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Kommunalpolitik

„Bürgermeisterduell“ in Marlow

Am 11. Mai ist Wahltag in MV. In Marlow (Landkreis Vorpommern-Rügen) wird dann nicht nur ein neuer Landrat, sondern auch ein neuer Bürgermeister gewählt. Damit alle Wahlberechtigten eine fundierte Entscheidung treffen können, hat der 19-jährige Finn Meinhardt in Eigenregie eine Podiumsdiskussion organisiert.
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Eigentlich wäre Norbert Schöler noch bis März 2026 Bürgermeister von Marlow gewesen. Im Dezember gab er allerdings bekannt, sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegen zu wollen. Jetzt muss im Recknitztal neu gewählt werden. Insgesamt fünf Kandidaten stellen sich zur Wahl: die vier Einzelbewerber Thomas Brenneisen, René Hagemeister, Andreas Kröger und Peter Michalik, dazu Jarod Schilke von der rechtsextremen AfD.1

Finn Meinhardt ist Marlower, Schiedsrichter beim Fußball und Student der Politikwissenschaften an der Uni Rostock. Er sagt, er habe seiner Stadt etwas zurückgeben wollen und zeigen, was man mit seinem Studium erreichen kann. Vor gut einem Monat hat er deshalb alle, die es werden wollen, angesprochen und gefragt, ob sie sich ein Bürgermeisterduell vorstellen könnten. Die Rückmeldungen seien durchweg positiv gewesen.2

„Das hat sich natürlich wie ein Lauffeuer herumgesprochen“, erinnert sich Meinhardt. Inzwischen wird er auch auf der Straße dazu angesprochen. Viele Menschen aus Marlow wussten bis jetzt nicht einmal, wer kandidiert. Am 6. Mai haben sie nun die Möglichkeit, die Kandidaten direkt zu ihren Anliegen zu befragen.

Vorbereitung ist alles

Eine Podiumsdiskussion hat der 19-Jährige noch nie geleitet. Darum ist die Vorbereitung besonders wichtig. Mit jedem Kandidaten hat er sich im Vorfeld der Veranstaltung getroffen oder telefoniert. Und nicht nur das: „Es ist inzwischen ein Ritual, dass ich jeden Abend am Schreibtisch sitze, mir einen Flyer eines Kandidaten vornehme, mir intensiv Fragen überlege und mich auch mit den Biografien beschäftige.“

Das Bürgermeisterduell selbst wird aus zwei Teilen bestehen. Im ersten Teil dürfen die Kandidaten ihre Ideen für Marlow – ihr Wahlprogramm sozusagen – und sich selbst vorstellen. Dazu wird ihnen Meinhardt Fragen stellen. Im Anschluss dürfen die Zuschauer:innen fragen.

Sorge vor Rechtsextremen

Die Veranstaltung findet im Recknitztal-Hotel statt. Ursprünglich war die Marlower Sporthalle vorgesehen, aber wegen Sicherheitsbedenken zog die Stadt ihre Unterstützung zurück. Sollte nämlich etwas passieren, würde die Versicherung des Studenten nicht greifen. „Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass man als Stadt nicht einfach sagt, ‚wir veranstalten das Ganze. Du hast zwar die Organisationsarbeit, aber wir sind quasi die Schirmherrin‘“, sagt Finn Meinhardt heute.

Die Sicherheitsbedenken gibt es unter anderem wegen der Teilnahme des AfD-Kandidaten aus Stralsund. „Die Befürchtung besteht natürlich, dass Stralsunder:innen der AfD mitanreisen und die Plätze im aktuellen Veranstaltungsort zu weiten Teilen mit AfD-Anhänger:innen gefüllt werden“, so der junge Marlower. Die Partei wird vom Verfassungsschutz mittlerweile als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.3

Doch warum lädt man einen solchen Kandidaten dann überhaupt ein? Meinhardt: „Ich finde das selber eigentlich ganz spannend, warum ein junger Mann, der in der Stralsunder Bürgerschaft sitzt, bei uns im Kreistag sitzt, in Stralsund geboren wurde und in Stralsund lebt, jetzt auf einmal die Möglichkeit ergreift, sich hier als Bürgermeisterkandidat aufstellen zu lassen.“ Alle anderen Kandidaten leben seit Jahren in Marlow.

Auch Finn Meinhardt selbst ist dageblieben, trotz Studiums in Rostock. Er finde es gut, nicht dort zu leben, wo man studiert, und abends dem Trubel der Stadt entkommen zu können. „Ich bin einfach ein typischer Dorfmensch“, sagt er und lacht.

  1. Wenning, Anika: Bürgermeisterwahl in Marlow: Diese fünf Kandidaten treten an, auf: ostsee-zeitung.de (6.3.2025). ↩︎
  2. Telefonat mit Finn Meinhardt am 30.4.2025. ↩︎
  3. Bundesamt für Verfassungsschutz (Hg.): Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die „Alternative für Deutschland“ als gesichert rechtsextremistische Bestrebung ein, auf: verfassungsschutz.de (2.5.2025). ↩︎

Autor:in

  • Porträt von Lilly Biedermann Redakteurin Katapult MV in Greifswald

    Redakteurin in Greifswald

    Geboren und aufgewachsen in Sachsen. Ist zum Studieren vom tiefen Osten in den kalten Osten nach Greifswald gezogen.

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