Interview mit Andreas Pieper

„Ein Autokorso ist die ideale Protestform für diese Klientel“

Mit einem Autokorso will der „Unternehmeraufstand MV“ am Nachmittag erneut auf die Energiekrise aufmerksam machen und gegen die aktuelle Politik protestieren. Polizei und Landkreise verweisen auf erhöhte Staugefahr in und um die betroffenen Städte. Der Organisator der Aktion in Greifswald, Andreas Pieper, geht von einer ähnlich hohen Zahl an Teilnehmenden aus wie beim ersten Mal. Noch vor einem Jahr hat er die Corona-Demonstrationen in der Stadt mitorganisiert. KATAPULT MV hat ihn gefragt, warum ein Autokorso auch in Zeiten der Energiekrise die ideale Protestform für seine Klientel sein soll und ob der Unternehmeraufstand nun versucht, andere Zielgruppen zu erreichen als bisher.

KATAPULT MV: Am letzten Autokorso des Unternehmeraufstandes MV haben sich in Greifswald rund 160 Menschen beteiligt. Haben Sie schon eine ungefähre Übersicht, wie viele es bei dieser Aktion sein werden?

Andreas Pieper: Ich erwarte eine ähnliche Beteiligung wie vor sechs Wochen. Einen genauen Überblick habe ich nicht.

Ist ein Autokorso das richtige Mittel für einen Protest gegen die aktuelle Energiepolitik?

MV ist ein Flächenland, wo viele Unternehmen auf Kraftfahrzeuge angewiesen sind, und viele Unternehmen können sich am besten mit ihren Fahrzeugen und Maschinen präsentieren. Häufig tragen die Fahrzeuge auch Firmenwerbung, womit ein Korso für diese Klientel besonders attraktiv ist und gezeigt werden kann, was durch die aktuelle Fehlpolitik gefährdet ist. Insofern ist ein Fahrzeugkorso die ideale Protestform für diese Klientel zu diesem Thema.

Haben Sie auch über alternative Protestformen nachgedacht, wie zum Beispiel eine Fahrraddemo oder die Fünf-nach-zwölf-Aktion?

Ich wurde von der Initiative Unternehmeraufstand MV gefragt, ob ich die Ablegerversammlung in Greifswald leiten kann. Damit ist das Format „Fahrzeugkorso“ gesetzt. Als Versammlungsorganisator verstehe ich mich als Dienstleister, der ein Angebot bereitstellt. Wenn ich von einer Initiative, hinter deren Intention ich stehe, gefragt werde, mache ich gerne auch einen Fahrradkorso oder auch supergerne eine Seglergeschwaderfahrt. Die Fünf-nach-zwölf-Aktion ist mir nicht geläufig.

Spielt die Corona-Pandemie für Sie bei den aktuellen Protesten noch eine Rolle?

Ich beteilige mich und organisiere viel lieber Proteste für Menschen-, Grund- und Bürgerrechte. Für Wohlstand oder gegen Wohlstandsverluste Dritter zieht es mich nicht auf die Straße. Aber es gilt beim Unternehmeraufstand MV als Erstes, die Intention der Artikulation von Existenznöten zu bedienen. Für mich ist es aber auch eine Gelegenheit, langjährige Fehlentwicklungen zu vermitteln. Man muss die Leute da abholen, wo sie sind, ohne sie zu überfrachten. Ich habe die Proteste gegen den Corona-Totalitarismus auch nicht organisiert, weil es mir nur um Frischluft und so weiter geht. Sondern weil ich auf langjährige Fehlentwicklungen aufmerksam machen will, wofür Julian Assange, Edward Snowden oder 9/11 nur Symptome in unserem Fiat-Geldsystem sind und ich mich selbst mit meinen Kompetenzen einbringen will. Des Weiteren bin ich als Physiker/Querdenker weiterhin Forscher und will ergründen, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Um dies auf gesellschaftlicher Ebene zu tun, ist es mein Ansatz, mit den Menschen zu reden und nicht dekadent über sie zu urteilen oder vorzuverurteilen.

Sie haben die Aufrufe zum Autokorso auch an das Studierendenmagazin webmoritz und den Greifswalder Asta verschickt. Versuchen Sie, andere Menschen zum Protest zu bewegen als bisher?

Prinzipiell nicht. Ich habe schon immer darauf abgezielt, die vernunftbegabten und rückgratstarken Menschen zu erreichen. Mit unterschiedlichen Formen und Themen kann man mehr erreichen. Dazu sind Versammlungen nach Themen und Interessen zu differenzieren. Packt man alles in eine Versammlung, so reduziert sich die Schnittmenge immer weiter. Das ist ein häufig gemachter Fehler. Denn die Themen wirken bei der Klientel eher als Und-Verknüpfung und nicht, wie man es gerne hätte, als Oder-Verknüpfung. Zu viele Themen kombiniert schrecken eher ab, als dass man meint, es müsse doch für jeden was dabei sein.

Mehr Artikel zu Demonstrationen und zu Andreas Pieper:

Zu- und abnehmende Professionalisierung – KATAPULT MV

„Krisenbündnis“ für einen Protest ohne Nazis – KATAPULT MV

Transparenzhinweis vom 25.11.2022: Wegen zu wenig angemeldeter Fahrzeuge (15) sagte die Versammlungsleiterin in Rostock den geplanten Autokorso dort kurzfristig ab.

Quellen

  1. Bei der Fünf-nach-zwölf-Aktion im Oktober 2022 hatten sich Unternehmer:innen in verschiedenen Städten für ein paar Minuten mit Plakaten vor ihre Geschäfte gestellt – ebenfalls als Protest gegen die aktuelle Politik.

Autor:in

  • Bild von KATAPULT MV Redaktionsleiterin Martje Rust

    Redaktionsleitung

    Ist in Greifswald geboren, hat in Augsburg studiert und zog für den Lokaljournalismus wieder zurück nach MV.