Foto von der Demonstration am 15.10.2025 in Schwerin zu den geplanten Kürzungen der Landesregierung in den Bereichen Kita, Inklusion und soziale Arbeit.
Unabhängiger Journalismus kostet Zeit und Geld. Eure Unterstützung macht ihn aber möglich!
Kürzungen im Sozialen befürchtet

5.500 Menschen protestieren gegen Haushaltspläne der Landesregierung

Unter dem Motto „MV bleibt sozial“ luden verschiedene Wohlfahrtsverbände des Landes gestern nach Schwerin ein. Tausende folgten dem Aufruf, um gegen geplante Kürzungen im Sozialbereich zu demonstrieren. Während sich Politiker:innen missverstanden fühlten, forderten die Teilnehmenden neben einem Dialog die sichere Finanzierung von Kitas, Inklusion und Sozialer Arbeit.
Wir brauchen euch, damit unsere Inhalte kosten- und werbefrei bleiben.

Selten versammeln sich vor dem Schweriner Schloss so viele Menschen wie zur Demonstration am 15. Oktober. Etwa 5.500 Menschen aus dem ganzen Land kamen am Alten Garten zusammen, um gegen geplante Änderungen im Landeshaushalt zu demonstrieren. Unter den Teilnehmenden waren Pädagog:innen, Eltern, Menschen mit Behinderungen  und Politiker:innen. Zur Demo aufgerufen hatte die Liga MV – ein Zusammenschluss der Landesverbände von Awo, Caritas, DRK, Diakonie, Paritätischem und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Die Liga bündelt Interessen und vertritt gemeinsame Anliegen gegenüber der Politik.1 Die Forderung auf dem Protest: eine langfristige Strategie zum Erhalt der sozialen Infrastruktur in MV. Denn diese sieht die Liga durch geplante Änderungen im Landeshaushalt bedroht.

Jan-Hendrik Hartlöhner, DRK-Landesgeschäftsführer und Liga-Vorstandsvorsitzender, kritisiert: „Landeszuschüsse stagnieren, während Personal- und Sachkosten seit Jahren steigen.“
Jan-Hendrik Hartlöhner, DRK-Landesgeschäftsführer und Liga-Vorstandsvorsitzender, kritisiert: „Landeszuschüsse stagnieren, während Personal- und Sachkosten seit Jahren steigen.“

Neues Gesetz, neue Probleme

Aktuell wird im Landtag über den Haushalt 2026/2027 diskutiert – dabei auch über das Haushaltsbegleitgesetz. Basierend auf Empfehlungen des Landesrechnungshofes soll damit unter anderem auf steigende Ausgaben im sozialen Bereich reagiert werden. Der Gesetzesentwurf soll nicht nur regeln, wie viel Geld zur Verfügung gestellt wird, sondern beeinflusst auch, unter welchen Bedingungen soziale Arbeit im Land stattfindet. Neben dem ohnehin schon schlechten Betreuungsschlüssel in den Kitas befürchten die Wohlfahrtsverbände auch, dass sich mehr Regeln und Standards bei der Finanzierung von Inklusion und sozialer Arbeit negativ auf die individuelle Unterstützung der Menschen auswirken könnten. Auch ein größerer bürokratischer Aufwand bei Planung und Abrechnung wird erwartet. Was aus Sicht der Landesregierung zu mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei Ausgaben führen soll, mache laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW MV) den wirtschaftlichen Betrieb für kleinere Unternehmen nahezu unmöglich.

Ulrike von Malottki (rechts), Landesvorsitzende der GEW MV: „Wir müssen darauf achten, dass wir die Kitas im ländlichen Raum nicht verlieren.“
Ulrike von Malottki (rechts), Landesvorsitzende der GEW MV: „Wir müssen darauf achten, dass wir die Kitas im ländlichen Raum nicht verlieren.“

Die Liga zeigte sich außerdem aufgrund der schlechten Kommunikation zum Gesetzentwurf – allen voran von Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) und Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) – enttäuscht. Die Politiker:innen wiederum bemühten sich im Rahmen mehrerer Stellungnahmen im Vorfeld der Demo, die geplante Gesetzesänderung zu verteidigen. Darunter beispielsweise Simone Oldenburg2 oder der Chef der Staatskanzlei Patrick Dahlemann (SPD)3.

Bildungsministerin Simone Oldenburg räumte ein: „Unsere Kommunikation der letzten Wochen war alles andere als gut. Wir waren nicht klar genug, nicht deutlich genug und nicht rechtzeitig genug.“
Bildungsministerin Simone Oldenburg räumte ein: „Unsere Kommunikation der letzten Wochen war alles andere als gut. Wir waren nicht klar genug, nicht deutlich genug und nicht rechtzeitig genug.“

Situation in MV

Bundesweit hat MV – trotz Geburtenrückgang – das schlechteste Verhältnis von Pädagog:innen zur Anzahl der zu betreuenden Kinder4. Stellt die Landesregierung weniger Geldmittel zur Verfügung, kann das bedeuten, dass der Betreuungsschlüssel noch weiter sinkt. Weiter befürchten die Demonstrierenden, dass das Haushaltsbegleitgesetz zum Wegfall von 10-Stunden-Plätzen in Kita führen könnte. Damit gebe es für weniger Kinder im Land die Möglichkeit, in diesem Zeitumfang in einer Einrichtung betreut zu werden. Sollten Kitas aufgrund von weniger Geld und größerem Verwaltungsaufwand entsprechend Plätze streichen, könnte das wiederum eine Einschränkung für Eltern in Vollzeitjobs bedeuten.

Christine Henningsen (2.v.r.), Elternratsvorsitzende im Landkreis Rostock: „Die jetzt sinkenden Kinderzahlen sollten genutzt werden, um die Qualität der frühkindlichen Bildung zu verbessern.“ Dabei hofft sie beispielsweise auf eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels.
Christine Henningsen (2.v.r.), Elternratsvorsitzende im Landkreis Rostock: „Die jetzt sinkenden Kinderzahlen sollten genutzt werden, um die Qualität der frühkindlichen Bildung zu verbessern.“ Dabei hofft sie beispielsweise auf eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels.

In Mecklenburg-Vorpommern leben etwa 14 Prozent aller Menschen mit einer Schwerbehinderung5. Es wurde durch die Verbände bemängelt, dass die Bedarfe für Menschen mit Behinderungen in MV trotzdem nicht ausreichend erfasst seien. Auch hier sei die individuelle Unterstützung wichtiger als die Einführung zusätzlicher Standards. Denn ein Pflegegrad sage nur wenig über die tatsächlich benötigte Unterstützung für einen Mensch aus.

Moderatorin Manja Potts (rechts) forderte Sozialministerin Stefanie Drese (vorne links) auf, einen Termin für die in diesem Jahr bislang ausgebliebene Landesarbeitsgemeinschaft Soziales zu nennen. Dort sollen sich Politik und Verbände austauschen – unter anderem zu Fragen der Bedarfe und Finanzierung.
Moderatorin Manja Potts (rechts) forderte Sozialministerin Stefanie Drese (vorne links) auf, einen Termin für die in diesem Jahr bislang ausgebliebene Landesarbeitsgemeinschaft Soziales zu nennen. Dort sollen sich Politik und Verbände austauschen – unter anderem zu Fragen der Bedarfe und Finanzierung.

Noch haben die verantwortlichen Politiker:innen die Möglichkeit, auf den Protest und die Forderungen zu reagieren. Eine Abstimmung über den neuen Haushalt ist erst im Dezember geplant6.

Vertreter:innen sämtlicher Landtagsfraktionen – darunter Christine Klingohr (SPD), Daniel Peters (CDU), Torsten Koplin (Linke) oder Jutta Wegner (Grüne) – hörten den formulierten Ängsten, Sorgen und Forderungen zu. AfD-Landtagsabgeordneter Martin Schmidt produzierte währenddessen abseits der Redner:innen ein Video, um die aktuelle Landesregierung zu kritisieren.
Vertreter:innen sämtlicher Landtagsfraktionen – darunter Christine Klingohr (SPD), Daniel Peters (CDU), Torsten Koplin (Linke) oder Jutta Wegner (Grüne) – hörten den formulierten Ängsten, Sorgen und Forderungen zu. AfD-Landtagsabgeordneter Martin Schmidt produzierte währenddessen abseits der Redner:innen ein Video, um die aktuelle Landesregierung zu kritisieren7.
Demonstration in Schwerin am 14. Oktober 2025 für eine sichere Finanzierung von Kitas, Inklusion und sozialer Arbeit.
  1. Liga MV (Hg.): Mehr über die Liga, auf: liga-mv.de. ↩︎
  2. @bildungmv: Beitrag vom 11.10.2025, auf: instagram.com. ↩︎
  3. @staatskanzlei.mv: Beitrag vom 10.10.2025, auf: instagram.com. ↩︎
  4. Hübbe, Morten: Kitastrophale Personalsituation, auf: katapult-mv.de (11.1.2024). ↩︎
  5. NDR (Hg.): Fast jeder Siebte in MV ist schwerbehindert, auf: ndr.de (16.7.2024). ↩︎
  6.  NDR (Hg.): Streit um Sozialausgaben in MV: Das kritisieren die Sozialverbände, auf: ndr.de (13.10.2025). ↩︎
  7. @martinschmidtafd, Beitrag vom 15. Oktober 2025, auf: instagram.com. ↩︎

Autor:in

  • Chefredakteur

    Geboren in Vorpommern, aufgewachsen in Mecklenburg. Einziger KATAPULT-Redakteur mit Traktorführerschein UND Fischereierlaubnis.

Gute Arbeit?

Jeder Euro hilft, neue Recherchen zu realisieren!

Ein KATAPULT-MV-Abo beinhaltet:

Mit deinem Abo erhältst du KATAPULT MV und unabhängigen Lokaljournalismus am Leben!

KATAPULT-Newsletter