Alle Entwicklungen beim Bau des LNG-Terminals auf Rügen

Bauarbeiten vorläufig gestoppt

Nach dem Aus für Nord Stream und die Versorgung mit russischem Erdgas setzt die Bundesregierung nun auf verflüssigtes Gas als Energieträger. Dafür wird auf Rügen das fünfte deutsche LNG-Terminal gebaut – im Schnellverfahren. Das Großprojekt wird von Anwohner:innen, Expert:innen und Umweltverbänden heftig kritisiert. Wir verfolgen die Entwicklungen in einem Newsblog.

Naturschutzgebiete, Sandstrand – und eine Aussicht auf Schiffe wie an der Nordsee? Das könnte auf der Insel Rügen bald Wirklichkeit werden. Die Bundesregierung plant in Mukran das größte fossile Projekt Europas: das fünfte deutsche Terminal für Flüssigerdgas (liquified natural gas – LNG). Dazu will der Gasfernleitungsnetzbetreiber Gascade eine 50 Kilometer lange Anbindungspipeline von Lubmin nach Mukran verlegen.Mit Entsetzen und massivem Widerstand haben die Bürger:innen und Gemeindevertretungen der Ostseebäder auf die Pläne reagiert. Seitdem geht jedoch alles ganz schnell: Die Bagger arbeiten bereits, während Umweltverbände und die Gemeinde Binz vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Eilanträgen auf einen Baustopp reihenweise scheitern. Expert:innen und Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Greenpeace und der Naturschutzbund (Nabu) warnen vor katastrophalen Auswirkungen auf Natur, Schiffsverkehr und den Tourismus auf der beliebten Ferieninsel. Anwohner:innen fürchten um ihren berühmten Meerblick und beschweren sich schon jetzt über nächtlichen Lärm auf dem Greifswalder Bodden.

LNG so überflüssig wie Nord Stream

Eine vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der DUH erstellte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für das LNG-Projekt in Mukran eine Notwendigkeit weder aus energiewirtschaftlicher noch aus industriepolitischer Sicht besteht. Eine solche gab es ebenso wenig, als es um die Nord-Stream-Pipelines ging, wie der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Klimastiftung festgestellt hat.

Expert:innen, die bereits vor der energiepolitischen Überflüssigkeit der deutsch-russischen Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 gewarnt hatten, scheitern nun trotz plausibler Argumente und klarer Studienlage vor Gericht erneut. Die Angst, die europäische und deutsche Gasversorgung könnte besonders im Winter und bei Engpässen nachhaltig gefährdet sein, sitzt tief. Das vermeintliche Gegenmittel wird nun Kilometer um Kilometer auf den Grund des Greifswalder Boddens verlegt.

Das LNG-Projekt auf Rügen bekämpft ein Gespenst, das es nicht gibt. Unsere gemeinsame Studie belegt erneut, dass die Versorgung Ostdeutschlands und Osteuropas gesichert ist. Die Bundesregierung muss sich mit diesen Resultaten auseinandersetzen. Die Errichtung von LNG-Terminals vor Rügen hat mit faktenbasierter und verantwortungsbewusster Politik nichts zu tun.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe

Risiken für Ostsee und Nachbarstaaten

Diverse Gutachten zeigen, dass die Bauarbeiten für die Anbindungspipeline katastrophale Auswirkungen auf das sensible Ökosystem des Boddens haben werden. Betroffen seien geschützte Seevögel, Fische sowie die Kegelrobbe und der vom Aussterben bedrohte Schweinswal, so die DUH. Da sich das Ökosystem Ostsee über Ländergrenzen hinweg erstreckt, gefährdet die Pipeline laut Umwelthilfe die Biodiversität im benachbarten Polen genauso wie in Schweden und Dänemark.

Dennoch will die Bundesregierung die 50 Kilometer lange Anbindungsleitung zwischen dem Gasnetzknotenpunkt Lubmin und Mukran durchs Schutzgebiet bis Ende des Jahres fertigbauen. Proteste hielten die Arbeiten bislang nur kurzzeitig auf. Obwohl LNG oft als Brückentechnologie bezeichnet wird, ist es im Vergleich zu anderen fossilen Brennstoffen wie Kohle und Erdöl kaum umweltfreundlicher. Das liegt am umstrittenen Fracking, das besonders in den USA und in Australien zur Gasförderung genutzt wird. Das so gewonnene Gas macht einen erheblichen Teil der Lieferungen aus. Ganz unabhängig von Russland wird Deutschland damit ebenfalls nicht, denn auch Russland bietet sein LNG nach wie vor auf dem Weltmarkt an.

Alle Entwicklungen rund um das geplante LNG-Terminal im KATAPULT-LNG-Blog

12. Januar 2024

Erfolg für den Hering

Vorläufig wird es keine LNG-Pipelinearbeiten am Rand des Greifswalder Boddens geben. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat einen vorübergehenden Baustopp verhängt.

Damit ist das Gericht einem Eilantrag der Deutschen Umwelthilfe gefolgt. Die hatte mehrfach auf einen Stopp der Arbeiten hingewirkt, denn zwischen Rügen und dem Festland kommen jetzt zur Laichzeit 70 bis 80 Prozent der Heringe aus der gesamten westlichen Ostsee zusammen.

25. Oktober 2023

Zweiter Abschnitt der LNG-Anbindung genehmigt

Trotz der Proteste und Einwände wurde am Mittwoch der zweite Abschnitt der LNG-Pipeline zwischen Mukran auf Rügen und Lubmin vom Bergamt Stralsund genehmigt. Damit können die Arbeiten nach Abschluss des ersten Teilabschnitts nahtlos weitergehen. Die technische Fertigstellung der Unterwasserleitung ist bis Ende des Jahres geplant. Die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen kritisiert den Umgang mit Klima- und Umweltschutzbedenken scharf. Eine Sachdebatte habe nie stattgefunden, stattdessen seien Proteste und Einwendungen abgeschmettert worden. Der Landesregierung wirft die Initiative beim Thema LNG eine „Kultur der Gleichgültigkeit“ vor.

Mit Volldampf nicht nur in die Klimakatastrophe: Das LNG-Beispiel entlarvt die Scheinheiligkeit staatlichen Klima- und Meeresschutzes.

Thomas Kunstmann, Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen

5. Oktober 2023

Einwohner:innenversammlung in Sassnitz mit Gascade und Regas

Sassnitz’ Bürgermeister Leon Kräusche (parteilos) lädt zur Einwohner:innenversammlung zum Thema LNG. Kräusche unterstützt das Vorhaben der Bundesregierung und will um mehr Vertrauen in die Entscheidung des Bundes werben. Der Bürgermeister sieht das Terminal als Chance. Neben Meck-Vorps Wirtschaftsminister Reinhard Meyer und Staatssekretär Heiko Miraß wird auch der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (alle SPD), in Sassnitz erwartet. Dazu stellen sich Ulrich Benterbusch von Gascade und Ingo Wagner vom Betreiber Deutsche Regas den Fragen der Einwohner:innen.

4. Oktober 2023

Firmen fordern günstigere Energie

Der Präsident der IHK Neubrandenburg, Wolfgang Blank, spricht sich beim dortigen Wirtschaftsempfang für einen schnellen Bau der LNG-Gasanbindung nach Lubmin aus. Die Wirtschaft brauche minimierte Risiken durch alternative Energien. Ebenso müssten zugleich eigene Energiereserven angezapft werden. Die Krise habe die vorhandenen Strukturprobleme noch einmal verschärft.

2. Oktober 2023

Usedomer Bürger:innen beschweren sich über Nachtlärm durch LNG-Arbeiten

Auf der Insel Usedom häufen sich die Beschwerden über brummenden Lärm in der Nacht. Verursacht werde dieser von den Verlegearbeiten im Greifswalder Bodden. Das Wirtschaftsministerium teilt dazu mit: Anwohner:innen können sich beschweren und genau festhalten, wann und von wo der Lärm kommt. Es sei bislang nicht zweifelsfrei zu klären, ob er durch das Verlegen beziehungsweise durch das Verklappen von Sediment in der Ostsee entsteht. Solange keine Beschwerden beim Ministerium oder im Bergamt Stralsund eingehen, werden in der Regel auch keine Lärmbelastungsmessungen durchgeführt, heißt es. Auch in Lubmin und vor Mönchgut auf Rügen beschweren sich Bürger:innen massiv über den Lärm durch die Pipelinearbeiten. Das Bergamt ist diesbezüglich bislang nicht tätig geworden.

Um die Dauerbelastung sichtbar zu machen und auf die mangelnde behördliche Unterstützung hinzuweisen, starten Betroffene eine Onlineumfrage. Teilnehmer:innen können dort unter anderem melden, wo genau der Lärm zu hören ist.

Anzeigen und Beschwerden im Zusammenhang mit dem Pipelinebau können an das Bergamt Stralsund gerichtet werden, Sachgebietsleiter Planfeststellung Rocco Müller, Telefon 0385 / 58 88 90 21, E-Mail: r.mueller@ba.mv-regierung.de.

1. Oktober 2023

Gasspeicher in Deutschland zu 95 Prozent gefüllt – LNG könnte aus Russland kommen

Der wichtigste Gasbeschaffer für deutsche Stadtwerke, Uniper, meldet in diesem Jahr bereits am ersten Oktober, dass Deutschland bei der Gasversorgung für den Winter gut aufgestellt ist. Die Speicher seien bereits zu 95 Prozent gefüllt, betont Chef Michael Lewis. Das Unternehmen hat die Gasmenge zur Erfüllung aller Verträge in diesem Winter, auch durch das LNG-Terminal im niedersächsischen Wilhelmshaven, bereits gesichert. Restrisiken gebe es dennoch, etwa wenn es sehr kalt würde oder China viel Flüssiggas nachfragt. Unabhängig von Russland kann sich Deutschland durch den Bau von LNG-Terminals jedoch nicht machen. Denn das verflüssigte Erdgas könne auch aus Russland stammen, so der Manager gegenüber der Rheinischen Post.

Russland verkauft LNG weiter auf dem Weltmarkt. Russische Moleküle sind also global im Umlauf, und im Großhandel können die Teilnehmer, also auch wir, nicht immer wissen, welchen Ursprung das eingekaufte Gas hat.

Michael Lewis, Chef des Gasbeschaffers Uniper

29. September 2023

Bergamt genehmigt Vorarbeiten für zweiten Seeabschnitt

Die Bagger können mit dem zweiten Anbindungsteil für das LNG-Terminal beginnen. Die dafür nötige Genehmigung hat das Bergamt Stralsund erteilt. Damit dürfen im Rahmen eines vorzeitigen Baubeginns die Rohrgräben im Greifswalder Bodden von der Küste Südostrügens bis nach Mukran ausgebaggert und der Aushub auf dafür vorgesehenen Flächen abgelagert werden. Es geht dabei um die erste Hälfte der 50 Kilometer langen Leitung, die das Flüssigerdgas bis zum Knotenpunkt in Lubmin transportieren soll. Von dort soll es ins Netz verteilt werden.

Die eigentlichen Verlegearbeiten des zweiten Abschnitts sind damit noch nicht genehmigt. Inzwischen sind laut Gascade bereits knapp zehn Kilometer des ersten, genehmigten Abschnitts im Greifswalder Bodden verlegt. Das Unternehmen will mit den nun genehmigten Vorarbeiten am zweiten Abschnitt sofort beginnen, um die technische Fertigstellung bis Ende des Jahres zu erreichen. In der vergangenen Woche hatten Greenpeace-Aktivisten das Verlegeschiff besetzt und die Arbeiten zeitweise unterbrochen. Kritiker:innen betonen weiterhin die nicht benötigten Überkapazitäten und Risiken für Umwelt und Tourismus um die Ferieninsel.

27. September 2023

Bürgerbegehren in Sassnitz abgelehnt

Das im Mai initiierte erste Bürgerbegehren gegen den Bau des LNG-Terminals in Mukran lehnt der Sassnitzer Gemeinderat ab.

Ein zweites Bürgerbegehren der Initiator:innen wird aktuell (Stand 6.10.2023) noch auf Zulässigkeit geprüft.

23. September 2023

Aktivist:innen besetzen Rohrleitungen in Mukran, Hunderte Demonstrant:innen in Sassnitz

Rund 700 Menschen protestieren gegen die Errichtung des LNG-Terminals und die Nutzung fossiler Energieträger. Im Laufe der Demonstration von Sassnitz nach Mukran kommt es zu mehreren Aktionen der Gruppe Ende Gelände, bei der zeitweise auch Rohre der Pipeline besetzt und blockiert werden.

22. September 2023

Studie: Rügener Flüssiggas für Energieversorgung nicht nötig

Eine Studie des DIW Berlin im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe liefert Argumente gegen das Infrastrukturprojekt. So stehe das Vorhaben nachhaltiger Regionalentwicklung im Wege, sei klimapolitisch kontraproduktiv und behindere die Energiewende, da weiterhin fossile Energieträger eingekauft werden. Laut DIW ist das Terminal vor Rügen für eine sichere Energieversorgung und zur Vermeidung von Kapazitätsengpässen nach Ostdeutschland und Osteuropa nicht notwendig. Engpässe können durch die bereits bestehenden Pipelines beseitigt werden.

Das fossile LNG-Projekt Mukran ist energiewirtschaftlich nicht notwendig und wird weiterhin nicht dringend zur Vermeidung einer Gasmangellage im Winter 2023/24 benötigt. Es ist klimapolitisch kontraproduktiv, da es den Lebensraum der Ostsee gefährdet, zusätzliche klimaschädliche Emissionen verursacht und eine nachhaltige regionale Wirtschaftsentwicklung auf Rügen behindert.

Claudia Kemfert, Abteilungsleiterin Energie-Verkehr-Umwelt am DIW

Die Studie berücksichtigt die Versorgungssituation in ganz Europa, dies gilt auch für osteuropäische Nachbarstaaten. Außerdem bestehen laut Gutachten keine strukturellen Netzengpässe, die die Versorgung Ostdeutschlands gefährden würden. Mögliche Engpässe innerhalb Deutschlands könnten schnell und deutlich günstiger durch Flussumkehr auf in Ost-West-Richtung betriebenen Verbindungsleitungen beseitigt werden. Zusätzlich gebe es genügend Flexibilität bei der Nutzung bereits bestehender LNG-Importkapazitäten. Die derzeit hohen Speicherfüllstände sowie existierende Importkapazitäten gewährleisten somit laut DIW eine ausreichende Versorgung, selbst in kalten Wintermonaten.

Die Bundesregierung sollte den Ausbau der LNG-Infrastruktur stoppen und die verfügbaren Finanzmittel stattdessen für Energiewende-kompatible Projekte verwenden.

Christian von Hirschhausen, Forschungsdirektor am DIW

21. September 2023

Greenpeace blockiert Bau der Pipeline im Greifswalder Bodden

Schlauchboote der Umweltschutzorganisation Greenpeace blockieren am Morgen kurzzeitig das Verlegeschiff Castoro 10 und machen es arbeitsunfähig. Laut Polizei seien zwei Menschen auf einen Abschnitt der Pipeline geklettert und hätten ein Banner mit den Worten „Gas zerstört“ gehisst. Einige der dreißig Aktivist:innen haben sich laut Greenpeace in einem Rohr auf dem Schiff festgemacht. Die Arbeiten müssen daraufhin unterbrochen werden.

20. September 2023

Zerstörung von Riffen möglich – Gericht lehnt Baustopp erneut ab

Nachdem vor einer Woche die Deutsche Umwelthilfe vor Gericht mit einem Baustopp für das LNG-Terminal gescheitert ist, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nun auch gegen einen entsprechenden Antrag des Nabu – aus ähnlichen Gründen. Ein Baustopp würde den engen Zeitplan empfindlich stören. Man gehe zudem davon aus, dass die Gasversorgungskrise anhalte. Das Gericht beruft sich auch auf die Bundesnetzagentur, die einen zusätzlichen Bedarf an Einspeisemöglichkeiten sieht. Der Nabu wollte insbesondere die Baggerarbeiten an gesetzlich geschützten Riffen verhindern. Eine Zerstörung der Riffe durch die Verlege- und Baggerarbeiten sei nicht auszuschließen.

Insgesamt führt die Entscheidung zu einer Niederlage für die Natur. Der Beschleunigungsrausch der Bundesregierung wirkt sich in Verfahren wie dem vorliegenden in gravierender Weise auf den Rechtsschutz aus.

Nabu-Landesgeschäftsführerin Rica Münchberger

14. September 2023

Umwelthilfe will Nord-Stream-Akten einsehen

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der Deutschen Umwelthilfe auf einen Baustopp des LNG-Terminals abgelehnt hat, fordert die DUH nun Akteneinsicht. Unter anderem geht es um die Genehmigungsdokumente der Nord-Stream-Pipelines, da sich die für das LNG-Projekt zuständige Behörde auch auf Gutachten aus den Akten zu Nord Stream 2 gestützt hat.

Klage der Deutschen Umwelthilfe: Kein Baustopp aus Leipzig

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig lehnt einen Antrag der Deutschen Umwelthilfe auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Die DUH hatte im August geklagt, nachdem das Bergamt Stralsund den ersten Seeabschnitt der Anbindungspipeline genehmigt hatte. Laut DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner könne es nicht sein, dass „dieses gigantische Infrastrukturprojekt ohne vorherige Abschätzung des Bedarfs und der ökologischen Auswirkungen stückchenweise genehmigt wird“. Das Gericht sieht die Klage als unbegründet an und geht von einem Fortbestehen der Gasversorgungskrise und der Notwendigkeit des Terminals aus.

12. September 2023

Vereinte Nationen prüfen Völkerrechtsverstoß der Bundesregierung

Nach der Beschwerde der Deutschen Umwelthilfe gegen die LNG-Pipeline vor Rügen prüfen die Vereinten Nationen einen möglichen völkerrechtlichen Verstoß der Bundesregierung. Laut Espoo-Abkommen wäre die Bundesregierung verpflichtet, bei der LNG-Anbindungspipeline sowohl Nachbarstaaten als auch die Öffentlichkeit einzubinden. Dazu müsste eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, neben einer Prüfung auf nationaler Ebene. Beide sind bislang ausgeblieben. Die UN reagiert auf die DUH-Beschwerde und kündigt rechtliche Untersuchungen gegen die Bundesregierung an. Die Umwelthilfe fordert weiterhin einen sofortigen Baustopp des „überflüssigen LNG-Terminals vor Rügen zum Schutz von Umwelt und Natur vor Ort“.Das Espoo-Übereinkommen ist ein Instrument der UN-Wirtschaftskommission für Europa zur Beteiligung betroffener Staaten und ihrer Öffentlichkeit an Umweltverträglichkeitsverfahren, die erhebliche grenzüberschreitende Auswirkungen haben können. Als Unterzeichner der Konvention ist Deutschland verpflichtet, potenziell betroffene Nachbarstaaten in Genehmigungsprozesse für Pipelineprojekte dieser Größenordnung einzubeziehen.

11. September 2023

Bau der Anbindungsleitungen für Terminal gestartet

Laut dem Gasnetzbetreiber Gascade haben die ersten Arbeiten vor Lubmin am umstrittenen LNG-Terminal und dessen Anbindungsleitung durch das Verlegeschiff Castoro 10 begonnen. Noch könnte das Bundesverwaltungsgericht die Arbeiten stoppen.

7. September 2023

Greenpeace-Aktion gegen Pipelineverlegung

Mit mehreren Aktionen macht die Umweltschutzorganisation Greenpeace auf die Risiken des geplanten LNG-Terminals auf Rügen aufmerksam. Aktivist:innen in Schlauchbooten hindern zwei Transportschiffe am Auslaufen und klettern auf einen Kran, der zum Verladen der Röhren eingesetzt wird. Der Protest richtet sich gegen fossile Energieträger und die Tatsache, dass die Pipeline durch mehrere gesetzlich geschützte Meeresschutzgebiete verläuft. Die Aktion habe jedoch keine Auswirkungen auf die Arbeiten an der Anbindungspipeline gehabt, so der Betreiber.

18. August 2023

Schwesig: Terminal nicht gegen Willen der Bevölkerung durchsetzen

MVs Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) betont im NDR-Sommerinterview, man dürfe sich beim LNG-Terminal nicht gegen den erkennbaren Willen der Rügener Bevölkerung stellen. Die Bundesregierung müsse im Gespräch mit Bürger:innen, Vertreter:innen und regionaler Wirtschaft bleiben.

17. August 2023

Keine Ermittlungen nach Geldwäschevorwurf gegen Regas-Manager

Laut der Staatsanwaltschaft Rostock ist der Vorwurf der gewerbsmäßigen Geldwäsche durch den Geschäftsführer der Deutschen Regas nicht haltbar. Die Gemeinde Binz hatte Anzeige erstattet.

15. August 2023

Deutsche Regas klagt gegen Gemeindevertreter auf Unterlassung

Am Landgericht München klagt das Unternehmen Deutsche Regas gegen die Aussagen eines Binzer Gemeindevertreters. Reiner Geulen, der von der Gemeinde Binz beauftragte Rechtsanwalt, hatte im Juli eine Pressemitteilung veröffentlicht, die die finanzielle Zuverlässigkeit der Deutschen Regas infrage stellte. Die Deutsche Regas klagte daraufhin auf Unterlassung bestimmter Aussagen zum Hintergrund der Investoren, zur Finanzierung des Unternehmens sowie zu Geschäftstätigkeiten von Gesellschaften des Geschäftsführers. Das Gericht untersagt dem beauftragten Juristen mehrere Behauptungen, etwa Vorwürfe gegen den Geschäftsführer der Deutschen Regas, er würde Kapital zwischen den Caymaninseln und Deutschland transferieren.

Binz kritisiert erwartete Genehmigung

Nach der Auslegung des Genehmigungsentwurfs des ersten Teilabschnitts bezeichnet der Bürgermeister der Nachbargemeinde Binz, Karsten Schneider (parteilos), die Nachrichten als „Schlag ins Gesicht“ insbesondere der Menschen, die gehofft hätten, die Landesregierung würde entsprechend der kritischen Haltung der Bevölkerung zum Terminal handeln. Auch aus der Landesregierung ist wiederholt Kritik an dem Vorhaben laut geworden. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig garantiert unabhängig davon ein rechtsstaatliches Verfahren.

14. August 2023

Mukran: Ortstermin im September

Das Unternehmen Deutsche Regas meldet eine hohe Nachfrage nach Gas aus dem geplanten Standort Mukran, obwohl das LNG-Terminal noch nicht einmal beantragt ist. Ein Vor-Ort-Termin des Petitionsausschusses des Bundestages fügt dem Streit um den Flüssiggasausbau auf Rügen ein weiteres Kapitel hinzu.

Erster Abschnitt von Pipeline genehmigungsfähig

Das Bergamt Stralsund hält den ersten Abschnitt der Anbindungsleitung zum umstrittenen LNG-Terminal grundsätzlich für genehmigungsfähig. Ein entsprechender Genehmigungsentwurf soll vier Tage lang ausgelegt werden. Dabei handele es sich nicht um den eigentlichen Genehmigungsbescheid. In dem Entwurf geht es um den ersten Teil der 50 Kilometer langen Leitung zwischen dem Gasleitungsknotenpunkt in Lubmin und dem geplanten Flüssigerdgasterminal in Mukran bei Sassnitz im Norden von Rügen.

8. August 2023

Baupläne für LNG-Standort mangelhaft

Ein neues Gutachten im Auftrag der Gemeinde Binz zeigt: Es gibt Mängel in den Plänen zum Ausbau des LNG-Standortes auf Rügen. Die Ausbaupläne für den Hafen Mukran weisen in den vorgelegten Antragsunterlagen „signifikante und auch durch Planüberarbeitung nicht heilbare Mängel auf“, heißt es. Es handele sich in den Unterlagen um teilweise ältere Baumaßnahmen und nicht um die aktuellen Vorhaben. Zudem stellt die Wismarer Professorin für Wasserbau und Hydromechanik Bärbel Koppe fest: Der geplante Ausbau würde den restlichen Schiffsverkehr gefährden beziehungsweise unmöglich machen. Würde der Hafen wie geplant ausgebaggert, sieht sie die Standsicherheit des Uferbauwerks an einem Liegeplatz nicht gewährleistet. Dazu kollidiert die eigentlich freizuhaltende Sicherheitszone mit dem restlichen Hafenbetrieb. Von Mukran verkehrt unter anderem eine Fähre nach Schweden.

25. Juli 2023

Neue Planungsunterlagen liegen aus

Das Unternehmen Gascade möchte die unterseeische Gasleitung vom Hafen Mukran nach Lubmin durch mehrere Naturschutzgebiete hindurch errichten. Seit dem 25. Juli liegen die Planungsunterlagen für einen weiteren Abschnitt der Pipeline aus. Noch bis zum 14. August können Privatpersonen, Gemeinden und Verbände Einwände vorbringen. Derweil hat das Bergamt bereits Vorbereitungsmaßnahmen genehmigt.

7. Juli 2023

Hafen Mukran seit Jahren unzumutbar

Der Bundesrat stimmt in einem Eilverfahren für die Aufnahme Rügens ins LNG-Beschleunigungsgesetz. Damit ist auf Bundesebene klar, dass über den Hafen von Mukran Flüssiggas importiert werden soll. Ein Gutachten aus dem Jahr 2018 zeigt jedoch, dass der Hafen nicht geeignet ist.

13. Juni 2023

Umwelthilfe gegen Gascade

Nachdem die Netzbetreiberin Gascade Vorbereitungsarbeiten für den Trassenbau angekündigt hat, beantragt die Deutsche Umwelthilfe beim zuständigen Bergamt Stralsund eine Aussetzung des Genehmigungsverfahrens für die Anbindungspipeline.

5. Mai 2023

LNG-Standort weiter unklar

Gut zwei Wochen zuvor haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Verbänden und Interessenvertreter:innen auf Rügen getroffen. Seitdem herrscht Ernüchterung auf der Insel. Am 8. Mai tagt der Petitionsausschuss des Bundestages zum Thema LNG-Ausbau auf Rügen.

12. April 2023

Anhörung im Petitionsausschuss für 8. Mai geplant

Die Petition gegen die Aufnahme möglicher LNG-Terminals vor Rügen ins LNG-Beschleunigungsgesetz hat die Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages erreicht. 61.131 Unterschriften wurden insgesamt sowohl online als auch offline gesammelt. 50.000 wären nötig gewesen.

3. April 2023

Haushaltsausschuss sperrt Milliarden für LNG-Ausbau

Der Bau des LNG-Terminals erhält einen Rückschlag auf Bundesebene. Wie der Haushaltsausschuss des Bundestags mitteilt, wird nur ein kleiner Teil der dafür von der Bundesregierung beantragten Mittel freigegeben.

29. März 2023

Vorgesehene Milliarden reichen nicht

Die Kosten für die Flüssiggasterminals, an denen der Bund beteiligt ist, steigen weiter. Nachdem im vergangenen Frühjahr noch von einem niedrigen einstelligen Milliardenbetrag die Rede war, geht das Bundeswirtschaftsministerium nun von Kosten in Höhe „von rund 9,8 Milliarden Euro aus“. Doch es drohen weitere Kostensteigerungen, wie das Ministerium selbst einräumt. So stimmt etwa der Haushaltsausschuss des Bundestages heute über zusätzliche Mittel in Milliardenhöhe ab. Darin nicht eingepreist ist offenbar die mögliche Standortverlagerung des Terminals vor Rügen.

20. März 2023

Erste Vorbereitungsarbeiten haben begonnen

Noch in der Woche zuvor hat sich Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) klar gegen den Standort geplanter Flüssiggasterminals vor Sellin ausgesprochen. Dennoch wurde am Wochenende offenbar mit ersten Vorbereitungsmaßnahmen vor Ort begonnen. So seien bereits am Samstag eine Arbeitsplattform und ein Schwimmbagger vor der Küste Rügens aufgetaucht. Während der verantwortliche Energiekonzern RWE von „Erkundungsarbeiten“ spricht, zeigen sich Umweltverbände, Bürgerinitiativen und Politik empört. Die Entwicklung sei „besorgniserregend“, kommentiert etwa der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider (parteilos).

16. März 2023

Kritik an Überkapazität und Warnung vor drohenden Gefahren

Verbände und Träger öffentlicher Belange können noch bis zum 17. März Einwände gegen den LNG-Ausbau beim Bergamt Stralsund einreichen. Drängend erscheinen Fragen zur Notwendigkeit und der Sicherheit des Projekts.

15. März 2023

Verbände bringen Einwände gegen Großprojekt vor

Sowohl die Deutsche Umwelthilfe als auch die Rostocker Industrie- und Handelskammer haben ausführliche Stellungnahmen gegen den geplanten LNG-Ausbau beim zuständigen Bergamt Stralsund eingereicht. Die Kritik ist vielfältig und reicht von Umweltschutz bis zu bürokratischen und juristischen Problemen. Dabei kommen auch ganz neue Fragen auf.

6. März 2023

Öffentlichkeitsbeteiligung zum LNG-Terminal endet

Einwände gegen den Bau des LNG-Terminals vor Rügen können nur noch heute beim zuständigen Bergamt in Stralsund eingebracht werden. Die Frist endet um 23.59 Uhr.

2. März 2023

LNG-Projekte sind überdimensioniert

Die Deutsche Umwelthilfe hat eine interne Analyse des Bundeswirtschaftsministeriums veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass bisher geplante LNG-Terminals wie das Großprojekt vor der Küste Rügens für Deutschlands Energiesicherheit keine Rolle spielen. Die Organisation fordert nun ein Umdenken der Politik.

28. Februar 2023

Deutsche Umwelthilfe legt Widerspruch ein

Seit Ende Dezember ist das schwimmende LNG-Terminal im Industriehafen Lubmin in Betrieb. Nun legt die Deutsche Umwelthilfe beim zuständigen Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Widerspruch gegen dessen Betriebsgenehmigung ein. Es müsse die Notbremse gegen die Industrialisierung der Ostsee gezogen werden, heißt es zur Begründung. Zahlreiche umweltbezogene Vorschriften seien verletzt und keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Die DUH ebnet mit dem Widerspruch auch den Weg zur Klage.

26. Februar 2023

Protest in Baabe – früherer AfD-Mann nutzt Bühne

Ein breites Bündnis aus verschiedenen Initiativen, Verbänden, Vereinen und Vertreter:innen der Kommunalpolitik ruft im Ostseebad Baabe zur Demonstration gegen das LNG-Terminal vor Rügen auf. Neben inhaltlich begründeten Positionen wird die Bühne auch von Ex-AfD-Mann Thomas Kerl für einen populistischen Rundumschlag genutzt.

14. Februar 2023

Nach dem Hering kommt die Pipeline

Meck-Vorp will seine Kapazitäten für den Umschlag von Flüssigerdgas ausbauen und nimmt dafür die malerische Küste von Rügen ins Visier. Ein geplantes Terminal etwa fünf Kilometer vor dem Strandbad Sellin besorgt Anwohner:innen, Tourismus und Umweltverbände: Wirtschaft und Naturraum wären von dem Projekt betroffen. Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) will nun Alternativen prüfen. Viel Zeit bleibt nicht: Direkt nach dem Laichen des Herings soll der Bau der nötigen Leitung bereits Mitte Mai beginnen.

2. Februar 2023

Fracking-Gas aus den USA kommt in Lubmin an

Im Auftrag des Unternehmens Deutsche Regas werden 155.000 Kubikmeter Flüssiggas im Lubminer Hafen verarbeitet und wieder in gasförmigen Zustand gebracht. Das Problem: Die Lieferung wurde mittels Fracking gewonnen und hat einen weiten Weg aus den USA zurückgelegt. Insgesamt vier LNG-Tanker sind an Transport und Weiterverarbeitung beteiligt. Allein auf der Ostsee müssen die Schiffe mehr als 55.000 Kilometer zurücklegen, um das Jahresziel der Firma zu erfüllen.

14. Januar 2023

Protest gegen LNG-Genehmigung

Bundeskanzler Scholz, MVs Ministerpräsidentin Schwesig und ihr Umweltminister Till Backhaus (alle SPD) übergeben den Genehmigungsbescheid für das LNG-Terminal an dessen Geschäftsführer. Mehr als 300 Menschen protestieren dagegen – aus verschiedenen Gründen.

Der Industriehafen Lubmin gleich hinter dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Lubmin (Foto: Patrick Hinz)
Der Industriehafen Lubmin gleich hinter dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Lubmin (Foto: Patrick Hinz)

14. Dezember 2022

Widerstand von Umweltverbänden und Initiativen

Seit dem 1. Dezember sollte das LNG-Terminal in Lubmin eigentlich von Flüssiggastankern angelaufen werden. Aufgrund fehlender Genehmigungen verschob das Unternehmen Deutsche Regas jedoch die Inbetriebnahme. Auf wann, war unklar, ein Termin noch im Dezember aber angepeilt. Gegen Errichtung und Betrieb der Anlage konnten bis Ende November Einwendungen beim zuständigen Landesamt eingereicht werden. Die Kritik am Projekt ist groß. So bemängeln etwa Umweltverbände und Bürgerinitiativen die Vorgehensweise des Unternehmens, von Landesregierung und zuständiger Behörde. Neben unzureichender Beteiligung und einer fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung kritisieren sie auch das Tempo des Verfahrens. Ein Überblick.

Das Vorhaben der Bundesregierung in all seinen Facetten und mit seiner Wucht wird zu einer außergewöhnlichen Zäsur für die Insel Rügen.

gemeinsame Erklärung der Vertreter:innen der Ostseebäder Sellin, Baabe, Mönchgut, Göhren und Binz

Nicht nur die Rüganer fürchten um ihre Sicht und Sicherheit, ihre Natur und die Tourist:innen. Auch in Swinemünde an der polnischen Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern sind die Pläne für ein schwimmendes Containerterminal fortgeschritten. Und doch ist die Situation in Polen vor allem für Kritiker:innen, Politiker:innen und Umweltverbände eine ganz andere: Gegner:innen würden mundtot gemacht, Protest sei kaum mehr möglich. Die grüne Europaabgeordnete Hanna Neumann mahnte bereits vor einem Jahr im Gespräch mit KATAPULT MV vor dem Druck auf die polnische Zivilgesellschaft.In Deutschland ist vor allem der Zeitdruck auf alle Beteiligten die entscheidende Frage. Auf Rügen versuchen die Menschen nun, sich eine Stimme zu verschaffen. In einer nichtrepräsentativen Onlineumfrage unter Rüganer:innen gaben bislang 809 Menschen an, gegen das LNG-Infrastrukturprojekt zu sein. Im Vergleich dazu gab es 58 Befürworter:innen und 12 Unentschlossene.

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  • Katapult MV

    KATAPULT MV recherchiert zu Themen, die woanders zu kurz kommen. Für mehr journalistische Vielfalt und Demokratie in MV.