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Demonstration in Rostock

Solidarität mit Frauen und Protesten in Afghanistan und Iran

Am Samstag findet die zweite Solidaritätskundgebung mit Frauen in Iran statt. Dieses Mal soll außerdem auch die Lage der Frauen in Afghanistan thematisiert werden. Die Kundgebung beginnt um 14 Uhr am Uniplatz in Rostock.

Anders als vergangenen Samstag wird die Kundgebung diese Woche nicht von Rostocker:innen aus Iran organisiert, sondern von der Initiative Women in Exile MV, unterstützt von Pro Bleiberecht, Rostock hilft und dem Verein Stark machen, der ein Frauenhaus in Rostock betreibt und Beratungen über sexualisierte, häusliche Gewalt, Stalking und Sexarbeit in Rostock, Stralsund und Grimmen anbietet. Auch das Eine Welt Landesnetzwerk rief zur Teilnahme auf. 

„Diese Kundgebung ist die Stimme iranischer und afghanischer Frauen, die jetzt von der Regierung verhaftet und getötet werden, nur weil sie Demokratie fordern“, heißt es von Jina, einer der Organisatorinnen. Sie wollen auf der Kundgebung die aktuelle Lage von Frauen in Afghanistan und Iran erklären. Die islamistischen Regime der Mullahs und der Taliban unterdrückten Demokratie und Frauenrechte.

Iraner:innen und Afghan:innen brauchen Ihre Hilfe. Iranische Mädchen werden von der Sittenpolizei festgenommen, geschlagen, ausgeraubt und sogar getötet, weil sie keinen Hijab tragen. In Afghanistan ist die Situation ähnlich. Wir laden alle Rostocker:innen ein, mit uns zu demonstrieren und ihre Solidarität zu zeigen. Solche Zeichen des Mitgefühls bedeuten den Menschen in Afghanistan und Iran viel.

Jina, Mitorganisatorin der Solidaritätskundgebung

Die Organisator:innen und Unterstützer:innen fordern die Freilassung aller politischen Gefangenen und das Ende des diktatorischen Systems. Außerdem fordern sie die Landes- und Bundesregierung dazu auf, sich klar gegenüber der iranischen Regierung zu positionieren.

Auf der Kundgebung werden außerdem Flyer verteilt mit Hinweisen dazu, wie aus der Ferne Hilfe möglich ist. Beispielsweise ermöglicht das Tool Snowflake Menschen weltweit, auf zensierte Webseiten und Anwendungen zuzugreifen. So kann die vom iranischen Regime auferlegte Zensur umgangen werden. 

Landtag beschließt Abschiebestopp für Iraner:innen

Am Freitag waren die Proteste in Iran auch Thema im Landtag in Schwerin. Den zusätzlichen Tagesordnungspunkt hatten die Fraktionen von Grünen, SPD, Linken und FDP bereits am Montag aufnehmen lassen. Innenminister Christian Pegel (SPD) gab bekannt, dass die Abschiebung von Menschen aus Iran für drei Monate ausgesetzt werde, bis es eine bundeseinheitliche Regelung gebe. Der Forderung nach einem bundesweiten Abschiebestopp schlossen sich die Fraktionen von SPD, Linken, Grünen und FDP an. In MV sind derzeit 24 Personen von einer Abschiebung bedroht, davon elf Frauen. 

Women in Exile ruft außerdem für den kommenden Montag zu einer Stunde Streik auf: „Wir hoffen, dass wir nach 43 Jahren Diktatur und Verbrechen gegen die Menschlichkeit endlich Proteste auf der ganzen Welt gegen diese Regierung anschieben können“, sagt Dana Raha aus Iran und Mitorganisatorin der Kundgebung.

Erste Demo vergangene Woche

Vergangenen Samstag sind etwa 100 Personen im Demonstrationszug vom Doberaner Platz zum Neuen Markt gelaufen und haben Solidarität mit Frauen und Protestierenden in Iran gefordert. Am Neuen Markt verbrannte eine Frau ihren Hijab, weitere schnitten sich ihre Haare ab. „Wir wollen die Stimme der iranischen Menschen sein, die gerade kein Internet haben“, hieß es von einer der sechs Organisator:innen. 

Die Protestierenden forderten Sanktionen gegen Iran, das Recht auf Selbstbestimmung, das Recht für Frauen, selbst entscheiden zu dürfen, ein Kopftuch zu tragen, freien Zugang aller Frauen zu Bildung und Bewegungsfreiheit von Frauen im ganzen Land ohne Einschränkungen durch die Regierung oder Männer.

Hintergrund

Am 16. September ist die 22-jährige Jina Amini in Iran im Polizeigewahrsam gestorben. Sie soll von den Einsatzkräften zu Tode geprügelt worden sein. Die iranische Frau kurdischer Abstammung wurde zuvor von der Sittenpolizei inhaftiert, weil sie den Hidschāb nicht ordnungsgemäß getragen haben soll.

Gesichter des Protestes in Iran. Sechs Porträts mit Beschreibung der Menschen. Jina Amini, 22: Tot, wurde in Teheran festgenommen, weil sie ihren Hijab nicht richtig trug. Wurde dann misshandelt, verstarb später im Krankenhaus. Zara Mohammadi, 29: Festgenommen, Kurdischlehrerin und Leiterin der NGO Nujin. Seit 2019 in Haft, weil sie die nationale Sicherheit gefährde. Nika Shakrami, 17: Tot, verschwand während der Proteste am 20.9.2022. Ihre Leiche wurde 8 Tage später der Familie übergeben. Schädel und Nase waren gebrochen. Donya Rad: Festgenommen, weil sie ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit gefrühstückt hat. Seitdem im Foltergefängnis Evin. Hadis Najafi, 20: Tot, während der Proteste am 26.9.2022 schossen die iranischen Sicherheitskräfte sechs Mal auf sie. Sareh Mansouri, 31: Festgenommen, die LGBTQIA+-Aktivistin wurde wegen ihrer Tätigkeit und sexuellen Orientierung zum Tode verurteilt.
Diese Liste ließe sich noch um Sarina Esmailzadeh, Elmira Bahmani, Shervin Hajipour, Elham Choubdar, Mehrdad Karimpou, Roshan Ahmadi, Minoo Majidi, Farid Mohammadi und viele weitere Menschen erweitern.

Seit drei Wochen protestieren deswegen Frauen in Iran, indem sie ihre Hidschābs verbrennen und sich die Haare abschneiden. Mittlerweile fordern die Protestierenden einen Regimewechsel. Gegen die Demonstrierenden gehen die Sicherheitskräfte mit brutalen Repressionen vor, reagieren mit willkürlichen Verhaftungen, Gewalt und scharfer Munition. Darüber hinaus wird das Internet blockiert, um Informationen einzuschränken. Über 150 Menschen sind bisher offiziell bei den Protesten getötet worden.

Mehr zu Iran:

In Afghanistan werden seit der Machtübernahme der Taliban am 15. August 2021 Frauenrechte abgeschafft. Frauen und Kinder, kritische Journalist:innen, Wissenschaftler:innen, Frauen- und Menschenrechtsaktivist:innen, Autor:innen, Künstler:innen und Angehörige religiöser, ethnischer oder sexueller Minderheiten müssen seitdem um Ihr Leben fürchten – wie die Künstlerin Hafiza Qasimi. Mecklenburg-Vorpommern nimmt nur ehemalige Ortskräfte auf

Anfang September sorgte ein Video von Elaha Delaware für Aufsehen, in dem die junge Frau den ehemaligen Sprecher des Innenministeriums der Taliban beschuldigt, sie zur Heirat gezwungen, vergewaltigt und gefoltert zu haben.

Quellen

  1. E-Mail vom Eine Welt Landesnetzwerk am 7.10.2022.
  2. E-Mail von Pro Bleiberecht am 5.10.2022.
  3. E-Mail vom Eine Welt Landesnetzwerk am 7.10.2022.
  4. https://snowflake.torproject.org/.
  5. DPA (Hg.): Schwerin will sich zu Protesten im Iran positionieren (6.10.2022).
  6. E-Mail vom Eine Welt Landesnetzwerk am 7.10.2022.
  7. E-Mail von einer Organisatorin, die nicht genannt werden möchte, am 1.10.2022.
  8. Ihr kurdischer Name Jina wurde von den staatlichen Behörden nicht anerkannt, stattdessen wurde ihr der Name Mahsa gegeben. Wir verwenden den Namen Jina.
  9. Graschl, Lilly; Kracht, Ole: Das Regime geht weiter über Leichen!, auf: katapult-magazin.de (5.10.2022).
  10. E-Mail von Pro Bleiberecht am 5.10.2022.

Autor:in

  • Bild von KATAPULT MV Redakeurin Victoria Flägel

    Redakteurin in Rostock

    Rostock-Redakteurin und kinderlose Katzenlady

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