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„Kunst inmitten des Krieges“ in Rostock

Afghanische Künstlerin kann erstmals eigene Ausstellung eröffnen

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„Kunst inmitten des Krieges“ Ausstellungseröffnung in Rostock: Jemand betrachtet ein Gemälde, auf dem Hände sich von innen an dem Augengitter einer Burka festhalten und nach draußen greifen.

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Hafiza Qasimi lächelt auf der Ausstellungseröffnung Gäste an.

Hafiza Qasimi ist Künstlerin und Frauenrechtsaktivistin aus Afghanistan.

Gemälde von einer Frau, deren lange Haare aussehen wie die Blätter eines Baumes. In der Hand hält sie eine Erdkugel.

Ihre farbenfrohen Werke zeigen unverschleierte Frauen mit wehenden Haaren, Friedenstauben, Weltkugeln. Da ihre Gemälde freie Frauen zeigen, zerstörten die Taliban wenige Tage nach ihrer erneuten Machtübernahme im August 2021 Hafizas Bilder und ihre gesamte Galerie in der afghanischen Hauptstadt Kabul.

Eine Frau schaut sich ein Gemälde an von einer Frau mit Kopftuch, verdecktem Mund und verschmiertem Make-up.

Unter Lebensgefahr malte sie neue, ließ sie fotografieren und zerstörte sie anschließend selbst. Aus Angst vor den Taliban.

Hafiza spricht an einem Redepult. Neben ihr stehen ihr Bruder Anosh und Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger.

Hafiza konnte zum ersten Mal selbst diese Ausstellung eröffnen. Seit einem Jahr stellt ihr Bruder Anosh die Werke an verschiedenen Orten in MV und Hamburg aus. Hafiza selbst musste währenddessen aus Afghanistan über Iran nach Deutschland fliehen. Anderthalb Jahre haben die Geschwister dafür gekämpft, dass die Künstlerin ein Visum für Deutschland erhält.

Anosh steht am Redepult und spricht ins Mikrofon.

Anosh übersetzt Hafizas Worte: „Ich kann nicht beschreiben, wie sehr ich mich freue, dass ich hier sein darf.“ Und sie fordert: „Wir müssen alle eine Stimme für die Frauen in Afghanistan sein und auf ihre Lage aufmerksam machen.“

Hafiza und Kröger schauen sich das Gemälde an, mit dem die Ausstellung beworben wird: Eine zweigeteilte Frau, auf der linken Seite ist sie vollständig verhüllt von einer hellblauen Burka, der Hintergrund ist schwarz-weiß. Auf der rechten Seite hat sie offene, lange Haare, rote Lippen, Ohrringe, im Hintergrund sieht man grüne Natur, einen blauen Himmel und fliegende Tauben.

Auch Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Die Linke, rechts), sagte, es sei „ein Geschenk“, dass die Künstlerin selbst vor Ort sein konnte. Und appellierte an die Anwesenden, zu hinterfragen, wie mit Menschen aus Afghanistan in Rostock, MV und Deutschland umgegangen werde.

Foto vom Publikum, das auf die Leinwand schaut.

Nach den Eröffnungsworten wurde ein Kurzfilm über die heimliche Entstehung der Werke gezeigt. Bei einer anschließenden Fragerunde wollte eine Frau wissen, ob sich Hafiza vorstellen könnte, die verbrannten Arbeiten irgendwann neu zu malen.

Foto von nebeneinander hängenden, bunten Gemälden.

Die Künstlerin entgegnete, dass sie hoffe, genügend Kraft dafür schöpfen zu können. Doch das werde Zeit brauchen: Die eigenen Arbeiten zu verbrennen, sei für sie eines der furchtbarsten Dinge gewesen, die sie je durchleben musste.

Foto von Besucher:innen, die sich die Gemälde ausschauen. Im Hintergrund ist ein Bild von Frauen und Mädchen hinter Gittern zu sehen.

Die fotografierten Reproduktionen sind bis zum 31. März im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus im Rostocker Rathaus ausgestellt. Sie können wochentags von 8 bis 18 Uhr besichtigt werden.


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Autor:innen

Freier Fotograf aus Rostock.

Geboren in Rostock.
Aufgewachsen in Rostock.
Studierte in Rostock. Und Kiel.

Bis Oktober nicht im Dienst.

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