Am Abend des 6. Oktober fanden gleich zwei Kundgebungen auf dem Marktplatz in Ribnitz-Damgarten (Vorpommern-Rügen) statt. Die verschwörungsideologische Gruppierung Bürgerforum Ribnitz-Damgarten hatte gemeinsam mit der örtlichen AfD-Fraktion zu einer Veranstaltung mit dem rechten Aktivisten Serge Menga eingeladen. Das Bündnis Ribnitz-Damgarten bleibt bunt organisierte als Reaktion darauf einen Protest für die Demokratie.

Als Grund für diesen Gegenprotest gab Anmelder Andreas Grebner an, die Demokratie in Gefahr zu sehen. „Es entsteht oft der Eindruck, dass Ribnitz-Damgarten blau und braun wäre”, erklärte Grebner. Dennoch gebe es vor Ort viele Menschen, die sich für Demokratie und Vielfalt engagieren. An dem Protest für Demokratie beteiligten sich etwa 100 Menschen, darunter Politiker:innen der Linken, der Partei die Partei und den Grünen. Nur die CDU hätte kein Interesse gezeigt, sich zu beteiligen, so Grebner. Er erklärte außerdem, dass mehr Menschen Gesicht zeigen müssten, damit Ribnitz-Damgarten nicht als rechte Hochburg gesehen wird. Dafür plane das Demokratiebündnis bereits Angebote und Veranstaltungen.

Das Bürgerforum Ribnitz-Damgarten und Serge Menga hatten laut Polizeiangaben etwa 180 Personen versammelt – viele davon mit AfD-Flaggen und AfD-Bekleidung. Gastgeber Maik Waack betonte, dass es sich um eine Veranstaltung des Bürgerforums handele, die AfD diese aber unterstützen würde. Er selbst ist AfD-Stadtvertreter in Ribnitz-Damgarten. Waack griff in seinem Redebeitrag auch Andreas Grebner von der Gegendemo an: Man brauche keinen Westdeutschen, der einem erklärt, wie man leben solle. Dass Waacks Gast Poppe Gerken – Inhaber des Bützower Bahnhofes – ebenfalls aus Westdeutschland stammt, spielte keine Rolle.


Begleitet wurde die rechte Veranstaltung von dem Streamer Philipp Lässig. Der Westfale hat eigenen Aussagen nach seinen AfD-nahen Youtube-Kanal Politik im Fokus vor zwei Jahren gestartet, der aktuell über 139.000 Abonnierende verzeichnet. Darauf verbreitet er uneingeordnet Beiträge von rechten Akteur:innen und AfD-Polikter:innen.1
Die Redner:innen der Versammlung bezeichneten sich und die rechtsextreme Partei als „wahre Demokraten“ und lehnten die etablierten Parteien wie CDU und SPD gleichzeitig strikt ab. Maik Waack behauptete weiterhin, die SPD und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hätten nichts für das Land getan. Diese Meinung teilte der bei der Gegendemo anwesende SPD-Landtagsabgeordneter Michel Schiefler nicht. Aus seiner Sicht gebe es zwar Herausforderungen, die Situation sei aber nicht so schlecht, wie auf AfD-Seite behauptet werde. Schiefler wünsche sich, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, die die AfD als Lösung sehen.

Die rechten Redner:innen

Serge Menga
Der Aktivist wurde erstmals öffentlich bekannt, als er sich nach sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln mit einem Video an die Täter wandte. Diese forderte er auf, „wieder nach Hause“ zu gehen, „wo gebombt und misshandelt wird.“2 Daraus resultierte eine große mediale Aufmerksamkeit für den gebürtigen Kongolesen, der heute in Essen lebt. Zunächst war er ein halbes Jahr CDU-Mitglied. 2016 wollte er der AfD beitreten, zog allerdings seinen Antrag zurück, weil ihm nicht sofort eine Vollmitgliedschaft angeboten wurde.3 Ein Jahr später gründete er die Partei Das Haus Deutschland.4 Es ist unsicher, ob diese noch existiert, da der Link zu deren Website zum Internetauftritt der extrem rechten Partei Die Republikaner führt. Menge selbst spricht immer wieder bei AfD-Veranstaltungen.5 Laut Sozialwissenschaftler Özgür Özvatan von der Humboldt-Universität Berlin ist Mengas Auftreten Teil der AfD-Strategie. Konkret gehe es darum, junge migrantische Menschen als Wähler:innen zu gewinnen.6

Annett Braasch
Die Ribnitzerin gab den rechtspopulistischen Medien Junge Freiheit und Nius sowie der Bild Interviews, nachdem ihre Tochter Loretta am 27. Februar 2024 von drei Polizist:innen aus ihrem Unterricht auf dem Richard-Wossidlo-Gymnasium geholt worden sein soll. Grund dafür waren Tiktok-Beiträge der damals 16-Jährigen gewesen, die Parolen der rechtsextremen Partei III. Weg enthielten.7

Christian Zorn
Der AfD-Politiker Christian Zorn ist Teil der Stadtvertretung in Bergen auf Rügen sowie Mitglied des Kreistages Vorpommern-Rügen.8 Der Rüganer ist außerdem AfD-Landtagskandidat im Wahlkreis 23.9 Zorn nahm 2022 an einer Demo gegen die damalige Energiepolitik in Lubmin teil, auf der unter anderem der ehemalige AfD-Politiker Andreas Kalbitz auftrat. Der Brandenburger war früher Mitglied der inzwischen verbotenen neonazistischen Heimattreuen Deutschen Jugend.10

Was bleibt?
Ribnitz-Damgarten steht damit exemplarisch für viele Orte, in denen rechte Gruppen versuchen, sich als vermeintliche Stimme des Volkes zu inszenieren. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Bürgerinitiativen, verschwörungsideologischen Netzwerken und parteipolitischen Strukturen zunehmend.
Veranstaltungen wie jene am 6. Oktober zeigen, wie eng lokale Akteur:innen der AfD mit rechtsextremen Influencer:innen und Online-Formaten verflochten sind – und wie gezielt sie versuchen, den öffentlichen Raum und die Deutungshoheit über gesellschaftliche Themen zu erlangen.
Gleichzeitig wird deutlich, dass es vor Ort Menschen gibt, die damit nicht einverstanden sind. Das Bündnis Ribnitz-Damgarten bleibt bunt steht stellvertretend für viele zivilgesellschaftliche Initiativen in der Region, die zeigen, dass demokratischer Widerstand in Mecklenburg-Vorpommern keine Seltenheit ist.
- @PolitikimFokus auf: youtube.com. ↩︎
- Speit, Andreas: Besorgte Bürger haben frei, auf: taz.de (14.4.2018).
↩︎ - Schymiczek, Marcus: Facebook-Star Serge Menga wollte in die AfD eintreten, auf: waz.de (27.7.2026). ↩︎
- Kopps, Johannes: Neue Partei wirft viele Fragen auf, auf: waz.de (16.10.2017). ↩︎
- AfD Kreis Märkischer Kreis (Hg.): Serge Menga im AfD GV Lennetal: Migration, Integration und „Wir schaffen das!“ 10 Jahre danach, auf: alternative-fuer-mk.de. / AfD Bezirk OWL (Hg.): Video vom Vortragsabend mit Serge Menga in Bad Oeynhausen online, auf: afd-minden-luebbecke.de. ↩︎
- Reichart, Johannes: Wie die AfD um Migranten wirbt – und sie zugleich verunglimpft, auf: br.de (14.8.2024). ↩︎
- KATAPULT MV (Hg.): Rechtsextreme Verflechtungen in Ribnitz-Damgarten, auf: katapult-mv.de (18.7.2024). ↩︎
- AfD Fraktion Vorpommern-Rügen (Hg.): Christian Zorn, auf: afd-fraktion-vr.de. ↩︎
- @AfD.MV: Beitrag vom 28. September 2025 auf: instagram.com. ↩︎
- Fredrich, Benjamin: Unfriedliche Demo, auf: katapult-mv.de (25.9.2022). ↩︎


