Gute Arbeit?

Jeder Euro hilft, neue Recherchen zu realisieren!

Energiepolitik im Bundestagswahlkampf

Windenergie auf die 1 – nur nicht bei der AfD

Energie soll bezahlbar und jederzeit vorhanden sein. Doch wie die Energieversorgung der Zukunft in Deutschland aussieht, darüber lässt sich streiten. In den vergangenen Jahren haben Bundesregierungen ihre Energiepolitik auch danach ausgerichtet, welche Auswirkungen sie auf das Klima hat. Denn die Energiewirtschaft gilt als eine Hauptverursacherin von Treibhausgasen. Alles Quatsch, findet die AfD. In ihrem Wahlprogramm leugnet sie nicht nur den Klimawandel, sondern plant auch eine energiepolitische Rolle rückwärts ins Zeitalter von Kernkraft und Kohle.

Die AfD hält den Einfluss des Menschen auf das Klima für nicht existent. In ihrem Programm zur Bundestagswahl tut sie den menschengemachten Klimawandel als „politisch konstruiert“ ab.1 Daraus begründet sie auch die Behauptung, der Mensch könne das Klima gar nicht schützen.2 Daher sieht die AfD „keinen Grund, die notwendige und sinnvolle Nutzung fossiler Energien (…) zu beschränken oder gar zu verbieten“. Insgesamt will die Partei auf einen „Energiemix“ setzen. Das gewünschte energetische Zugpferd: Kernenergie. Dafür soll der Atomausstieg rückabgewickelt werden – bestehende Meiler sollen umgehend wieder in Betrieb gehen.3 Während im Leitantrag zur Abstimmung über das Wahlprogramm im Januar auch der Neubau von Kernkraftwerken vorgesehen war,4 ist davon in der finalen Version nun nicht direkt mehr die Rede. Allerdings soll die Zeit bis zum Wiedereinstieg in die Kernkraft auch durch einen „Ausbau von Kohlekraftwerken“ überbrückt werden. Denn auch der für spätestens 20385 geplante Kohleausstieg kommt für die AfD nicht infrage.6

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Die Kernenergie soll mit der AfD also ein Comeback erleben. Wohin aber mit dem strahlenden Müll? Darauf bleibt die Partei eine Antwort schuldig. Bis heute ist in Deutschland noch nicht mal ein Endlager für den hochradioaktiven Müll gefunden, der sich bisher angesammelt hat – circa 17.000 Tonnen Schwermetall.7 Im besten Fall ist mit einer Entscheidung 2046, im schlechteren 2068 zu rechnen. Und dann ist das Lager noch nicht betriebsbereit.8
Dem ursprünglichen Grund für den Atomausstieg, der 2011 nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima übrigens mit großer Mehrheit im Bundestag beschlossen wurde,9 widmet sich die Partei in ihrem Programm nicht.

AfD: Windkraft = Umweltsünder

Vor dem Hintergrund der Forderung nach weiterer Kohleverstromung überrascht es, im Wahlprogramm den Begriff „Umweltschutz“ zu lesen. Den befürwortet die Partei nämlich durchaus – allerdings nur mit Blick auf die erneuerbaren Energien. Für diese sieht sie keine große Zukunft. Sie würden ohne staatliche Unterstützung am Markt nicht bestehen, meint die Partei und will – mit Ausnahme bereits vertraglich zugesagter Subventionen – entsprechend alles Bisherige streichen.10 Mit Blick auf einen möglichen Wiedereinstieg in die Kernkraft argumentieren Expert:innen übrigens ähnlich. So sagte die Leiterin des Energiebereich am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Claudia Kemfert, gegenüber der Ostsee-Zeitung, dass gerade der Bau von Reaktoren nur funktioniere, wenn entsprechend subventioniert werde oder ausschließlich staatliche Gelder flössen. „Ohne diese Subventionen wäre Atomstrom für Haushalte und Unternehmen unbezahlbar.“11

Zurück zu den Erneuerbaren: Die vorrangige Einspeisung des aus ihnen gewonnenen Stroms ins Netz, die sich aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ergibt, möchte die Partei stoppen. Im EEG ist übrigens festgeschrieben, dass bis 2030 der Anteil erneuerbaren Stroms am Stromverbrauch in Deutschland „auf mindestens 80 Prozent“ steigen soll.12 Daraus würde mit der AfD nichts werden. Auch aufgrund ihrer Einstellung zur Windkraft, mit der im vergangenen Jahr fast 29 Prozent des Stroms in Deutschland erzeugt wurden.13

Windenergieanlagen zählen für die Partei nämlich zu den wahren Umweltsündern der Energiebranche. Diesen Eindruck vermittelt zumindest ihr Wahlprogramm. Die Anlagen stellten grundsätzlich eine Gefahr für Natur, Gesundheit und Lebensqualität dar, ist die AfD überzeugt. Daher lehne man „den weiteren Ausbau der Windenergie ab“.
Einen Hinweis darauf, wie die Menschen in MV dazu eingestellt sind, gibt eine nichtrepräsentative Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland mit 4.679 Teilnehmer:innen. Demnach sehen zwei von drei Menschen im Bundesland Windkraft am ehesten als die Energiequelle der Zukunft an. Atomkraft rangiert mit rund 51 Prozent auf Platz drei und Kohle mit rund 11 Prozent unter „ferner liefen“.14

Hier geht es zu den Kandidierenden der AfD zur Bundestagswahl aus Mecklenburg-Vorpommern: AfD-Kandidierende im Überblick

Mehr zur Bundestagswahl lest ihr auf der Themenseite Bundestagswahl 2025.

  1. AfD-Bundesverband (Hg.): Wahlprogramm der AfD zur Bundestagswahl 2025, S. 77, auf: afd.de (Stand 12.1.2025). ↩︎
  2. Ebd., S. 79. ↩︎
  3. Ebd., S. 41. ↩︎
  4. Bundesgeschäftsstelle der Partei Alternative für Deutschland (Hg.): Leitantrag der Bundesprogrammkommission. Programm der Alternative für Deutschland für die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag, S. 15 (Stand 28.11.2024). ↩︎
  5. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Hg.): Kohleausstiegsgesetz, auf: bmuv.de. ↩︎
  6. AfD-Bundesverband, S. 41. ↩︎
  7. Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (Hg.): Inhalt der Zwischenlager: Bestrahlte Kernbrennstoffe, auf: base.bund.de (Stand 27.11.2024). ↩︎
  8. Leidinger, Tobias: Verlängerte Zwischenlagerung in Deutschland – Handlungsbedarf auf allen Ebenen, in: atw –International Journal of Nuclear Power, 68(2), S. 48 (März 2023). ↩︎
  9. Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (Hg.): Der Atomausstieg in Deutschland, auf: base.bund.de (Stand 21.1.2024). ↩︎
  10. AfD-Bundesverband, S. 40. ↩︎
  11. Meyer, Andreas: Viele Menschen in MV wollen die Atomkraft zurück: Wie das funktionieren könnte, auf: ostsee-zeitung.de (31.1.2025). ↩︎
  12. § 1 Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien. ↩︎
  13. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (Hg.): Struktur der Stromerzeugung in Deutschland 2024, auf: ag-energiebilanzen.de (Dezember 2024). ↩︎
  14. Meyer 2025. ↩︎

Autor:in

  • Redakteurin und Betriebsrätin in Greifswald

    Geboren in Berlin, aufgewachsen in Berlin und Brandenburg. Tauschte zum Studieren freiwillig Metropole gegen Metropölchen.

Gute Arbeit?

Jeder Euro hilft, neue Recherchen zu realisieren!