Nachdem vor der Küste Sellins am Wochenende sowohl eine Arbeitsplattform als auch ein Schwimmbagger für Aufregung sorgten, erklärte der verantwortliche Energiekonzern RWE, dass es sich „lediglich um Erkundungsarbeiten“ handele. Diese seien „üblich“, um etwa die Beschaffenheit von Boden und Untergrund vor Ort zu prüfen. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee habe die Arbeiten genehmigt.
Am Vorgehen des Unternehmens entzündet sich jedoch Kritik. Es sei unklar, welche Arbeiten seit dem Wochenende genau durchgeführt würden. So liege es auch im Bereich des Möglichen, dass neben Bodenerkundungen der Schwimmbagger bereits Baggerarbeiten ausführe, schreibt die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Zudem sei die Arbeitsplattform auch „für schwere Arbeiten und zum Beispiel Bohren ausgerüstet“. Dass dies alles „während der Vogelrastzeit und mitten in der Laichzeit des Herings stattfindet, ist naturschutzrechtlich unhaltbar“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Die Organisation hat nach eigenen Angaben Widerspruch gegen die Vorgänge beim Bergamt Stralsund eingelegt.
Neben der DUH zeigten sich auch die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen sowie Vertreter der Politik überrascht bis empört. So äußerte der Bürgermeister von Binz, Karsten Schneider (parteilos), er halte die Entwicklung für „wirklich besorgniserregend“. MVs Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) habe noch am Freitag erklärt, „dass der bisher geplante Standort keine Rolle mehr spiele“, so Schneider. Es würde nach Alternativen gesucht. Jetzt sehe es aber schon wieder ganz anders aus.
Aus diesem Grund richtete Schneider gemeinsam mit anderen Bürgermeister:innen der Insel Rügen auch einen Brief an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Sie solle sich dafür einsetzen, dass Rügen von der „LNG-Agenda“ von Land und Bund gestrichen werde.
Forderung: Bund und Land müssen reagieren
Die Reaktionen aus der Landespolitik klingen ähnlich. So forderte die Landtagsfraktion der Grünen bereits gestern von den zuständigen Behörden, umgehend für Aufklärung zu sorgen. Sollte tatsächlich bereits der Bau begonnen worden sein, dann müsse dieser sofort gestoppt und auch „rechtliche Schritte gegen RWE geprüft werden“, so der energie- und klimapolitische Sprecher Hannes Damm. Auch er wies darauf hin, dass sich aktuell Heringe zum Laichen in der betreffenden Region aufhalten. Sollte RWE auf diesem Wege versuchen, Tatsachen zu schaffen, seien sowohl Land als auch Bund in der Pflicht, dies nicht zuzulassen.
Auch der energie- und umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Daniel Seiffert, forderte heute, das Land möge Bund und RWE umgehend „in die Schranken weisen“. So werde derzeit einerseits nach alternativen Standorten für das Terminal gesucht, andererseits fehle bisher der zweifelsfreie Nachweis, dass überhaupt „weitere LNG-Kapazitäten gebraucht werden“, argumentiert der Linken-Politiker. Es dürften jetzt keine Tatsachen geschaffen werden – gerade vor dem Hintergrund möglicher Auswirkungen auf die Umwelt und das Vertrauen der Bürger:innen in die Politik.
Zum Weiterlesen:
- Kritik an Überkapazität und drohenden Gefahren
- Verbände bringen Einwände gegen Großprojekt vor
- LNG-Projekte sind überdimensioniert
- Protest gegen LNG-Terminal
- Widerstand gegen Großprojekt vor Rügens Küste
- Nach dem Hering kommt die Pipeline
Quellen
- Deutsche Umwelthilfe (Hg.): RWE beginnt mit ersten Arbeiten zum Bau des LNG-Monster-Terminals vor Rügen: Deutsche Umwelthilfe legt Widerspruch ein, auf: duh.de (19.3.2023).↩
- Landtagsfraktion der Grünen in MV (Hg.): LNG-Terminal vor Rügen: Unrechtmäßiger Baustart durch RWE?, auf: gruene-fraktion-mv.de (19.3.2023).↩
- Landtagsfraktion der Linken in MV (Hg.): Bund und Energiekonzern RWE in die Schranken weisen, auf: linksfraktionmv.de (20.3.2023).↩