf des Müllwerkers muss deutlich attraktiver werden, um ausreichend Nachwuchskräfte anzuziehen. Zumal das Müllaufkommen in den letzten Jahren gestiegen ist. So wurden im Jahr 2020 bei deutschen Privathaushalten insgesamt rund 756.000 Tonnen Abfälle eingesammelt. Das waren fast 33.000 Tonnen mehr als 2019, etwa 19 Kilogramm pro Kopf. Mehr Müll also, aber weniger Fachkräfte!

Abfall attraktiver machen

Um die personelle Nachfolge zu sichern, bieten manche Abfallwirtschaftsbetriebe beispielsweise bereits eigene Ausbildungen an, so zum Beispiel eine dreijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer, zum Teil mit eigenen Fahrschulen für ihre Auszubildenden. Das Ausbildungsfeld ist aber sogar noch diverser: Gebraucht werden Industriemechaniker:innen, KFZ-Mechatroniker:innen und Fachkräfte für Kreislauf- und Abfallwirtschaft. Besonders in den letzten beiden Berufsfeldern werden Nachwuchskräfte laut VKU in den kommenden Jahren dringend benötigt.

Trotzdem können die angebotenen Ausbildungsplätze nur selten vollständig besetzt werden, weil „das Thema ‚Abfall‘ offenbar unter Jugendlichen und Berufsanfängern nach wie vor ein eher negativ behaftetes Image hat“, so eine Sprecherin des Verbands.

Ein Vorteil: Der Beruf ist krisensicher, auch in Pandemiezeiten. Auch für ungelernte Arbeitskräfte bieten kommunale Abfallwirtschaftsunternehmen sichere Jobs. Und im Durchschnitt verdient ein Müllwerker mindestens rund 32.000 Euro brutto im Jahr.

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Fußnoten

  1.  Verband kommunaler Unternehmen (Hg.): VKU-Umfrage zur Abfallsammellogistik bei kommunalen Entsorgungsunternehmen, Betriebsdatenauswertung 2018, auf: vku.de, S. 8 (1/2020).
  2. Landesamt für innere Verwaltung (Hg.): Deutlich mehr Haushaltsabfälle im Corona-Jahr 2020, auf: 
  3. Verband kommunaler Unternehmen (Hg.): VKU-Umfrage zur Abfallsammellogistik bei kommunalen Entsorgungsunternehmen, Betriebsdatenauswertung 2018, auf: vku.de, S. 26 (1/2020).

Autor:innen

Redaktionsleitung bei KATAPULT MV.

Ist in Greifswald geboren, hat in Augsburg studiert und zog für den Lokaljournalismus wieder zurück nach Meck-Vorp.

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